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Heinweis
Sein früheres Buch: „Das Jenseits. Der Zustand der Verstorbenen bis zur
Auferstehung nach der Lehre der Bibel und den Ergebnissen der Erfahrung“
Inhalt Seite
Einleitung. Die sorglose Welt
1 – 6
Warum ist uns die jenseitige Welt verborgen?
I Teil:
Visionen und mediumistische Kundgebungen
Brief von Julia:
Licht aus dem Jenseits
12 – 20
Pfarrer Blumhardts Kampf mit der Macht der Finsternis
20 – 25
Die Seherin von Prevorst
25 – 29
Die Somnambülen
29 – 34
Mitteilungen der Somnambüle Bäurle zu Weilheim (Württemberg)
über jenseitige Zustände
34 – 46
Eine Vision von Pastor Samuel Keller
46 – 61
Vision eines Missionars
61 – 64
Vision einer Missionarsfrau
65 – 75
Die Seherin Katharina Schlienz
75 – 82
Die Traktate von Joseph Hahn
82 – 87
Eduard Weitzel über das Jenseits
87 – 92
Hans Arnold über das Jenseits
92 – 104
Der Spiritist Hermann Döring
104 – 108
Warnung eines Spiritisten vor den Gefahren des Spiritismus
109 – 116
II
Teil: Visionen und mediumistische Kundgebungen
Auf
der Schwelle zwischen Diesseits und jenseits
117 – 122
Abteilung A
Beispiele von Verstorbenen, die unmittelbar nach ihrem Abscheiden erschienen
sind.
Einige merkwürdige Beispiele
122 – 124
Erscheinung eines verstorbenen Vaters
124 – 126
Erscheinung eines verunglückten Dieners
126 – 128
„Es gibt eine Hölle“
129 – 131
Ein Mädchen, das sich das Leben genommen hatte, zeigt ihrem
Verführer seine Todesstunde an
131 – 133
Die Predigt des toten Rheinschiffers
133 – 137
Erscheinung eines ertrunkenen Seeoffiziers
137 – 138
Ein ertrunkener Bruder erscheint seiner Schwester
138 – 140
Eine
fromme Schwester erscheint ihrem ungläubigen Bruder
140 – 145
Abteilung B
Erscheinungen und Offenbarungen von Verstorbenen kürzere oder längere Zeit nach
ihrem Ableben
Ein
selig Verstorbener erscheint am Sterbebett seines Freundes
145 – 148
Ein
Verstorbener erscheint nach Verabredung seinem Meister
148 – 150
Erscheinung eines hingerichteten Mörders
150 – 152
Ein unseliger Arzt warnt vor der Vivisektion
152 – 162
Eine verstorbene Braut erscheint als Schutzgeist ihres Bräutigams
163 – 165
Eine verstorbene Mutter erscheint als Schutzgeist ihrer Kinder
165 – 166
Erscheinung einer Seligen aus der himmlischen Welt
167 – 170
III. Teil Verschiedenes
Kremation; ist sie anzuraten?
171 – 175
Beispiele von Verstorbenen, die um die Bestattung ihrer Leichname
besorgt waren
175 – 177
Sollen wir für Verstorbene beten?
177 – 182
Heilige Engel bilden eine Schutzmauer
182 – 183
Engelsmusik und -gesang bei frommen Sterbenden
183 – 185
Engelsmusik beim Sterben einer frommen Jungfrau
186 – 191
Eine Erscheinung Jesu auf einem russisch-japanischen Schlachtfeld
191 – 195
Erscheinungen und Offenbarungen des Herrn, die frommen Kindern zuteil wurden 195
– 199
Seliger Heimgang eines frühvollendeten Töchterleins
199 – 203
Seliger Heimgang der frühvollendeten Tochter eines Pastors
203 – 205
Eine schwer leidende von Schutzengeln getröstet
205 – 208
Blicke in die himmlische Welt, welche einer frommen Tochter zuteil wurden
209
– 212
Die Entwicklungsstufen im Jenseits nach Johannes Gommel
213 – 220
Die enge Pforte zur himmlischen Seligkeit
220 – 224
Das
Hochzeitskleid
225 – 228
Schluss
229 – 230
Anhang
Warnung eines Selbstmörders vor Selbstmord
231 – 247
Vorwort
Wer
mein früheres Buch – „Das Jenseits, der Zustand der Verstorbenen bis zur
Auferstehung“ – gelesen hat, wird gerne tiefere Blicke in jenseitige Zustände zu
erlangen suchen. Solche finden sich im vorliegenden Werk; tief erschütternde,
als auch hoch erhebende.
