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Fortsetzung: Blicke ins Jenseits – Teil 2
Von Alexander Stern, Pfarrer in Bern – hier ab
Seite 117 von insgesamt 247 Seiten
II
Teil: Visionen und mediumistische Kundgebungen
Auf
der Schwelle zwischen Diesseits und jenseits
117 – 122
Abteilung A
Beispiele von Verstorbenen, die unmittelbar nach ihrem Abscheiden erschienen
sind.
Einige merkwürdige Beispiele
122 – 124
Erscheinung eines verstorbenen Vaters
124 – 126
Erscheinung eines verunglückten Dieners
126 – 128
„Es gibt eine Hölle“
129 – 131
Ein Mädchen, das sich das Leben genommen hatte, zeigt ihrem
Verführer seine Todesstunde an
131 – 133
Die Predigt des toten Rheinschiffers
133 – 137
Erscheinung eines ertrunkenen Seeoffiziers
137 – 138
Ein ertrunkener Bruder erscheint seiner Schwester
138 – 140
Eine
fromme Schwester erscheint ihrem ungläubigen Bruder
140 – 145
Abteilung B
Erscheinungen und Offenbarungen von Verstorbenen kürzere oder längere Zeit nach
ihrem Ableben
Ein
selig Verstorbener erscheint am Sterbebett seines Freundes
145 – 148
Ein
Verstorbener erscheint nach Verabredung seinem Meister
148 – 150
Erscheinung eines hingerichteten Mörders
150 – 152
Ein unseliger Arzt warnt vor der Vivisektion
152 – 162
Eine verstorbene Braut erscheint als Schutzgeist ihres Bräutigams
163 – 165
Eine verstorbene Mutter erscheint als Schutzgeist ihrer Kinder
165 – 166
Erscheinung einer Seligen aus der himmlischen Welt
167 – 170
Auf der Schwelle zwischen Diesseits und Jenseits
(S.
117)
Viele halten nichts auf Visionen, die ja von subjektiven Vorstellungen und
Meinungen beeinflusst oft unzuverlässig und trügerisch sein mögen. Es folgen nun
in diesem zweiten Teil Erfahrungstatsachen, die Zweiflern die Gewissheit geben
mögen, dass es eine jenseitige Welt, eine Welt des Lichtes, der Dämmerung und
der höllischen Finsternis gibt. Den Anhängern des Amerikaners Russel dürften
diese Tatsachen zur Erkenntnis dienen, dass sie von schwerem Irrtum befangen
sind, wenn sie wähnen, die menschliche Seele könne ohne den materiellen Leib
nicht existieren; und sie werde erst wieder zum Leben erwachen, wenn Gott beim
Beginn des Millenniums sie auferwecke. Russels unbiblische, phantastische und
unvernünftige Ideen vom Millennium werden übrigens bald in ihrer Nichtigkeit
offenbar werden, denn nach seiner Berechnung müsste im Oktober 1914 dies
Millennium in die Erscheinung treten, wenn nach seiner Lehre die Milliarden von
Verstorbenen in die irdische Welt plötzlich hereinkommen und mit den Lebenden
friedlich die Erde bevölkern werden.
(S. 118)
Zunächst sei erwähnt, was unlängst ein schwer Verwundeter im Angesicht des Todes
erlebt und empfunden hat.
Eine ergreifende Schilderung dessen, was einem Menschen in dem Augenblick durch
Kopf und Herz geht, wenn er unmittelbar vor der Tür des Todes steht, gab
kürzlich ein Dr. C. B., der in einem Pistolenduell schwer verwundet wurde. Er
schreibt darüber nach Mitteilung des „Kirchlichen Monatsblattes für Rheinland
und Westfalen“ vom Jahre 1909: „Man legte mich auf die Erde, und da merkte ich,
wie es um mich dunkel wurde und sah bald nichts mehr. Nur mein ganzes Leben mit
allen Sünden stand vor mir wie eine von grellem Blitz beleuchtete Szene. Was ich
da in diesem Moment seelisch gelitten an Reue und Unzufriedenheit mit mir
selbst, war ganz furchtbar und wiegt eine Ewigkeit in der Hölle reichlich auf.
Kurz darauf war ich wieder bei mir. Ich hatte noch gehört, wie die beiden Ärzte
sagten, es stehe sehr schlimm; auch die Tatsache, dass der zweite Arzt zugezogen
wurde, hatte in mir den Gedanken ausgelöst, dass es zu Ende sei. Körperliche
Schmerzen stellten sich erst mehrere Stunden später ein. Nach zwei Monaten war
ich ziemlich geheilt, doch litt ich ein ganzes Jahr unter dem Eindruck jenes
schrecklichen Augenblicks.“ – In einem späteren Briefe kommt er nochmals darauf
zurück und sagt: „Je mehr mir während des ganzen Vorgangs das Bewusstsein
schwand, desto klarer wurde mein Geist, mein Gewissen. Wie ein greller Blitz in
dunkler Nacht, so ging an meinem geistigen Auge vorbei all mein leben, und ich
musste die traurige Entdeckung machen, dass ich beinahe nichts hatte in dieser
Erscheinung, woran ich mich freuen konnte. Dagegen standen meine unrechten Taten
mit einer unheimlich grossen, schreckhaften Deutlichkeit und Grösse vor mir. Mir
war geistig so elend, ich hatte einen so fürchterlichen Eindruck, wie ich es nie
für möglich gehalten hatte. Nie habe ich geglaubt, dass man moralisch so viel
leiden kann in so kurzer Zeit. Ich war nur eine Minute etwa ganz ohne
Bewusstsein, aber diese Minute hat mich für mein ganzes bisheriges Leben
verändert.“
(S. 119/120)
Dieser Dr. C. B. stand auf der Schwelle zwischen Diesseits und jenseits und
wurde durch das, was er da erlebte, in tiefe Busse geführt. Durch Gottes Gnade
wurde er dem irdischen Leben erhalten und wurde ihm dadurch Frist geschenkt, auf
die Ewigkeit sich ernstlich vorzubereiten.
Eine ähnliche Erfahrung machte ein Selbstmörder, der sich erhängt hatte, der
aber, ehe das magische Band, das Leib und Seele verbindet, völlig gelöst war,
wieder zum Leben gebracht wurde.
Er berichtet, dass ihm die Sinne sofort schwanden, als er die Schnur am Halse
fühlte. Ins Leben zurückgebracht, sah er erschreckt umher und erzählte dann,
dass er in den wenigen Augenblicken, die bis zu seiner Rettung vergangen seien,
eine geradezu endlose Reise durch das Weltall gemacht habe und in eine fremde,
schaudervolle Welt verstümmelter Selbstmörder gekommen sei, die einen höllischen
Tanz um ihn aufgeführt hätten. Der Gedanke an diese grauenhafte Welt habe ihn
für immer von seinen Selbstmordabsichten befreit. Lieber wolle er die schwersten
Schläge des Schicksals hinnehmen, als dieser Welt angehören.
Zweifler werden diese Erfahrung als Halluzination erklären, obschon nicht
einzusehen ist, wie bei einem, der freiwillig den Tod suchte und wohl mit der
Erwartung, in einen besseren jenseitigen Zustand zu gelangen, solche
Phantasiegebilde in seinem Gemüt sollen entstanden sein. .
Dass Sterbende oder Gestorbene Angehörigen, oder auch solchen, zu denen sie in
naher Beziehung standen, ihren Tod anmelden, davon könnten zahlreiche Beispiele
angeführt werden. Zweiflern möge folgendes Beispiel, das der bekannte Professor
Jäger veröffentlichte, beachtenswert sein. In den „Basler Nachrichten“ vom Mai
1910 war folgendes zu lesen:
(S. 121)
Der bekannte Seelenforscher und Unterkleiderapostel Professor G. Jäger in
Stuttgart meldet seinen Getreuen im „Monatsblatt“ den am 3. März erfolgten Tod
seines Schwiegersohnes und langjährigen Mitarbeiters Robert Seuffer, Pfarrer a.
D. Wie dieser selber seinen Tod den ihm nahestehenden Leuten angesagt habe,
erzählt Jäger mit folgenden Worten: „Früh 3 Uhr wurde sein zweitjüngster Sohn,
gegenwärtig Einjähriger Unteroffizier in der Garnison Weingarten, so wie üblich
durch Rütteln am Fenster seines ebenerdigen Schlafzimmers geweckt. Da das Wecken
erst auf 6 Uhr wurde bei dem ältesten Sohn des Verstorbenen, der gegenwärtig das
Polytechnikum in Karlsruhe als Schüler besucht, zweimal heftig geklingelt; beim
Öffnen fand er niemand, auch im ganzen Hause war niemand auf, er zog sich
deshalb an und blieb auf, ebenfalls in der bestimmten Überzeugung, er werde eine
Nachricht erhalten. Auch in Stuttgart wurden zwei Personen, die dem Verstorbenen
nahe standen, gemahnt, und um 6 ½ Uhr fand man unsern Mitarbeiter als noch
teilweise warme Leiche.“
(S. 122)
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Abteilung A
Beispiele von
Verstorbenen, die unmittelbar nach ihrem Abscheiden erschienen sind
In meiner ersten Schrift „Das Jenseits“ habe ich im 12. Abschnitt Seite 105 und
folgende eine Anzahl solcher Beispiele erwähnt. Es mögen hier einige weitere
folgen.
Der bekannte christliche Schriftsteller und Psychologe Dr. G. H. von Schubert
berichtet folgendes Erlebnis seines Vaters. Dieser war Hofmeister bei den
gräflichen Kindern in Rochsburg. Da hörte er eines Morgens deutlich in zwei
nacheinander sich wiederholenden Träumen die Stimme seiner Mutter: „Christian
Gottlob, wenn du mich noch einmal sehen willst, so komm gleich nach Haus!“ Er
stand auf, da sah er seine Mutter am Bett stehen, sie reichte ihm die Hand und
sagte: „Christian Gottlob, lebe wohl und Gott segne dich, du wirst mich auf
Erden nicht mehr sehen!“ Schubert war tief bewegt. Als am Nachmittag ein Mann
aus Schwarzenberg zum Schlosshof hereinritt, rief er diesem zu, noch ehe er
abgestiegen war: „Müller, Ihr bringt mir gewiss die Nachricht von meiner Mutter
Tod?“ Erstaunt fragte jener: „Wer hat es denn Ihnen schon gesagt? Sie ist ja
erst heute morgen gestorben, und gestern um diese Zeit hätte noch niemand an ihr
Ende gedacht.“ In dem mitgesandten Brief aber stand, dass der Mutter letzter
Wunsch gewesen sei, ihren Sohn noch einmal zu sehen! –
(S. 123)
Eine Begebenheit aus neuester Zeit möge hier folgen.