Möge der Geist der Wahrheit, den der Herr Seinen verheissen hat, das er uns in
alle Wahrheit leite (Joh. 16, 13), die Leser erleuchten, dass sie vor Irrtum und
trügerischen Meinungen bewahrt werden und den Weg finden zur himmlischen Welt
und zum ewigen Leben, der uns in Jesu bereitet ist! Joh. 14, 6 (im Frühjahr
1913)
Einleitung
Die sorglose
Welt
(Seiten 1 – 6)
Was ist das
Leben? - Was ist der Tod?
Ein Seher, der sich
Christoffel Truber nennt, beschreib beides in drastischer Weise unter der
Überschrift: „Das unheimliche Festmahl*“ folgendermassen: Ich sah ein grandioses
Festmahl in einem unermesslichen Saale: unabsehbare Reihen von gedeckten Tafeln,
Legionen von Sesseln und jeder Platz war besetzt. Man ass und trank, diskutierte
und disputierte, lache und scherzte, vergaffte sich zwischenhinein in die
Herrlichkeit des Saales, oder lies sich von den Tönen der auserlesenen Musik
tragen ins Reich der Träume. Jedermann schien guter Dinge zu sein. (* = Aus
„Knüppel und Knorren2 von G. Fankhauser, Redakteur der „Brosamen“.)
Plötzlich ertönte ein lautes und scharfes Pochen an der Türe. Stille wurde es im
Augenblick im weiten Raume. Ehe ich mir über das Was und Warum Rechenschaft
geben konnte, veranlasste mich ein seltsames Geräusch dicht an meiner Seite,
rasch umzublicken.
Ich hatte mich eben rechtzeitig genug umgewandt, um etwas zu sehen, darob sich
meine Haare sträubten, mein Blut zu stocken begann. Mein Nachbar zur Linken, der
soeben den Becher erfasst hatte, um sich über die unheimliche Stille des
Augenblicks hinweg zu trösten, er versank mit Sessel und Becher, versank in den
Erdboden. Eh ich ein Wörtlein sagen konnte, war er verschwunden, spurlos
verschwunden, und der Boden hatte sich über ihn geschlossen. Automatisch war ich
aufgesprungen, hatte den Mann halten wollen – zu spät. Verwirrt und entgeistert
schaute ich um mich her, wähnend dass meine Verwirrung auch die übrigen
ergriffen hatte. Allein die sassen da, wie wenn nichts geschehen wäre, ja es
schien, als ob sie sich über nichts verwunderten als über meine Verwunderung. Im
Handumdrehen war das Gespräch wieder im Gange, und die Musik spielte weiter. Wie
ich mich endlich auf den Sessel nieder liess, bemerkte ich, dass der Platz zur
Linken bereits wieder besetzt war durch einen andern, jüngeren Mann. Natürlich
konnte ich mich nicht enthalten, meinen Nachbarn zu fragen, was es denn mit
diesem unheimlichen Vorgang für eine Bewandtnis habe. Herablassend erklärte man
mir, der Tod habe eben geklopft, und so oft der klopfe, werde einer auf diese
Weise abgerufen. „Was geschieht denn mit den Abgerufenen? Wohin kommen sie?“
forschte ich weiter. Mit einem Lachen, das mir wie ein Grinsen vorkam, sagte der
vorherige Sprecher: „Sie sind aber ein Grüner! Das weiss man nicht. Es ist noch
nie wieder einer gesehen worden. Er bleibt verschwunden für immer. Er ist halt
tot.“ „Und Euch kommt die Sache nicht unheimlich vor?“ „Man ist’s eben gewöhnt!“
sagte er achselzuckend.