Ein italienischer Graf von edler Gesinnung machte die Bekanntschaft von Fräulein
M., einer hochgebildeten Dame und entschiedenen Christin, die mir persönlich
bekannt war, und fasste eine tiefe Neigung zu ihr. Fräulein M. aber war aus
gewissen Gründen entschlossen, ledig zu bleiben, und so sehr sie den Grafen
schätzte, lehnte sie den Antrag desselben zur Verehelichung ab. Dieser blieb
ledig. Eines Tages als Fräulein M. in ihrer Wohnung weilte, öffnete sich die Tür
und sie sieht den Grafen auf sich zukommen. Sie geht ihm entgegen, will ihm zur
Begrüssung die Hand reichen, - da verschwindet er. Hernach vernahm sie, dass der
Graf um dieselbe Zeit auf seiner Besitzung in Oberitalien verstorben war.
Fräulein M., die unlängst gestorben ist, hat dies Erlebnis meiner Tochter, die
zu ihrer Pflege bei ihr weilte, erzählt.
(S. 124)
Erscheinung eines
verstorbenen Vaters
Ich lernte unlängst eine Dame, Frau St., kennen, die in ihrem 14. Jahre ihren
Vater verlor. Er war äusserst reserviert und verstand nicht, sich die
Anhänglichkeit seiner in der zu erwerben. Die Tochter war sehr bekümmert
darüber, dass sie ihrem Vater niemals zärtliche Liebe erzeigt hatte und weinte
darüber bittere Tränen. Als sie den Leichnam noch küssen wollte, riss die Mutter
sie von demselben hinweg. In der folgenden Nacht erschien ihr der Vater im
Traum. Er war bekleidet mit dem weissen Sterbekleid und sagte der Tochter, es
sei ihm erlaubt, ihr dreimal zu erscheinen. Als sie ihm sagte, es mache ihr
grossen Kummer, dass sie ihm nie einen Kuss gegeben hatte, erwiderte er, dass
ihre Tränen das gut gemacht hätten. Als sie ihm sagte, sie habe solche Angst vor
dem Sterben, so beruhigte er sie; es sei, wie wenn man einschlafe und hernach
erwache man und fühle sich frei von den Banden des Irdischen. Bei dieser wie bei
den beiden folgenden Erscheinungen sagte der Vater seiner Tochter über ihre
Lebensschicksale vieles voraus, was teilweise bis jetzt in Erfüllung gegangen
ist.
(S. 125)
In ihrem 25. Jahre werde sie sich verheiraten in einem gebirgigen Lande; sie
werde drei Kinder erhalten, aber eines werde frühe sterben. Einmal werde ihr
Leben nur noch an einem Faden hängen. Dies alles traf ein; sie verheiratete sich
nach Belgien. Nach einer Frühgeburt hatte sie Blutungen, die nahezu ihrem Leben
ein Ende gemacht hätten. Ferner sagte er ihr voraus, sie werde in vielen Ländern
reisen und viel fahren müssen. Auch das traf wörtlich ein, denn ihr Mann musste
in Geschäften viel reisen; wurde durch einen Unfall im Rückgrat verletzt und
dadurch in den Beinen gelähmt, so dass sie ihn auf seinen Reisen überall hin
begleiten musste. Als sie erwiderte, das koste viel Geld, so eröffnete er ihr,
sie werde viel Reichtum erlangen, wodurch es ihr möglich sein werde, vielen
Notleidenden zu helfen. Ihr Zwillingsbruder, der dem Vater viel Verdruss
bereitete, werde es zu nichts bringen; Unsegen werde ihn in allem begleiten. Der
Verstorbene ermahnte seine Tochter zu kindlichem Vertrauen in Gott; sich nicht
zu fürchten vor Menschen, aber wohl zu prüfen, mit wem sie es zu tun habe und
nicht jedermann Vertrauen zu schenken. Noch hatte er ein Anliegen; der
lutherischen Kirche in Berlin angehörend, hatte er vor seinem Tode das heilige
Abendmahl nicht empfangen. Er wünschte nun, die Tochter möchte bei der
bevorstehenden Feier des Totenfestes das heilige Mahl für ihn empfangen, damit
es ihm zugute käme. Die Tochter entsprach dem Wunsch ihres verstorbenen Vaters.
Die Unterredung mit ihm geschah nicht durch den Mund; es war ihr, als ob er in
ihrem Gehirn ihre Gedanken und Fragen lesen würde. Sie verspürte auch nach dem
Erwachen einen Schmerz im Kopf. Dass manche Verstorbene divinatorische Begabung
haben, dass sie Angehörigen oder Nahestehenden zukünftige Schicksale
vorauszusagen vermögen, davon könnten manche Beispiele erwähnt werden.
(S. 126)
Frau St. Besitzt ein entwickeltes Ahnungsvermögen und es begegnet ihr zuweilen,
dass, wenn sie in eine kinderreiche Familie kommt, sie das Sterben eines Kindes
voraus schaut. Für solche Kinder hat sie auch schon, wie sie glaubt, mit erfolg
gebetet, dass sie von der tödlichen Krankheit, die sie befallen werde, genesen
möchten.
Erscheinung eines
verunglückten Dieners
(S. 126/127
Folgendes höchst merkwürdige Ereignis ist berichtet in einer Schrift, betitelt:
„Aus dem Geisterreich“. Die Verfasserin O. M. schreibt: Ein intimer Freund
unserer Familie, der 1866 verstorbene General v. N., stand als Leutnant in einer
Garnison des sächsischen Erzgebirges. Heimkehrend aus dem Bad Teplitz, in dem er
Heilung für ein gebrochenes Bein suchte, wollte er auf dem Rückweg seinem treuen
Diener und Pfleger die Freude machen, sein heimatliches Dorf und seine Eltern,
Bauersleute, wieder zu sehen. Er liess sich’s nicht verdriessen, mit seinem
Wagen einen Umweg zu machen; beim Einbiegen in einen Seitenweg scheuten die
Pferde, der Wagen schlägt um, der Leutnant rettet sich durch einen Sprung, der
arme Diener aber, der zugleich Kurscher war, wurde so unglücklich vom Bock
heruntergeschleudert, dass er mit dem Kopf an einen Baum anschlagende mit
gebrochenem Schädel sofort tot blieb. Tief erschüttert sorgte der Leutnant für
eine ehrenvolle Bestattung des Verunglückten und setzte dann seine Reise fort.
Erschöpfte langte er noch bei Tag in seiner Garnison an und setzte sich in
seinem Zimmer auf das Sofa. Da es kalt war, wollte er eben Einheizen bestellen,
da öffnete sich die Tür und herein tritt sein verstorbener Diener mit der
klaffenden Wunde an seinem Kopf und mit freundlichem Blick auf seinen Herrn.
Aber was ist das? Er trägt ein Bündel Holz im Arm und hält ein brennendes Licht
in der Hand, kniet am Ofen nieder und zündet Feuer an. Der Leutnant ist vor
Schreck fest gebannt an seinen Sitz und vermag sich nicht zu rühren, bis der
Verstorbene sich erhebt und mit nochmaligem liebenden Blick auf seinen einstigen
Herrn das Zimmer verlässt. Da, sich aufraffend, stürzt der Leutnant ihm nach,
stösst auf zwei Offiziere, die gekommen waren, ihn zu bewillkommen und ruft
ihnen entgegen: „Wem seid ihr eben begegnet?“ „Wo? Niemandem.“ „Seht einmal
nach, ob das Feuer im Ofen brennt.“ „Aber „N.“, bist du verrückt geworden, das
Feuer brennt ja!“ „N.“ schellt, alle Leute im Hause werden befragt, wer Feuer
angezündet, niemand bekannt sich dazu, zudem war der Holzstall noch
verschlossen. Die Sache als ein Spiel der Phantasie anzusehen, war unmöglich,
das brennende Feuer zeugte dagegen. Noch in späteren Jahren befragte ich den
General selbst über diese Angelegenheit, die seine Frau mir mitgeteilt hatte. Er
sprach nicht gern davon, doch versicherte er mir, dass ihm obiges begegnet sei.
Der General, der erst in späteren Jahren ein gläubiger Christ wurde, war zur
Zeit der merkwürdigen Begebenheit weit entfernt, irgendwelchem Aberglauben zu
huldigen. Vielmehr eher zu freigeistiger Denkungsweise geneigt.
(S. 129)
“Es gibt eine
Hölle“
Die folgende Begebenheit ist dem Strassburger „Volksfreund“ entnommen, redigiert
von Pfarrer Gruss. Derselbe schreibt:
“Nachstehende Geschichte von der Dame „mit dem goldenen Armband“ ist gut
verbürgt. Ein würdiger Mann erzählt sie und fügt bei: „Zur Stunde, wo ich das
erzähle (Weihnachten 1859), lebt die Dame noch; sie muss etwas über 40 Jahre alt
sein. Im Winter des Jahres 1847 lebte sie in London. Sie war eine Witwe,
leichtsinnig, sehr reich und, obwohl 29 Jahre alt, sehr schön. Zu ihren näheren
Bekannten gehörte ein Lord, welcher schlechten Ruf hatte. Einmal während der
Nacht, etwas nach Mittenacht, lag sie zu Bett und las einen Roman, weil sie
nicht einschlafen konnte. Ihre Uhr schlug eines; da blies sie ihr Licht aus und
wollte schlafen, aber sie gewahrte zu ihrem grossen Erstaunen ein fahles Licht,
welches von der Türe ihres Sales her sich näherte und immer mehr in ihr Zimmer
hereindrang. Voller Bestürzung machte sie grosse Augen und wusste nicht, was das
sollte. Schon fing sie an, bang zu werden, als die Saaltüre langsam geöffnet
wurde und sie den Lord eintreten sah, den sie zu gut kannte. Bevor sie ein Wort
sprechen konnte, war er an sie herangetreten, fasse sie am Handgelenk und schrie
mit entsetzlicher Stimme (auf English): „Es gibt eine Hölle!“ Sie empfand darob
am Arm einen solchen Schmerz, dass sie ohnmächtig wurde. Als sie eine halbe
Stunde später wieder zu sich kam, schellte sie ihre Kammerjungfer. Diese kam. Es
fiel ihr auf, dass ein starker Geruch von verbranntem Schwefel ihr entgegenkam.
Sie trat zu ihrer Herrin, die kaum sprechen konnte, und gewahrte an ihrem
Handgelenk eine Brandwunde, so tief, dass man den blanken Knochen sah und das
Fleisch fast verzehrt war. Die Wunde war so breit wie die Hand eines Mannes. Der
Fussteppich vom Saal bis zum Bett und vom Bett bis zum Saal trug eingebrannt die
Fussstapfen eines Mannes. Im Saal war der Teppich unverletzt. Des andern Morgens
erfuhr die Dame zu ihrem Entsetzen, dass in derselben nacht, um 1 Uhr morgens,
ihr Lord von seinen Dienern berauscht unter dem Tische liegend gefunden worden,
dass sie ihn in sein Zimmer trugen, wo derselbe verschied.
(S. 130/131)
Ob dies schreckliche Ereignis die Sünderin gründlich bekehrt hat, weiss ich
nicht, sagt der Erzähler. Das weiss ich, dass sie noch lebt und dass sie am
Gelenk ein goldenes Armband (Bracelet) trägt, um die Narbe der Brandwunde zu
verdecken. Dieses Armband trägt sie Tag und Nacht. Die Hand dieses Verdammten,
welche wie ein glühendes Eisen brennt, dessen Füsse, welche den Teppich
durchbrennen, auf dem er geht, das lehrt deutlich, dass das Höllenfeuer kein
gemaltes Feuer, sondern ein brennendes ist. Es darf da nicht Wunder nehmen, wenn
diejenigen, die in dasselbe versenkt sind, heulen und Zähne knirschen.“
(S. 131)
Ein Mädchen, das
sich das Leben genommen hatte, zeigt ihrem Verführer seine Todesstunde an.
Lord Littelton hatte im Winter 1778 London verlassen und mit einigen Freunden
sein Landhaus bezogen, um die Weihnachtsferien in gewohnter Weise mit allerlei
Vergnügungen zuzubringen. Aber bald hatte sich seiner eine tiefe
Niedergeschlagenheit bemächtigt. Er floh die lustigen Gesellen, und sein Lachen
war nur ein erzwungenes. Sie gaben sich viel Mühe, die Ursache seines Missmutes
zu erfahren und endlich eröffnete er ihnen sein Geheimnis. Zwei Nächte zuvor,
nachdem er seinen Bedienten entlassen, sich zu Bett gelegt und das Licht
gelöscht hatte, vernahm er ein Getöse, welches dem Flattern eines Vogels an den
Fenstern seines Schlafzimmers glich. Nach dieser Richtung hinblickend, sah er
die Gestalt eines unglücklichen Frauenzimmers, das er verführt und verlassen
hatte, und das in der Verzweiflung sich das Leben genommen hatte. Die
Erscheinung näherte sich dem Fusse des Bettes, das Zimmer wurde ungewöhnlich
erhellt, so dass er jeden Gegenstand erkennen konnte. Die Gestalt hob ihre Hand
in die Höhe und zeigte auf das Zifferblatt einer Uhr, welche auf dem Kamin
stand. Mit feierlicher Stimme kündigte sie dem Lord an, dass am dritten Tage um
dieselbe Stunde sein Leben ein Ende haben werde, wenn er die Warnung, die sie
ihm erteile, nicht zur Besserung benütze. Nach dem Zifferblatt blickend, sah er,
dass die Uhr 12 zeigte. Nun verfinsterte sich das Zimmer wieder und der Geist
verschwand. Die Genossen lachten über diese Erzählung und suchten vergeblich,
ihn zu überzeugen, dass er müsse geträumt haben. Am folgenden Tag sorgten sie
mit Vorwissen der Dienerschaft, dass im Geheimen die Uhren im Hause 1 ½ Stunden
vorausgestellt wurden und dabei gaben sie sich alle Mühe, den Lord mit
mancherlei angenehmen Gegenständen zu unterhalten. Aber am Abend nahm seine
Niedergeschlagenheit wieder zu und als es 12 Uhr schlug, rief er aus: „Gott sei
Dank, ich bin gerettet, der Geist war ein Lügner. Welch ein Tor war ich, dass
ich mich so niederschlagen liess. Indessen ist es zeit, das Lager aufzusuchen;
morgen stehen wir frühzeitig auf und gehen mit den Hunden auf die Jagd. Die
Gäste blieben noch beisammen, um die wirkliche Mitternachtsstunde abzuwarten,
und als es 12 Uhr war, klingelte der Lord heftig. Sie eilten hinauf nach seinem
Zimmer; - da lag er bleich und leblos ausgestreckt mit schrecklich verzerrten
Gesichtszügen. Der Geist hatte also doch die richtige Todesstunde angezeigt.
(S. 133)
Anschliessend an das erschütternde Ende des englischen Lord erwähne ich aus
neuester Zeit das Ende eines im völligen Unglauben erzogenen jungen Mannes. Eine
mir wohlbekannte fromme Krankenpflegerin berichtet, sein Ende sei grauenvoll
gewesen. Sie sah eine unheimliche Gestalt, die sie mit glühenden Augen
anglotzte. Mit Geschrei verschied der junge Mann. Nach seinem Tode kam er eine
zeitlang jeden Morgen gegen Tagesanbruch ins Zimmer, in dem er gelegen war.
Angehörige, die da schliefen, hörten ihn mit schweren Schritten kommen und sahen
ihn, wie er an ihrer Decke rüttelte.
Die Predigt des
toten Rheinfischers
(S. 133/134)
Ein gläubiger Geschäftsmann erzählt folgendes Erlebnis und wünscht, dass es zum
Heil vieler Verlorener bekannt gemacht werde.
Man hatte mir gesagt, dass Klaus Jensen im Sterben sei, und ich wollte ihn nun
besuchen, um ihn womöglich noch kurz vor dem Hafen der Ewigkeit vor dem ewigen
Scheitern zu bewahren. Wir haben uns bei einer Fahrt auf dem Rhein kennen
gelernt, wo Jensen durch seine gottlosen Flüche meine Aufmerksamkeit erregte.
Ich hatte damals versucht, ein gutes Gespräch mit ihm anzufangen, doch die flut
seiner lästerlichen Reden, die er über mich ergoss, liess mich bald verstummen.
Der Leichtmatrose und der Schiffsjunge suchten mich von seiner Seite
wegzuziehen. „Er ist schrecklich, wenn er anfängt,“ sagten sie, „der muss ein
böses Gewissen haben, das Ursache hat, sich vor der Ewigkeit zu fürchten.“ In
der Tat war dieser Beweggrund massgebend für Klaus Jensens lästerliche
Gesinnung, Furch war es, tief verborgene Furcht, die ihn heimlich packte und die
sich auf diese Weise Luft machte. Lästerer und Spötter sind im tiefsten Grund
von der Ewigke3it überzeugt, es ist die innere Furcht, die sie lästern und
spotten heisst. Weil sie die versöhnende Gnade die in Christo Jesu uns
dargeboten wird, in Seinem Blut und Leiden zum Opfer für unsere Sünden, nicht
kennen, darum ängstigen sie sich und quälen ihre Seele zu Tode. Man soll solche
Menschen nicht verachten und verstossen, sondern mit heiligem Mitleid und
grosser Liebe sie tragen und ihnen nachgehen, den Heiland zu bezeugen.
(S. 135)
Klaus Jensen war schwer zu erreichen, weil er immer auf seinem Schiff war, am
Land wurde er selten nüchtern und war dann noch schlimmer, dass selbst seine
Kameraden sich vor ihm fürchteten. Um jene zeit führte mich meine Reise öfters
den Rhein hinunter auf dem gleichen Schiff. Weil ich einige Male mit dem Alten
freundlich geredet hatte, teilte man mir bei einem Aufenthalt in einem
Rheinstädtchen mit, dass es wohl bald mit ihm am Ende sei, durch eine heftige
Lungenentzündung. Den Weg zu seiner Herberge fand ich leicht, aber es war zu
spät, Klaus Jensen war schon seit einer Stunde tot.
Tief ergriffen stand ich vor ihm, an seinem letzten Lager, während aus dem
Nebenzimmer die lauten Rufe: „Trumpf! – Gess, Ass!“ zu mir herüberdrangen.
Erschüttert von dem Ernst des Todes ging ich zu den Kartenspielern, ein ernstes
Wort mit ihnen zu reden. Zuerst antwortete meinen Worten ein wildes Gelächter,
doch ich liess mich nicht einschüchtern, die rettende Gnade Gottes zu bezeugen.
Da stand einer auf, ein verwegen aussehender Matrose mit gebräuntem Gesicht. Er
riss den Südwester vom Nacken und warf ihn auf den Boden und bekräftigte mit
einem lauten Fluche folgendes Bekenntnis:
(S. 136)
“Mann, Ihr habt recht, wir haben so etwas nötig, was Ihr Versöhnung mit Gott
nennt. Der Klaus, der da drinnen auf dem Schragen liegt, hat uns vorhin einen
Schreck eingejagt. Er war etwa eine halbe Stunde tot, und wir sassen hier und
tranken und machten Witze darüber, wo wohl seine schwarze Seele hingekommen
sei.“
“Ach was, es gibt keine Ewigkeit!“ habe ich geschrieen, da – denken Sie unser
Erstaunen, setzt sich der tote Klaus noch einmal auf und ruft laut: „Es gibt
eine Ewigkeit und es gibt ein Gericht,“ dann fällt er wieder um und liegt tot.
Mann, ich sage Ihnen, das ist uns durch die Glieder gefahren!“
Die Kameraden, die am Tisch sassen und zuhörten, bekräftigten dies Erlebnis mit
Ernst, dann lärmten und spielten sie weiter. Mein Matrose aber ist mit mir
gegangen und hat sich zum Guten unterweisen und bilden lassen. Mit klarem Blick
erkannte er, dass der Alkohol ihm zeitlich und ewig zum Verderben sei. Die
Ewigkeitspredigt des alten Klaus hatte ihn innerlich erschüttert, und diese
guten Eindrücke suchte ich zu befestigen und zu stärken.