Noch während mein Gegenüber also sprach, ertönte wieder das Pochen am Tor, und
mich mit Blitzesschnelle unwillkürlich umsehend, erblickte ich eben noch die
emporgehobenen Hände eines Versinkenden am Nachbartisch, von denen die eine noch
die Gabel empor hielt mit einem Bissen daran.
Die Umsitzenden warfen einen flüchtigen Blick nach der Stelle, ohne sich jedoch
im Essen und Geniessen weiter stören zu lassen. Eh ich mich umsah, war auch
jener Platz ausgefüllt. Jetzt erst bemerkte ich beim näheren Nachschauen zu
meinem ungeheuren Schrecken, dass unter jedem Platze eine Art von Falltüre
angebracht war, auf welcher der Sessel stand. Also keiner war sicher, auch ich
nicht. Da wurde mir der Platz heiss. Diesen ort musste ich verlasen. Allein ich
wurde mit überlegenem Lächeln aufmerksam gemacht auf die starke Wache an der
Pforte, die wohl immer wieder Ersatz herein, aber niemand von innen nach aussen
passieren liess. Ich musste mich also fügen. Ich kann nicht sagen, wie
unheimlich mir der Ort wurde.
Von Zeit zu Zeit, in ungleichen, unberechenbaren Zwischenräumen ertönte das
Klopfen des Todes, das jedes Mal mit mathematischer Sicherheit die unheimliche
Abberufung eines Dasitzenden bedeutete. Lautlos versank da einer und dort einer.
Jedes mal ein flüchtiges Aufschauen der Nachbarn, aber kaum dass einer ein wenig
mit dem Stuhl rückte, geschweige, dass man sich stören liess in seiner Mahlzeit
oder im Genuss der Musik, oder dass man in de Unterhaltung irgendwie Bezug
genommen hätte darauf. Im Gegenteil, als ich mehr als einmal, veranlasst durch
einen in der Nähe Versinkenden, das Gespräch auf dem unheimlichen Vorgang zu
lenken versuchte, gab man mir mit unmissverständlichen Blicken zu verstehen,
dass es hierzulande als ein grosser Mangel an Anstandsgefühl empfunden werde,
wenn man dies unangenehme Thema anzuspinnen suche. So blieb mir denn nichts
übrig, also die Sache möglichst ruhig und reserviert zu betrachten.
Gewöhnen konnte ich mich nicht an den
unheimlichen Vorgang, ob er sich gleich Dutzende von Malen wiederholte in meiner
Anwesenheit. Ich stellte
meine Betrachtungen an über die sonderbaren Menschen.
Es war mir nach und nach gewiss geworden,
dass ein jeder der Gäste früher oder später dem Schicksal des Verschwindens
verfallen sei. Sie
mussten das wissen; denn sie waren von Jugend auf mit den Gesetzen des Landes
vertraut. Und doch diese Ignoranz dem Sichersten gegenüber, was es gab, diese
Gleichgültigkeit, diese Ablehnung! Ich hatte mit Mühe herausgebracht, dass in
einem gewissen alten Buche einiges über das Schicksal der Abgeschiednen zu
vernehmen sei; aber es galt als unmodern, rückständig und verächtlich, sich
intimer mit jenem Buche zu befassen. Und doch war es die einzige Quelle, aus der
man Sicheres schöpfen konnte über das Sicherste, was e gibt in jenem Lande. Sie
werden sich nicht wundern, dass mir jene Leute wie ein Rätsel erschienen. Ich
konnte mich nicht auf sie verstehen. Ich fühlte mich fremd und immer fremder in
ihrer Mitte. Schon hatte die Tischgesellschaft um mich her eine ganz andere
Physiognomie angenommen. Nur ganz wenige der anfänglichen Nachbarn sassen noch
da. Alle andern waren verschwunden und ersetzt worden, auch mein gegenüber, der
aufgeklärte Herr.
Wann wird dieses dunkle Schicksal mich ergreifen? Da nahte mir ein Bote des
Gastgebers. Er flüstert mir zu, dass mir als einem Landsfremden freier Abzug
gestattet sei. Sie können gewiss die Gefühle der Erleichterung verstehen, die
mich beim Verlassen des Ortes beseelten!
Warum ist uns die jenseitige Welt
verborgen?
Ja, das dunkle Schicksal,
wann wird es mich ergreifen?
„Ich lebe, ich weiss nicht wie lang.
Ich sterbe; ich weiss nicht wann
Ich fahre; - ich weiss nicht wohin
Mich wundert, dass ich noch fröhlich bin“.
Aber können wir denn nichts Sicheres über das Jenseits wissen? Ist es überhaupt
gewiss, dass es ein Jenseits gibt? Ich verweise auf ein früheres kleines Buch:
das unter dem Titel: „Das Jenseits. Der Zustand der Verstorbenen bis zur
Auferstehung nach der Lehre der Bibel und den Ergebnissen der Erfahrung“, in
fünfter Auflage erschienen ist. Der aufmerksame Leser wird in demselben
unwiderlegliche Beweise finden, das die menschliche Seele auch ohne den
materiellen Leib existieren und sich offenbaren kann, dass die aus dem Diesseits
abgeschiedne Seele in einem jenseitigen Zustand existiert und dass schon manche
Geister verstorbener Menschen ihre Existenz im Diesseits kundgegeben haben.
Aber wen diese Tatsachen auf Wahrheit beruhen, warum können wir keinen
regelmässigen Umgang mit den Verstorbenen unterhalten? Warum können wir keine
sichere Kunde von jenseitigen Zuständen und Gegenden erlangen? Wie würden alle
Zweifel in Bezug auf die Unsterblichkeit der menschlichen Seele
niedergeschlagen; wie würde der Tod seine Schrecken verlieren, wie getrost
könnten wir diesem so tief einschneidenden und grauenhaften Wechsel
entgegengehen, wenn wir über die jenseitige Welt zum voraus schon gut orientiert
wären! Warum das so ist, warum die jenseitige Welt uns verhüllt, in
undurchdringliches Dunkel gehüllt ist, - auf diese Frage mag es verschiedene
Antworten geben. Die richtigste Antwort ist sicher diejenige, das wir
anerkennen: Gott hat nach seiner Weisheit es so geordnet, dass wir hier im
Glauben und nicht im Schauen wandeln sollen. Gott hält uns hier in einer
Prüfungs- und Vorbereitungsschule für ein unendlich wichtiges und hohes Ziel,
für ein Leben in die Ewigkeiten der Ewigkeiten. Für einen seligen
Vollendungszustand sollen wir hier erzogen werden. Und hier, in der irdischen
Welt hat uns Gott Aufgaben gegeben, in denen wir unsere Gaben, unsere Pfunde
verwerten sollen. Einen regelmässigen Umgang mit der jenseitigen Welt zu
pflegen, wäre für uns nicht heilsam; wir würden dadurch von unserem irdischen
Beruf abgezogen und für denselben untüchtig gemacht werden. Ein reicher Weltmann
wurde bekehrt und wurde ein gläubiger Christ. Mit der Zeit kam er in Verbindung
mit der jenseitigen Welt; und er lebte sich so sehr in diese ein, dass er nicht
nur seinen irdischen Beruf, sondern auch seine Familienpflichten
vernachlässigte. Auch für Mithilfe am Bau des Reiches Gottes hatte er keinen
Sinn; und er endete sein Leben mit Selbstmord.