Es brauchte keine Überredung, ihm zu zeigen, dass er völlig brechen müsse mit
den alten Gewohnheiten, er wusste es selbst.
(S. 137)
“Die Enthaltsamkeitsverpflichtung ist der Stock, auf den sich mein schwacher
Wille stützen kann,“ meinte er, „das Muss ist gut zum heiligen Ansporn.“ Er
unterzeichnete die Karte für sechs Wochen mit den Worten: „So wahr mir Gott
helfe!“ Das neue Testament, das ich ihm schenkte, nahm er gerne an und
versprach, ernstlich zu beten zu einem neuen Anfang.
Leicht war es gewiss nicht für einen Rheinschiffer, einen solchen Anfang zu
machen. Er wollte darum lieber wieder auf einem Ozeandampfer Dienst nehmen, wo
er leichter mit gleichgesinnten Kameraden zusammenkam, eine strengere Disziplin
hatte und weniger an Land kam, und dort winkten ihm die Seemannsheime zur
leiblichen und geistigen Stärkung und Erholung.
Die Geschichte habe ich entnommen aus dem „Illustrierten Arbeiterfreund“ vom
Januar 1910.
Erscheinung eines
ertrunkenen Seeoffiziers
Lord Byron erzählt folgende Geschichte, die er von Kapitän Kidd aus dessen
eigenem Munde vernommen hat und die auch Schubert in seiner Geschichte der Seele
erwähnt.
(S. 138)
Kapitän Kidd schlief einst nachts in seiner Hängematte; da weckte ihn ein
Gefühl, als ob etwas Schweres auf ihm läge. Er öffnete die Augen und es dünkte
ihm, als sähe er bei dem schwachen Lichte, das die Kajüte erhellte, die Gestalt
seines Bruders, der damals als Seeoffizier in Ostindien war, gekleidet in seine
gewöhnliche Uniform, quer übers Bett liegen. Er hält dies für eine leere
Einbildung, schliesst die Augen und bemüht sich wieder einzuschlafen. Aber der
Druck auf seinem Körper dauert fort, und so oft er aufblickt, sieht er die
nämliche Gestalt quer übers Bett gelehnt. Er streckt die Hand darnach aus,
berührt sie und hat das Gefühl, als sei die Uniform ganz nass.
Erschrocken rief er jetzt einen seiner Offiziere zu Hilfe, und sobald dieser
hereintritt, verschwindet die Erscheinung. Wenige Monate nachher erhält Kidd die
Schreckenspost, dass in dieser Nacht, in welcher er die Erscheinung hatte, sein
Bruder im Indischen Meere ertrunken sei.
Ein ertrunkener
Bruder erscheint seiner Schwester
(S. 138/139)
Zwei englische Geschwister hatten es miteinander verabredet, dass, wer zuerst
stürbe, dem andern womöglich erscheinen solle, um die religiösen Zweifel
aufzuklären oder zu bestätigen, welche beide über ein anderes Leben hegten. Der
Bruder war im Seedienst in Ostindien. Die Schwester besuchte eines Tages in
zahlreicher Gesellschaft die Kathedrale zu York, wo sie die Merkwürdigkeiten des
Gebäudes und besonders die Denkmale besichtigten. Geführt von einem Freunde,
hatte sie sich eben von einem Denkmale weggewandt, als beide einen Offizier in
seiner See-Uniform auf sich zukommen sahen. Der Freund bemerkte, dass die Dame
von heftigen Bewegungen erschüttert wurde, welche die Gegenwart des Offiziers
erregte, und als dieser sich ihr näherte, nahm die Unruhe der Dame zu. Ihr
Führer glaubte, sie sein von einem plötzlichen Unwohlsein befallen worden und
hatte die grösste Mühe, sie aufrecht zu erhalten. Die Gestalt in der Seeuniform
stand jetzt unmittelbar vor ihnen und die Augen der Dame waren mit einem
bewegungslosen Stauen auf sie gerichtet. Alsbald entfernte sich dieselbe wieder
und ging rasch durch den Chorgang der Kirche. Der Vater der Dame kam zu ihrem
Beistand herbei und ihr Führer, sie seiner Obhut übergebend, eilte dem
geheimnisvollen Besucher nach, aber nirgends fand er eine Spur von ihm und
kehrte daher wieder zu der Gesellschaft zurück. Die Dame weinte in den Armen
ihres Vaters, wich aber jeder Frage über die Ursache ihrer Krankheit aus. „Sie
ist nur leicht und wird bald vorübergehen,“ sagte sie und bat die Gesellschaft,
die Besichtigung der Kirche fortzusetzen und sie dem Beistande ihres vorigen
Begleiters zu überlassen. Als sie mit ihm allein war, gab sie ihm den wahren
Grund ihrer Erschütterung an: „Ich habe den Geist meines Bruders gesehen und
seine Stimme gehört; er ist nicht mehr, er ist auf der Seeumgekommen.“ Sie
eröffnete ihm die gegenseitige Verabredung, die sie getroffen hatten und bat
ihn, das Geheimnis niemanden, auch ihrem Vater nicht, mitzuteilen, bis Bericht
über das Befinden ihres Bruders aus Indien eingetroffen sei. Der traurige
Bericht traf ein; der Bruder war nicht mehr; sein Tod war an demselben Tag und
zur selben Zeit erfolgt, als die Schwester desselben und ihr Führer seinen Geist
im Chorgange der Kathedrale zu York gesehen hatten.
(S. 140)
Eine fromme
Schwester erscheint ihrem ungläubigen Bruder
Maler Felix L. führte ein fröhliches Leben in Rom. Er war so wohlhabend, dass er
sich den Aufenthalt dort so angenehm als möglich gestalten konnte; dazu war er
talentvoll genug, um auch unter tüchtigen Meistern als echter Künstler zu
erscheinen. Er war jung und liebenswürdig und so war es kein Wunder, wenn eine
Menge Freunde bei täglichem erneuten Kunstgenuss sich um ihn scharten. Aber
seine Freunde bemerkten, dass zuweilen düstere Falten sich auf seiner Stirne
lagerten, besonders wenn er Briefe aus seiner Heimat erhalten hatte.
(S. 141)
Vor etwa einem Jahre hatte er seine Mutter verloren, die eine ausgezeichnete
Frau und eine äusserst zärtliche Mutter war. Aber in der Hauptsache konnten
Mutter und Sohn nicht harmonieren. Felix war in seiner Schulzeit und auf seinem
Studiengang von seinem Kinderglauben abgekommen, wurde sogar ein Gegner des
gläubigen Christentums und vermied es nur aus Schonung für seine verehrte
Mutter, sich in deren Gegenwart lästerlich über diese Dinge zu äussern. „Sieh,
Mutter,“ hatte er ihr einmal gesagt, „wir haben einander so lieb und verstehen
einander in allem so gut. Lass nicht diese Sache zwischen uns treten. Hier muss
jedes seine eigene Überzeugung behalten; ich habe die meinige und du kannst mit
allem Reden nichts daran ändern, im Gegenteil, du machst die Sache nur
schlimmer. Lass deshalb diesen Gegenstand für immer zwischen uns ruhen!“
(S. 141/142)
“Sei es, mein Sohn,“ hatte die Mutter geantwortet, „ich werde mit dir nicht mehr
davon sprechen; aber bis zu meinem Tode werde ich nicht aufhören, für dich zu
beten, dass du den Glauben an den lebendigen Gott und seinen Sohn, durch den
allein wir selig werden, noch findest.“ Der Sohn küsste sie lächelnd und wie
verabredet, wurde nun über diesen Gegenstand nie mehr gesprochen, nie mehr, bis
vor einem Jahr, als er tief erschüttert an der Mutter Totenbett stand und diese
ihn noch einmal mit heisser Liebe ansah und mit schwacher Stimme sagte: „Mein
geliebter Sohn, du kommst mir nach; ich erwarte dich! Auf Wiedersehen im
Himmel!“ Das waren ihre letzten Worte, die ihm jetzt oft mitten in aller Freude
in den Ohren klangen und ihm einen trüben Schatten aufs Antlitz legten.
Der heilsame Eindruck jedoch, den die letzten Worte seiner Mutter auf sein Herz
gemacht hatte, war bald wieder verwischt worden, so dass er der Schwester
erklärte, auch der teuren Verstorbenen zuliebe könne er den Glauben an den
Himmel und an eine Ewigkeit, wie die Bibel sie lehre, nicht annehmen; sein
Verstand stosse sich daran. „Über diese Dinge kann und will ich nicht mit dir
disputieren,“ sagte die Schwester, „nur eines muss ich dir noch sagen: Mutter
hat mir in der letzten nacht als ihr Vermächtnis aufgetragen, an ihrer Stelle
fortzufahren, für deine Seele zu beten. Sie sterbe getrost, sagte sie, da sie
die Gewissheit habe, dich im Himmel wiederzusehen.“
(S. 143)
Felix, der in herzlicher Liebe sich von seiner Schwester verabschiedet hatte,
unterhielt einen lebhaften Briefwechsel mit ihr; und obschon sie die religiöse
Frage nicht berührte, las er doch aus ihren Zeilen die Frage heraus: „Kannst du
noch nicht glauben, lieber Bruder, ich bete stets für dich darum.“ Aber bitterer
noch als vorher hasst er alles, was Glauben und Christentum hiess, weil er
meinte, es verstöre ihm sein fröhliches Leben. Eines Tages erhielt er vom
Schwager die Nachricht, seine Schwester sei am Nervenfieber schwer erkrankt; die
Krisis stehe bevor, wo es sich entscheiden werde, ob Leben oder Tod erfolgen
werden. Die Nachricht war ein tiefer Schmerz für Felix; er fühlte jetzt erst,
wie sehr er an ihr gehangen hatte und er entschloss sich, an ihr Krankenlager zu
eilen. Bis in die tiefe nacht hinein war er mit Packen und Vorbereitungen für
die Reise beschäftigt und legte sich dann ermüdet nieder, um noch einige Stunden
Ruhe zu geniessen. Plötzlich fuhr er aus dem Schlaf auf; er hatte das Gefühl, es
müsse jemand im Zimmer sein, obschon er niemand sehen konnte. Er setzte sich
aufrecht im Bett; da hörte er zu seinem Entsetzen plötzlich am Fussende seines
Bettes die Stimme seiner Schwester, welche zu ihm sprach: „Habe keine Furcht,
mein Bruder, ich bin es, deine treue Schwester. Ich bin soeben gestorben und
durfte noch einmal zu dir zurückkommen, um dir zu sagen: Wisse, es gibt ein
Gericht und eine Ewigkeit! Gott schenke uns die Gnade, dass wir uns dort zur
Seligkeit wieder finden.“
(S. 144)
Dann war alles still und Felix wusste, dass er wieder allein sei. In Schweiss
gebadet lag er da bis zum Morgen; da klopfte es an seine Türe, der Portier
überreichte ihm ein Telegramm, das ihm sagte, dass die kranke nachts 1 Uhr sanft
entschlafen sei. Tief erschüttert stand er da; und nun begannen Stunden des
heissen Kampfes für ihn, in denen er zu ringen hatte mit seinem Schmerz, seinem
Unglauben und seiner Empörung wieder Gott; aber er durfte siegreich daraus
hervorgehen und freute sich, der Toten ins stille treue Antlitz blicken und ihr
sagen zu dürfen: ich habe deinen Ruf gehört und zu Herzen genommen. Als er von
seinen Freunden Abschied nahm, sahen sie, dass er über Nacht ein ganz anderer
Mann geworden war. Als er am Totenbette der Verstorbenen stand und das
friedliche Lächeln auf ihrem Antlitz erblickte, hätte er so gerne noch ein Wort
von ihr vernommen, aber ihr Mund blieb stumm.