Gott will nicht, dass wir in der jenseitigen Welt leben, so lange Er uns im
Diesseits erhält. Bibelgläubige Christen können darum auch die Bestrebungen des
Spiritismus nicht billigen; nicht weil sie auf Wahn und Täuschung beruhten. Dass
es Medien gibt, Menschen, die veranlagt sind, mit abgeschiednen Menschengeistern
zu verkehren, kann nicht geleugnet werden. Aber diese Veranlagung ist etwas
Unnormales, eine Krankhit, die nicht sollte entwickelt und gepflegt werden. Es
war darum auch in Israel, im Gesetz Mosesstreng verboten, die Toten zu befragen
und Totenbeschwörer unter dem Volk zu dulden. 5. Mose 18, 11.
Ich möchte nun nicht die Spiritisten unserer Tagesamt und sonders zu der
Kategorie der heidnischen Totenbeschwörer und Goëten zählen, die in Israel nicht
durften geduldet werden. Es gibt unter den heutigen Spiritisten solche, die von
aufrichtiger Wahrheitsliebe beseelt und von der Überzeugung durchdrungen sind,
dass sie gegenüber dem überhandnehmenden Unglauben und materialistischen Sinn
eine göttliche Aufgabe haben, die Realität einer jenseitigen Welt und eines
Lebens nach dem Tode darzutun. Aber immerhin ist das Bestreben auch
wahrheitsliebender und frommer Spiritisten ein gefährliches, denn sie werden
leicht Lügengeistern, die sich für gute Geister ausgeben, beeinflusst und
irregeführt. Nicht umsonst warnt der Apostel Johannes: Prüfet die Geister, ob
sie von Gott sind, denn viele falsche Propheten sind ausgegangen in die Welt (1.
Joh. 4, 1) und der Apostel Paulus erklärt, Satan könne sich verstellen in einen
Engel des Lichts (2. Kor. 11, 13); und dem Timotheus schreibt er, dass in den
letzten Zeiten werden etliche vom Glauben abtreten und verführerischen Geistern
und Lehren der Dämonen anhangen (1. tim. 21, 1). Und zu solchen, die sich von
Lügengeistern und Dämonen haben beeinflussen lassen, zähle ich einen
hochbegabten und gelehrten Spiritisten der neueren Zeit, den Swedenborg, de ine
eigene Kirche gründete und heute noch eine grosse Anhängerschaft besonders in
Amerika hat.
Dass er fähig war, mit Geistern verstorbener Menschen in Verbindung zu treten
und von ihnen Eröffnung zu erlangen, die den Hinterlassenen von Wert waren und
ihnen aus Bedrängnis halfen, davon hat er unwiderlegliche Beweise gegeben. Aber
dies soll uns keineswegs veranlassen, seinen religiösen Lehren Vertrauen zu
schenken.
In der Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche von D.A. Hauck
(1907) wird uns gesagt, das er aus seinem Kanon nicht nur eine Reihe
alttestamentlicher Bücher ausschliesst, sondern auch alle Briefe des Neuen
Testaments samt der Apostelgeschichte. Wer die teuersten Vermächtnisse, die der
Herr seiner Kirche in den apostolischen Briefen gegeben hat und die uns eine
unerschöpfliche Fundgrube christlicher Wahrheit und Erkenntnis sind, also
hintansetzt und sine eigene Weisheit über dieselben stellt, der ist ein von
Lügengeistern betörter Irrgeist, von dem gilt was Paulus in oben erwähnter
Stelle an Timotheus schreibt. Es ist somit auch nicht zu verwundern, wenn
Swedenborg nur e i n e göttliche Person kennt; wenn er die Versöhnungslehre und
somit auch die Rechtfertigungslehre erwirft, ja diese für die einzige Ursache
der Finsternis in den Kirchen hält.
(Siehe in obigem Werk Bank 19, Site 189ff)
Nach dem Calwer kirchengeschichtlichen Lexikon hielt Swedenborg Engel und
Dämonen für verstorbene Menschengeister und behauptete zum Beispiel David und
der Apostel Paulus seien Dämonen geworden und König Georg II und der lasterhafte
Ludwig XIV seien Engel geworden. Überhaupt müsse Swedenborg nach seinem erst
später aufgefundenen Tagebuch geistesgestört gewesen sein.
1. Teil
Visionen und mediumistische Kundgebungen
Briefe von Julia; Licht aus dem Jenseits (S.
12 – 20)
Unter diesem Titel ist ein kleines
Buch erschienen, das in England schon viele Auflagen erlebt hat.
Eine Reihe von Botschaften über
das Leben jenseits des Grabes, durch automatische Schrift, von einer
Vorausgegangenen erhalten. Von W. Stead. Aus dem Englischen von G. Sulzer.
Julia und Ellen, zwei Frauen in der Blüte der Jahre, waren durch lebenslängliche
Freundschaft aufs innigste miteinander verbunden. Der Herausgeber schildert sie
als aufrichtige Christinnen, die sich fleissig übten in Gutes tun. Sie hatten
sich das feierliche Versprechen gegeben, dass diejenige, die zuerst abberufen
würde, der Hinterbliebenen, falls dies erlaubt sei, von Zeit zu Zeit erscheinen
werde. Julia starb und Ellen war untröstlich und sehnte sich nach einer
Offenbarung der Abgeschiedenen. Nach einigen Monaten erwachte sie plötzlich in
der Nacht und fand trotz dunkler Nacht das Zimmer von Licht erfüllt und nahe an
der Seite ihres Bettes sah sie Julia in dem Gewand, das sie bei Lebzeiten zu
tragen pflegte, strahlend von Leben, Friede und Freude. Lächelnd, aber
schweigend stand sie einige Augenblicke da und dann schwand die Gestalt langsam,
fast unmerklich dahin und Ellen war wieder allein. Einige Monate später hatte
Ellen wieder dieselbe Erscheinung von Julia; sie sah sie wieder an der Seite
ihres Bettes stehen, und wiederum verschwand sie allmählich, an der Stelle, da
sie gestanden, einen Glanz zurücklassend. Diesmal war ein Freund, Herr Stead, im
Hause anwesend, der auch die verstorbene Julia gekannt hatte.
Herr W. T. Stead ist in England wohl bekannt als mutiger Bekämpfer der
Unsittlichkeit, als eifriger Befürworter der Rechte der Buren und als
begeisterter Förderer der Idee des allgemeinen Friedens. Weniger bekannt ist,
dass er Spiritist und selbst ein Medium ist, und zwar ein automatisches
Schreibmedium; das heisst, er leiht seine Hand einer unsichtbaren Intelligenz
oder einem Geist, und schreibt unter dessen Antrieb, ohne vom Inhalt der
Geistesoffenbarung ein Bewusstsein zu haben.
Offenbar war es dem Geist der Julia nicht möglich, ihrer Freundin Ellen direkte
Mitteilungen zu machen; durch das Schreibmedium Stead aber war ihr dies möglich
geworden, und sie machte reichlichen Gebrauch davon. Die Botschaften, die Herr
Stead in dieser Weise während einer Reihe von Monaten für die Freundin Ellen
erhielt und die Offenbarungen, welche Julia später Herrn Stead selbst machte,
hat dieser in der erwähnten Schrift niedergelegt, und wir haben keine Ursache zu
bezweifeln, dass es echte Kundgebungen aus dem Jenseits sind. Was nun den Inhalt
derselben betrifft, so enthalten sie erhebende Aussagen über Gottes Natur oder
Wesen, „Er ist Liebe, Liebe, Liebe“; und dass wir diese Natur gewinnen müssen,
um in Gott und somit im Himmel zu sein. Diese Wahrheit finden wir in
zuverlässiger Weise auch in der Bibel; besonders im 1. Brief Johannes.