Vom Schwager aber vernahm er, sie habe kurz vor ihrem Entschlafen noch von ihm
gesprochen und für ihn gebetet. Und sie betete nicht umsonst, Felix L. betet nun
selbst; und er weiss, dass er für die Ewigkeit geschaffen ist, und dass er dort
alles was ihm hier auf Erden dunkel geblieben, im Lichte erkennen wird.
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)
Abschnitt B
145 - 170
Erscheinungen und
Offenbarungen von Verstorbe-nen kürzere oder längere Zeit nach ihrem Ableben
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Ein selig
Verstorbener erscheint am Sterbebett seines Freundes
(S. 145)
Ein Lehrer Heim, zurzeit Lehrer in den Nähe von Karlsruhe, veröffentlicht im
Kirchen- und Volksblatt für Baden vom Juli 1911 folgendes Erlebnis;
Ich war in Fünfbronn, O.-A. Nagold (Württemberg), von 1870 – 1878 als
Schullehrer und hatte dort einen wirklichen, nicht blossen Namenchristen namens
Matthäus Waidelich, Landwirt, zum Freund, der mir und andern viel Liebe und
Freundschaft erwiesen hat. Zur Kennzeichnung seines Charakters will ich nur das
anführen, dass er mir, so lange wir zusammenlebten, die Erträgnisse des
Schulgutes in der Nähe seines Wohnhauses unentgeltlich nach Hause führte, ja
dass er oft, wenn ein Regen oder ein Gewitter im Anzug war, jedes Mal mein Heu
oder meine Garben, ohne vorher lange anzufragen und ohne meine Mithilfe in
Sicherheit brachte, ehe er an das Seine dachte, das dann jedes Mal im Regen
liegen blieb. Als ich ihn einmal fragte, warum hast du denn nicht das Deinige
zuerst heimgeschafft, erklärte er mit freundlichem Lächeln: „Das Meinige ist
auch nicht verdorben; im Worte Gottes heisst es: Ein jeglicher sehe nicht auf
das Seine, sondern auf das, das des andern ist. Ein jeglicher sei gesinnt, wie
Jesus Christus auch war.“ Solches geschah fünf Jahre lang.
(S. 146/147)
Da kam eines Tages ein anderer guter Freund, Philipp Schwemmle, fast atemlos mit
der Hiobspost: „Der Matthäus ist am Sterben!“ Ich eilte mit ihm zu meinem
sterbenden Freunde. Er war nicht mehr beim Bewusstsein und der Todeskampf war
schon eingetreten. Es waren etwa sechs Personen anwesend und sein Schwager,
Schultheiss Theuerer, betete laut aus einem Gebetbuch ganz in nächster Nähe des
Sterbenden. Nach dem Gebet begrüsste ich ihn und die übrigen Anwesenden, die am
Fussende des Sterbelagers standen. Während ich einige Worte mit diesen
wechselte, war mir Schultheiss Theuerer von meinem jetzigen Standpunkt aus durch
diese Personen verdeckt. Als ihn mein Auge suchte, glaubte ich ihn weit rechts
in einer freien Ecke des Wohnzimmers stehen zu sehen und ging auf ihn zu. Als
ich nur noch einen Schritt von dem vermeintlichen Schultheissen entfernt war,
blieb ich vor ihm stehen, sah ihm in die Augen und sagte: „Gottlob, nun hat es
der Matthäus wohl bald überstanden.“ Da verschwand er plötzlich vor meinen
Augen. Ich war ganz bestürzt und sah Schulheiss Theuerer auf seinem früheren
Standpunkt ganz nahe vor dem Sterbenden. Als ich zu ihm trat, nahm ich gewahr,
dass mein Freund in diesem Augenblick verschied. Ich fragte Theuerer, ob er
nicht vor einem Augenblick dort drüben in jener Ecke gestanden sei. Er erklärte:
„Ich bin nicht von dieser Stelle gekommen.“ Nun erzählte ich ihm, was ich soeben
erlebt hatte und nahm erst jetzt in acht, dass der Herr Schultheiss im
Werktagsanzug dastand, während die Gestalt im Sonntagsgewand vor mir stand.
Schultheiss Theuerer erschrak ebenfalls heftig und sagte: „Das war mein
verstorbener Bruder. Der Matthäus und er hatten miteinander ausgemacht: Wer von
uns beiden zuerst stirbt, hat den andern beim Eintritt seines Todes abzuholen.“
Das geschah beim hellen Tage am 16. Januar 1876 kurz vor 12 Uhr. Von den andern
Anwesenden hat die Erscheinung niemand gesehen, aber es war ihnen aufgefallen,
dass ich in die Ecke hinüberging und ganz alteriert wieder zurückkam.
(S. 148)
Dieses Vorkommnis ist mir unvergesslich und ich kann vor jeder Behörde eidlich
bezeugen, dass ich es der Wahrheit gemäss erzählt habe. Ist es nicht ein Beweis,
dass es ein Leben nach dem Tode gibt?
Mir ist klar, was die Jünger Jesu empfunden haben, als er nach seiner
Auferstehung bei seiner Erscheinung in Emmaus verschwand vor ihren Augen.
Karlsruhe-Rüppur, 16. Juni 1911. A. F. Heim
Ein Verstorbener erscheint nach
Verabredung seinem
Meister
(S. 148)
Jung-Stilling kannte einen Handwerksmeister, der an Gesinnungen mit seinem
Gesellen J. sympathisierte. Beide liebten sich wie Brüder und da der Geselle
schwächlich war und zuweilen zu Bett lag, behielt er ihn bei sich. Als der
Geselle zuletzt sterben wollte, sagte der Meister zu ihm: „Ich hätte wohl eine
Bitte an dich; wenn du kannst, gewähre sie mir. Erscheine mir nach dem Tode und
erzähle mir, wo du bist, und wie es in der andern Welt beschaffen ist.“ J.
drückte dem Meister die Hand und antwortete: „Wenn es mir zugelassen wird, soll
es geschehen.“ Der Geselle starb und es vergingen mehrere Wochen, ohne dass sich
etwas sehen liess. Der Meister begann die Sache zu vergessen. Da begab es sich,
dass er eines Abends spät schlafen ging und noch ein Weilchen im Bette sass.
Indem bemerkte er von der rechten Seite der Wand her einen kleinen Schimmer; er
sieht5 hin, erblickt einen weisslichen Nebel von Menschenlänge, der sich in
einer halben Minute zu einer ordentlichen Menschengestalt formte. Dem Meister
kam erst jetzt der Gedanke an den verstorbenen j.; er empfand nicht die
geringste Furcht, sondern rief freudig aus: „Bist du da?“ „Ja!“ antwortete die
Gestalt sehr deutlich. „Wie geht es dir?“ fragte der Meister weiter, „und wie
ist dein Aufenthalt beschaffen?“
(S. 149)
“Mir ist es sehr wohl,“ antwortete der Geist vernehmlich, aber mit dumpfer
Stimme, „doch geniesse ich das Anschauen Gottes noch nicht und dies macht mich
schwermütig, denn ich bin noch nicht vor Gericht gewesen. Ich befinde mich in
einer weitläufigen Gegend, wo eine Dämmerung ist, weder Tag noch Nacht; gegen
Morgen ist das Licht durch ein grosses Gewölk verschlossen.“ Der Meister bat
ihn, er möge ihm doch noch einmal erscheinen, wenn es ihm erlaubt sei, sobald
sein Zustand verändert würde. Darauf verschwand die Erscheinung und liess sich
lange nicht sehen, so dass der Meister an ihrem Wiederkommen zweifelte. Endlich,
nach mehreren Wochen, gegen 10 Uhr abends, erschien die Gestalt an derselben
Stelle, aber weit heller und zugleich fürchterlicher, so dass dem Mann angst und
bange wurde. Doch wagte er es, zu fragen, wie dem Erschienenen zumute sei. „Wenn
es Gottes Wille wäre,“ antwortete dieser drohend, „dass die Menschen den Zustand
jenes Lebens wissen sollten, so würde er es gewiss geoffenbart haben. Begnügt
euch mit dem Glauben, bis ihr zum Schauen gelangen werdet.“ Die Gestalt
verschwand nach Beendigung jener Worte.
(S. 150)
Erscheinung eines
hingerichteten Mörders
Jung-Stilling erzählt folgende Geschichte: In Darmstadt wurden vier
Strassenräuber und Mörder verhört. Sie leugneten alle ihnen vorgehaltenen
Verbrechen rund ab und bewiesen durch ihr ganzes Betragen, dass der gerichtliche
Kommissar die Wahrheit von diesen Bösewichtern nie erfahren würde. Nur einer der
Angeklagten schien dem Richter weniger verstockt zu sein, und ein weicheres Herz
zu besitzen, als eine Mitschuldigen. Der Richter benutzte diesen Gemütszustand,
und befahl, nach beendigtem Verhöre dem Gefängnishüter, diesen Angeklagten in
einen Kerker einzusperren, in welchem es nach einer notorischen Volksmeinung
spuken sollte. Als der Gefängnishüter des folgenden Morgens die Runde bei den
Gefangenen machte und auch in den vermeldeten Kerker kam, bat ihn der Gefangene
dringend, sogleich den Kommissar zu bitten, zu ihm zu kommen, indem er alles
eingestehen wolle; und wirklich bekannte er alle Umstände seiner Verbrechen, die
er mit seinen drei andern Angeklagten verübt hatte. Auf Befragen des Richters:
woher es komme, dass er gestern alle Tatsachen abgeleugnet habe, die er nun
heute so offenherzig eingestehe, antwortete er: in der vergangenen nacht wäre
ein Mitglied der Räuberbande, zu welcher er selbst gehöre, sein Busenfreund, der
lebendig gerädert worden, ihm dem Mitschuldigen, in seinem Kerker erschienen und
hätte ihn aufs dringendste ermahnt, seine Missetaten einzugestehen, damit ihn
nicht auch das schreckliche Los in jener Welt träfe, das ihm zugefallen wäre; er
sollte sich doch ja bekehren, ehe er dem Tode übergeben werde. – Das
Eingeständnis dieses reuevollen Sünders gab nun sowohl den Verhören seiner
Mitschuldigen, besonders zur Konfrontation mit diesen, hinreichenden Stoff, um
endlich auch ihr Eingeständnis zu erhalten, welches alle vier Strassenräuber
durch einen Urteilsspruch, der zugunsten des zuerst Eingestehenden etwas
gelinder ausfiel, auf das Blutgerüst brachte. Stilling versicherte, dass diese
Begebenheit unter den Kriminalakten in Darmstadt zu finden wäre.
(S. 152)
Ein unseliger Arzt
warnt vor der Vivisektion
Im Wintersemester 1907 / 08 hielt Herr Dr. F. Heinemann, Stadtbiliothekar in
Luzern, an der Universität in Zürich ein Kolleg über Vivisektion und Tierschutz.
Mein Sohn W. Stern, zurzeit Pfarrhelfer in Thun, wohnte diesem Kolleg bei. In
einem solchen brachte Dr. Heinemann das Schreiben einer Frau O. G., damals in
S...... in Graubünden, seinen Zuhörern zur Kenntnis und überliess dasselbe mit
der Erlaubnis der Absenderin meinem Sohn zur Abschrift. Letztere erteilte ihm
auch volles Verfügungsrecht darüber. Das Schreiben lautet:
”Hochgeehrter Herr Doktor!
Mit Interesse las ich kürzlich von Ihren Vorträgen am Polytechnikum in Zürich
über Vivisektion. Ich kann nun nicht umhin, die folgenden Zeilen an Sie zu
richten, obgleich ich weiss, dass Sie jedenfalls über das, was ich ihnen
mitteile, lächeln, wie auch ich früher selbst solche Mitteilungen schwerlich
glaubhaft gefunden hätte, bis ich die Tatsachen selbst erlebte; und ich bekenne
zugleich offen, dass ich seit diesen Erlebnissen überhaupt erst an Religion, das
heisst an eine göttliche Allgegenwart und Strafe, glaube. Doch, ich will mich
möglichst kurz fassen und Ihnen so gut ich es vermag, mein Erlebnis mitteilen.
(S. 153)
Vor einiger Zeit war ich in Frankfurt a.M. anlässlich eines Familienfestes mit
noch anderen Bekannten und Verwandten eingeladen. Es war an einem sonnenhellen
Vormittag, kurz vor dem Lunch; ich befand mich mit den übrigen Gästen auf einer
Glasveranda. Man unterhielt sich von allerlei. Da fragte einer der Herren, ob
einer von uns schon etwas über den Prof. Flournoy in Genf gehört, vielleicht
seine Bücher gelesen und von seinen Experimenten auf dem Gebiete es Hypnotismus
usw. gehört hätte. Da wir alle nichts Näheres über diesen Professor und seine
Experimente wussten, gab es von allen Seiten ein skeptisches Achselzucken und
spöttische Bemerkungen, wobei es denn auch an Witzen und Gelächter nicht fehlte.
Wir waren einstimmig der Meinung, dass zu all dergleichen eine gute Portion
Einbildungskraft, Aberglauben, oder mindestens grosse Leichtgläubigkeit gehöre.
-
(S. 154)
Da geschah etwas ganz Merkwürdiges. Ein junger Offizier, der soeben mit
Verachtung über all solchen „Unsinn“ gesprochen, war plötzlich wie tot in einen
Stuhl zurückgesunken. Wir andern waren alle vor Entsetzen wie gelähmt; man hatte
eben den Befehl gegeben, sofort einen Arzt zu holen, da zeigte sich über dem
Kopf des Bewusstlosen ein weisser Dunst, wie eine kleine, durchsichtige Wolke
und der Ohnmächtige öffnete den Mund, und sprach mit lauter, klarer, aber
gänzlich veränderter Stimme. Was er sprach, kann ich zwar nicht wortgetreu
wiederholen, aber es waren Worte tiefernsten Inhalts, und man konnte daraus
entnehmen, dass wohl ein Verstorbener aus seinem Munde sprach, welcher auch
sofort von einem der Herren als sein verstorbener Sohn erkannt wurde. Ich muss
gestehen, dass allen plötzlich das Lachen vergangen war. Zum Schluss sprach er
die Worte: „Mein Vater, damit du eingreifbares Zeichen hast, dass ich bei dir
war, dass es nicht nur Einbildung und Täuschung ist, so nimm dies.“ Bei diesen
Worten fiel etwas Glänzendes vor dem alten Herrn zu Boden, und als er es aufhob,
erkannten wir alle einen schönen, altertümlichen Ring. Und der alte Herr rief
erschüttert und aufgeregt, dass dies ein wirkliches Wunder sei, denn sein
verstorbener Sohn habe diesen Ring stets am Finger getragen und ihn auch mit ins
Grab genommen. Alle waren ganz bleich geworden und verstummten. Nur ich bemerkte
kleinlaut: „Wenn doch auch mir einmal so etwas geschähe und jemand von meinen
Verwandten aus dem jenseits mir ein Zeichen geben wollte, um auch mir allerlei
zu sagen und vom Seelenleben nach dem Tode etwas zu verkünden.“ Mein Wunsch
erfüllte sich rasch! Der helle, durchsichtige Nebel über dem Kopf des Offiziers
wurde dunkler, bis er eine graubraune Farbe angenommen hatte; wir alle bemerkten
dies mit Erstaunen und als der Ohnmächtige wieder zu sprechen begann, war die
Stimme tief und wieder ganz anders, als das erstemal. Ich hatte diese Stimme vor
Jahren schon gehört, aber ich entsann mich nicht, wem sie angehört hatte.
(S. 155 / 156)
Wir vernahmen nun ungefähr folgendes: “Du willst über das eben Gehörte, aus dem
Reiche der Toten, noch von einem Verwandten Auskunft; sie soll dir un allen
Anwesenden werden! Ich bin dein Onkel, Medizinalrat Dr. W……, der in G. in Hessen
lebte und starb. Als ich noch auf der Erde lebte, habe ich nicht immer gut
gehandelt, besonders an den Tieren nicht, und habe deshalb jetzt noch zu büssen,
um mich wieder zu reinigen.
Alles Messe
lesen,
Beten,
Opfern von
andern
für mich
ist ganz
unnütz,
da jedes zuerst für seine Reinigung von seinen eigenen Sünden und Vergehen
besorgt sein muss. Jeder Mensch muss für das einstehen, was er tut und welches
Beispiel er für seine Kinder und Mitmenschen war. Erst dann gibt es Verzeihung
von Gott, wenn man freiwillig büsst. Mir geht es schlecht, denn ich habe nicht
nur meine Menschenwürde wissentlich mit Füssen getreten; ich habe mich nicht nur
entmenscht, indem ich ohne Erbarmen und Mitleid an den Tieren zum Teufel wurde,
ich habe auch noch andere im Namen der Wissenschaft dazu verleitet und ihnen das
Beste, das natürliche, instinktive Erbarmen gegen wehrlose, stumme Mitgeschöpfe,
die den Menschen von Gott als ihre natürlichen Freunde und Helfer gegeben
wurden, und den Glauben an eine göttliche gerechte Vergeltung zerstört und viele
Mitmenschen dadurch unglücklich gemacht. – Es ist alle so ganz anders nach dem
Tode, als wie es sich die Menschen, während sie in die vergängliche Maschine
gefesselt sind, mit all ihren verschiedenen Religionen vorstellen und einbilden!
Eine Wissenschaft,
die so falsche und schlechte Mittel
nicht scheut, ein Ziel zu erreichen, ist von Gott verflucht, und bringt anstatt
Segen das Gegenteil; ja
immer mehr
Elend und Krankheit wird daher die Menschen
heimsuchen und vernichten. – Wer seine Untergebenen, Angehörige und sonstige
Mitgeschöpfe quält und peinigt, der entgeht der göttlichen Vergeltung und
Gerechtigkeit nicht; er wird gestraft,
an sich,
seiner Familie und seinen
Nachkommen.
(S. 157)
Er berichtet nun,
wie er die
langen Qualen, die er wehrlosen Geschöpfen
verursachte, an
seinem Geiste
durchmachen müsse, und das sei so grauenhaft,
dass er
wenigstens
seinen letzten Nachkommen vor gleichem
Schicksal bewahren möchte, wenn es ihm bei anderen nicht gelinge. Und er fahrt
fort: „Ich befehle euch allen, die Mission, welche ich euch auftrage, zu
erfüllen! Geschieht dies nicht aus
Feigheit vor
dem Urteil der Welt,
so werdet
ihr alle später dafür gestraft.
Dass ich euch dies sagen durfte, gab der barmherzige Gott zu und ich befehle
jedem von euch,
mutig und
ohne Scheu dieses Vorkommnis
und meine Mitteilungen weiter zu verkündigen und euch stets der Tiere Not
erbarmend anzunehmen, gegen Quälerei aller Art energisch einzuschreiben und,
wenn es sein muss, ihnen wenigstens einen schnellen Tod zu geben. Ihr müsst
dafür sorgen, dass meine Worte auch dem Papst und allen regierenden Herrschern
unterbreitet werden!
Mit diesen Worten verschwand die Wolke über dem Haupt des Offiziers und kurz
darnach kehrte die Lebensfarbe in sein Gesicht zurück, welches sich zusehends
veränderte. Er erwachte plötzlich, blickte sich erstaunt um und fragte, was ihm
geschehen sei. Er wollte nicht glauben, dass er längere zeit wie tot gelegen,
und sagte, er sei sein Lebtag nie ohnmächtig gewesen.“
(S. 158)
Ich muss bekennen, dass wir Anwesenden über dieses Menetekel ganz kleinlaut und
verblüfft waren und uns alle recht betroffen fühlten. Die Folgen zeigten sich
schon bald. Zwei Söhne eines dabei anwesenden Herrn wechselten ihr Studium, weil
die Herren Professoren beim Studium der Medizin sie bei den Experimenten an
lebenden Tieren nicht ausschliessen zu können glaubten und sich ihren Aussagen
und Weiterungen ablehnend entgegenstellten.
Die Hauptsache, die ich Ihnen mitteilen wollte, geehrter Herr Doktor, ist nun
gesagt. Ich muss nur noch hinzufügen, dass mein genannter Onkel bei Lebzeiten
überall sehr beliebt war; grausam und roh sah und hörte ich ihn nie; das Wort
Vivisektion hörte ich nie aus seinem Munde bis auf ein einziges Mal, als er und
noch andere Gäste bei uns weilten und einer von diesen sich gegen die
Vivisektion aussprach. Da sagte mein Onkel,
dies sei ein Zeichen von weibischem Charakter
und
Nervenschwäche,
und
solche Gefühlsduselei verliere sich
schon mit der Zeit.
(S. 159)
Die
Vivisektion diene seiner Meinung nach
weniger der
Wissenschaft,
als der
notwendigen Abhärtung der medizinischen Studenten.
Mein Onkel war ein guter, gesuchter Chirurg; aber er, sowie alle Ärzte, die ich
kenne, hatten schweres Unglück in ihren Familien, teils auch an ihrem eigenen
Körper. Alle Kinder meines Onkels starben durch Unglücksfälle im Jünglingsalter.
Trotz seiner Wissenschaft und Klugheit konnte er ihnen nicht helfen und stand
machtlos und verzweifelnd dabei, ohne sie retten zu können. Er selbst erblindete
in seinen besten Jahren aus unbekannten Gründen und konnte sein Augenlicht nie
mehr zurückerhalten. -
Die im Briefe erwähnte Zusammenkunft fand am 5. Mai 1907 in Frankfurt statt. Von
den damals Anwesenden, lauter hochstehenden Persönlichkeiten, will jedoch leider
niemand sich öffentlich zu dem Erlebnis bekennen, und auch der junge Offizier,
der offenbar medial veranlagt ist, will auch keine weitere Auskunft geben. Es
wäre ja in der heutigen Gesellschaft unerträglich, als abergläubisch angesehen
zu werden!
Die Verfasserin des Briefes ist, soviel mir bekannt, ausgewandert und so konnte
mein Sohn keinen weiteren Verkehr mit ihr halten.
Was die Vivisektion betrifft, so ist es gewiss ein schweres Versäumnis der
Geistlichkeit, dass sie dem Publikum nicht das Gewissen schärft, gegen diese
himmelschreiende Misshandlung der Geschöpfe Gottes zu protestieren. Eine
rühmliche Ausnahme davon machte der bekannt christliche Schriftsteller Pastor
Funke in Bremen, der energisch gegen diese haarsträubende Praxis protestierte.
Bekannt ist, dass der berühmte Gelehrte Alb. Von Haller vor seinem Ende schwere
Gewissensbisse empfand, dass er durch die Vivisektion den armen Tieren solche
unsägliche Martern bereitet hatte, und dass er mehrere Geistliche Berns
befragte, ob ihm diese Sünden könnten vergeben werden.
Von dem
englischen
Physiologen und Vivisektor Dr. Thomas Reid
wird berichtet, er habe auf dem Sterbebette sein schreckliches Leiden
(Zungenkrebs) als Nemesis für die schmerzhaften Versuche erklärt, die er an den
Zungennerven so vieler Tiere vorgenommen.
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S. 160 / 161)
Über die Vivisektion berichtet ein Flugblatt folgendes:
Die Versuchstiere werden lebend aufgeschlitzt, zersägt, verbrüht, in brennbare
Flüssigkeit getaucht und lebend angezündet; sie werden rasiert und darauf mit
Firnis zu Tode lackiert; es wird ihnen der Schädel angebohrt und das Gehirn
schichtweise abgetragen oder fortgeätzt oder mit Glüheisen versengt oder mit
kochendem Wasser ausgespült; es werden den Tieren innere Organe zerstört,
herausgeschnitten oder unterbunden; der After wird zugenäht und der Harngang
zugeklebt; es werden die Nerven freigelegt, hervorgezogen und mechanisch oder
elektrisch gereizt; man vernäht die Augen oder schält sie aus, wirbelt auf
Drehscheiben die Tiere herum, bis sie blödsinnig werden, lässt sie im Feuerofen
verschmachten oder in Eiskübeln zu Tode frieren; man lässt sie langsam
verhungern und verdursten, bricht oder zerschmettert ihnen die Knochen; man
bringt ihnen alle möglichen Gifte bei, giesst ihnen kochendes Wasser in den
Magen oder in die Wunden, impft ihnen Eiter in die Augen oder in die Bauchhöhle
und macht sie noch auf verschiedenste Art siech und elend. Jegliche Quälerei,
die nur ausgesonnen werden kann, fügt man – sich stützend auf die „Freiheit der
Wissenschaft“ – den Versuchstieren zu und lässt sie tage-, wochen- selbst
monatelang in ihren Qualen liegen.
Alljährlich werden viele Tausende von Tieren: Hunde, Katzen, Kaninchen,
Meerschweinchen, Affen, Ziegen, Esel, Pferde, Vögel, Frösche usw., also nicht
nur seelisch tiefstehende, sondern auch hochentwickelte, treue, gute und
harmlose Tiere die Opfer der Vivisektion. Die wissenschaftlichen Zeitschriften
und Lehrbücher strotzen von Berichten über solche Tierversuche.
Schon die Vorbereitungen zu den Versuchen – das scharfe Knebeln und
Festschrauben in unbequemster Lage, welches oft viele Stunden dauert – sind
Martern, die an die Folter erinnern. Und nun erst die grässlichen Versuche
selbst! Viele unglückliche Geschöpfe werden von Versuch zu Versuch geschleppt,
bis sie endlich durch den Tod von ihren Peinigern befreit werden.
Betäubung ist in zahlreichen Fällen, so bei den qualvollen Nervenversuchen, bei
den Vergiftungsversuchen usw. nicht möglich, in anderen zahlreichen Fällen ist
eine Betäubung durch die lange Dauer der Versuche ausgeschlossen; in noch
anderen Fällen wird sie aus sonstigen Gründen (Bequemlichkeit usw.) vielfach
nicht angewendet. Dagegen ist ein schreckliches Mittel, das Pfeilspitzengift
Kurare, welches nur unbeweglich macht, nicht aber die Empfindung schwächt, bei
den Tierversuchen sehr in Gebrauch. Das kurarisierte Tier ist dann eine lebende
Leiche, die angstvoll alles miterlebt und alles fühlt, was an ihr vorgenommen
wird.
(S. 162)
Mit einem Worte:
Vivisektion
ist die Hölle der Tiere!
Ein Arzt, Dr. Med. Hoggan, spricht sich in folgenden Worten über die Vivisektion
aus:
”...In drei Feldzügen habe ich viel Schreckliches sehen müssen, aber ich denke,
das
kläglichste Schauspiel,
das ich je erblickt, war immer das,
wenn die
Hunde aus den Kellern des physiologischen Laboratoriums in den Operationssaal
hinaufgebracht wurden...
Sie suchten durch stürmische Liebkosungen eine nach der andern der anwesenden
Personen zu gewinnen und mit Augen, Ohren und Schwanzgewedel dieselben
um Gnade
anzuflehen,
- aber
vergebens! –
Wäre das Gefühl der Professoren
nicht durch fortwährende blutig Übung
so gänzlich
abgestumpft, so könnten sie unmöglich die Vivisektion fortsetzen...
Einer der empörendsten Gebräuche war der, dass die Professoren zuletzt die schon
zu drei Vierel zu Tode gemarterten Tiere
noch den
Studenten
überliessen, um, solange ncoh ein Rest von Leben im Tiere blieb, sich daran in
weiteren Versuchen zur Auffindung von Sehnen, Nerven, usw. zu „üben“!! - ...
(Dr. Med.
Hoggan)
Verein gegen die mediz. Tierfolter in Bern
o o O o o O o o O o o O o o
(S. 163)
Eine
verstorbene Braut erscheint als Schutzgeist ihres Bräutigams
Der Maler B. lebte viele Jahre in München und zeichnete sich sowohl durch sein
Künstlertalent als durch seinen reinen und frohen Sinn als Mensch aus, so dass
er bei allen, die ihn kannten, bleibt war. Er hatte sich seit längerer Zeit mit
einem Mädchen verlobt, die ganz Seele für ihn war und beide verlebten die
glücklichsten Tage miteinander, obwohl anfangs geringe Aussicht vorhanden war,
sich bald ganz angehören zu dürfen, da B. nicht früher an eine Verehelichung
denken mochte, als bis ihre Existenz gehörig gegründet sei. Diese Aussicht
gestaltete sich in wenigen Jahren sehr erfreulich, so dass sie hoffen durften,
rasch zu dem Zeitpunkt ihrer Verehelichung zu gelangen. Aber diese Hoffnung
wurde plötzlich zunichte; die Braut hatte sich eine Erkältung zugezogen und
starb acht Tage darauf unter fürchterlichen Schmerzen. Der Maler hatte sich
während ihrer Krankheit keine Ruhe gegönnt, sondern weilte unaufhörliche an
ihrem Bette. Der Schmerz und Kampf beider bot ein herzzerreissende sBild für die
Umstehenden.
(S. 163 / 164)
B. war, seitdem seine Geleibte die Augen geschlossen hatte, für die menschliche
Gesellschaft fast untauglich, er hatte alle Lebenslust verloren und auch seine
Gesundheit wurde durch seinen Gram gefährdet. Vergebens bemühten sich seine
Freunde ihn zu zerstreuen; er blieb derselbe, allgemein betrauert von seiner
sonstigen Umgebung und nur sein Pinsel vermochte ihn zeitweise von schwermütigen
Gedanken abzubringen. Ein Jahr mochte verflossen sein, als er sich eines Abends
von einem Spaziergange ermüdet wie gewöhnlich früh zu Bette legte. Da rüttelt
ihn ein gewisses Etwas, das er sich nicht erklären konnte, aus seinem festen
Schlafe und als er die Augen aufschlägt, sieht er seine Geliebte leibhaftig in
dem Hintergrunde seines Zimmers dastehen, welche ihm mit der Hand freundlich
zuwinkt und darauf verschwindet. Doch ist sein Schlaf zu fest, als dass er
länger darüber nachdenken kann und so schläft er dann augenblicklich wieder ein.
Nicht lange mochte er geschlafen haben, als er auf dieselbe Weise gerüttelt
wird, er sieht das nämliche Bild, nur etwas näher und deutlicher, aber wieder
vermag der Geist den Körper nicht zu besiegen und so schläft er denn, nachdem er
es für ein Bild aufgeregter Phantasie erklärt, gleich wieder ein. Da aber packt
es ihn bald mit doppelten Kräften, so dass er hastig sich vom Bette erhebt und
nur wenige Schritte von sich entfernt sieht er wieder seine Geliebte, die ihm
freundlich bittend zuwinkt und darauf verschwindet.
(S. 165)
Nicht länger kann er sich jetzt im Bette halten, er zieht sich schnell an (es
war nachts 1 Uhr) und klopft bei einem Freunde an, ihn um Aufnahme in sein Haus
bittend. Diesem erzählt er mit kaltem Ernste das Vorgefallene umständlich, was
dieser aber nicht glauben will und es nur als ein Bild aufgeregter Phantasie
erklärt. Asl sie aber bei Tage in B.s Zimmer treten, finden sie die Decke
herabgefallen und hätte diese ihn wahrscheinlich erschlagen.
Mit gerührtem Herzen dankte B. Gott für seine Rettung und seitdem er hier ein
lebhaftes Beispiel hatte, dass seine Geliebte ihn auch im Tode als Schutzgeist
umschwebte, ward er anderen Sinnes und wiederum ganz gesund; doch hatte er sich
zu einer anderen Verbindung nie bestimmen lassen wollen.
Eine
verstorbene Mutter erscheint als Schutzgeist ihrer Kinder
Der berühmte englische Kunstkritiker John Ruskin erzählte seinem Freund, dem
berühmten Londoner Prediger Spurgeon ein Erlebnis, dessen Wahrheit er verbürgte.
Ein christlicher Witwer stand mit einem Landmann wegen Kauf eines Landhauses in
Unterhandlung. Er hatte ein Trüppchen Kinder, mit welchen er am Tage vor dem
endgültigen Abschluss das Haus besah. Wie im Sturm ging es die Treppe hinauf,
jedes Zimmer wurde in Augenschein genommen, überall hüpften und sprangen sie in
ausgelassener Freude, bis sie endlich unter den Dachsparren angekommen waren. Da
fiel es einem auf, dass sie noch nicht im Keller gewesen wären und nun ging es
im Sturm die Treppe hinunter. Sie fanden die Kellerluke und wollten auch diese
Treppe hinunterstürzen, als sie plötzlich innehielten und am Fusse der Treppe
stille standen – sie sahen zu ihrer Überraschung ihre Mutter, wie sie ihnen mit
ausgestreckten Armen und leibendem Blick zu erkennen gab, dass sie nicht weiter
gehen sollten. Mit einem Schrei vor Freude und Entsetzen eilten die Kinder ans
Tageslicht zu ihrem Vater, um zu erzählen, was ihnen begegnet sei. In grüsster
Verwunderung hörte der Vater zu und merkte, dass sich etwas Ungewöhnliches
ereignet hatte. Man forschte nach und fand, dass sich nur einen Schritt von der
Treppe ein tiefer, offener Brunnen befand, in den die Kinder unzweifelhaft
gefallen wären, wenn sie nicht auf diese merkwürdige Weise bewahrt worden wären.
o o O. o o O o o
Erscheinung einer Seligen aus der himmlischen Welt
(S. 167)
Justinus Kerner teilt in seinen Blättern aus Prevorst den Brief einer englischen
Dame mit, den dieselbe an einen Herrn Jackson geschrieben hat, der
Jung-Stillings Theorie der Geisterkunde in englischer Übersetzung herausgab. Sie
erwähnt in demselben, dass sie schon als junges Mädchen viel über das Jenseits
nachdachte, als sie einem fünfjährigen Bruder durch den Tod verloren hatte. In
ihrem 26. Jahr sass sie einst am Abend allein in einem kleinen Zimmer neben dem
Schlafgemach ihres kranken Mannes. Plötzlich sah sie ihre 85 Jahre alte
Grossmutter, an die sie grosse Anhänglichkeit hatte, neben sich stehen mit einem
lichten Dunst umgeben, sie sanft und freundlich anblickend. Sie lebte damals in
Schottland und die Grossmutter in England. Nach vier Tagen erhielt sie die
Kunde, dass diese um dieselbe Stunde gestorben war.
Sie machte aber die befremdende Erfahrung, dass niemand ihrer vertrauten
Freunde, denen sie das Erlebnis mitteilte, an die Wirklichkeit der Erscheinung
glauben wollte; es müsse Sinnestäuschung, Halluzination gewesen sein. Sie
erzählt nun:
(S. 168)
Im November 1830 traf ich mit einer Lady zusammen, die über 70 war, deren
Familie ich gekannt hatte, und von der ich hatte in Ausdrücken reden gehört, die
mich sehr begierig machten, sie zu sehen. Wir wurden in allen unsern
Empfindungen innig eins. Sie war eine wahrhaft fromme Christin, ohne die
mindeste Härte. Sie war lauter Güte, Redlichkeit und geistliche Fröhlichkeit.
Unsere Unterhaltung bewegt sich oft um den Zustand des künftigen Lebens; sie gab
mir verschiedene interessante Werke zu lesen, und als wir uns trennten, sagte
sie: „Ich weiss, dass du bald wieder heiraten wirst (ihr Mann war vier Jahre
zuvor gestorben); ich habe gebetet, dass du den Segen erlangen möchtest, Mutter
zu werden, und alle Gefühle einer Mutter zu geniessen; und ich bin gewiss, meine
Gebete werden erhört werden, du wirst Kinder bekommen.“ Wir schieden in der
Hoffnung, in einigen Monaten wieder zusammen zu kommen; aber meine teure
Freundin starb im Januar 1832, ohne mich nach meiner Verheiratung besuchen zu
können. Ihr Tod war, nach der Schilderung ihrer Kinder, die lieblichste Szene,
die sich denken lässt. Sie sagte oft: „O, wenn ihr sähet, und empfändet, was
ich! Engel sind um mich her. Ich gehe zu Bekannten. Nichts ist dunkel oder
zweifelhaft für mich. Ich bin selig, ganz selig!“
(S. 169)
Ihr Angesicht war, als sie verschied, voll Freude.
Ich fuhr fort mit den Töchtern Briefe zu wechseln und oft über den Charakter und
die Vorschriften der Verstorbenen nachzudenken. Ich hatte drei Kinder. Ungefähr
drei Monate nach der Geburt des dritten, am 7. Juli 1833, hatte ich folgendes
Gesicht: Ich erwachte nachts aus dem Schlafe; ich fühlte mich sehr glücklich und
zufrieden, und zur Seite des Bettes, dessen Vorhänge alle aufgezogen waren, sah
ich die Gestalt meiner teuren Freundin, so hell, dass das Licht gesammelten
Mondstrahlen glich; ihr Gesicht war voll Gütigkeit und Freude. Ich sagte zu ihr:
„Ach, bist du gekommen? Ich habe so oft dich zu sehen gewünscht!“ Sie antwortete
auf eine Weise, die ich nicht beschreiben kann; aber ich glaubte die Worte mehr
zu fühlen als zu hören. Sie sprach: „Ich bin gekommen, dir zu sagen, dass du
alles glauben sollst, was ich dir von unserem gesegneten Reiche gesagt habe, und
dass ich dich liebe und oft sehe. Du musst viele Prüfungen ertragen, durch viele
Veränderungen gehen (deren einige sie angab), aber sei voll Hoffnung und
Vertrauen zu Gott, du wirst durch alle hindurchgeführt werden und die letzten
zwanzig Jahre deines Lebens werden sehr glücklich sein. Du wirst leben bis zum
Juni 1874 und dann mit mir vereinigt sein im Geist.” Nach einem Blicke der
süssesten Freundlichkeit verschwand die Gestalt und das Licht, und das Zimmer
war völlig dunkel. Ich sass auf, kniff mich in den Arm, fühlte an meinem Kopfe,
um gewiss zu sein, dass ich wach war, und überzeugte mich vollkommen davon. Ich
befand mich ganz ruhig und glücklich, und diese Empfindung hat mich nie
verlassen.
(S. 170)
Ich will nur noch beifügen, dass einige von den Prüfungen, wovon sie sprach,
erfüllt sind, und andere bevorstehen; aber ich bin in den Stand gesetzt, sie zu
ertragen und ohne Furcht vorwärts zu schauen bis zu ihrem Ende.
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ab Seite 171 und ff folgt der
Teil 3
und beginnt mit dem Titel
Verschiedenes
beginnend mit Begebenheiten über
Kremation
Beispiele von Verunglückten, die um die Bestattung ihrer Leichname besorgt waren
Sollen wir für Verstorbene beten? usw.
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