Aber von Gottes heiliger Majestät und dass Er ein verzehrend Feuer für den
Sünder ist, weiss Julia nichts zu sagen. Sie will Jesum gesehen haben und nennt
Ihn Herr und Heiland. Sie erklärt: “Es ist die Freude des Himmels, stets an der
Erlösung der Hölle zu arbeiten. Wir lernen immer, wie man durch Liebe retten und
durch Opfer sühnen kann. Wir müssen Opfer bringen, ohne diese gibt es keine
Erlösung.“ Ist damit nicht das einzige und ewig gültige Opfer, das unser Herr
auf Golgatha für die Sünde der ganzen Welt dargebracht hat, für ungültig, oder
doch für ungenügend erklärt?
Über jenseitige zustände sagt Julia manches Beachtenswerte, z.B. „Der Sünder
fühlt sich nach allen Seiten hin von beständig sich erneuenden Visionen seiner
Taten umgeben. Er sieht auch diejenigen, denen er Leiden zugefügt hat und
fürchtet sich.“ An anderer Stelle sagt sie uns Lebenden: „Ihr seid nie auch
nur einen Augenblick untätig, die Ewigkeit zu beeinflussen. Ihr selbst bildet
euch die Welt des Jenseits in eurer irdischen Welt in weit höherem Masse, als
ihr euch vorstellt.
Am Webstuhl der Zeit webt ihr in der Fabrik dieser irdischen Welt. Ihr macht
euch euer zukünftiges Leben und ihr macht es hier auf dieser irdischen Welt. Ich
tut dies Tag für Tag und Stunde für Stunde. Ihr formt hier euer zukünftiges
Leben.“ Diese Wahrheit, die uns die Wichtigkeit und Verantwortlichkeit unseres
irdischen Lebens so lebendig zum Bewusstsein bringt, findet sich auch bei
anderweitigen Offenbarungen aus dem Jenseits. Über ihren Zustand sagt sie
folgendes:
Ich bin hier in einem seligen Zustand, wie wir es uns nie auf Erden vorzustellen
vermochten. Ich bin mit allen meinen Freunden, die vorangegangen sind, beisammen.
Niemand scheint alt zu sein. Wir alle sind jung, wie mit unsterblicher Jugend
angetan. Wir können, wenn es uns gefällt, den alten Körper oder die geistige
Form desselben wieder anziehen, wie man seine alten Kleider wieder umlegen kann,
um sich eher erkenntlich zu machen. Unsere neuen geistigen Körper sind jedoch
jung und schön; das schönere Abbild dessen, was wir auf Erden waren, so das wir
den neuen Körper an der Ähnlichkeit mit dem alten erkennen, trotzdem er sehr
verschieden ist. Die entkörperte Seele legt bald dieses neue Gewand er Jugend
an, von dem alle Gebrechlichkeiten entfernt sind. – Wir werden nie müde, und
fühlen auch kein Bedürfnis zu schlafen, wie auf Erden, noch wünschen wir zu
essen oder zu trinken; denn alle diese Dinge sind nur für den materiellen Körper
notwendig; hier brauchen wir sie nicht. Hier überall ist Schönheit Freude und
Liebe. Liebe, Liebe ist das Geheimnis des Himmels. Gott ist die liebe und wenn
du in Liebe aufgehst, findest du dich wieder in Gott.
Wenn nun aber Julia es für ihre Aufgabe hielt, ihr Schreibmedium, Herrn Stead,
zu veranlassen, ein Bureau einzurichten, vermittelst dessen Lebende mit ihren
verstorbenen Angehörigen in Verbindung treten und von ihnen Offenbarungen aus
dem jenseits erlangen könnten und umgekehrt durch das jenseitige Geister ihren
Hinterlassenen Botschaften zusenden können, - so muss jeder Bibelgläubige dies
Bestreben für eine schwere Verirrung halten.
Julia gibt zwr zu, das Bureau könnte von manchen Diesseitigen missbraucht werden
und könnte ihnen zum Schaden gereichen. Aber für die Mehrheit, meint sie , wäre
der Nutzen, der Gewinn doch so gross, so überwiegend, dass sie es für ihre
Pflicht hält, ihren zögernden Freund ernstlich zu drängen, dies Bureau
unverzüglich einzurichten. Julia setzt sich damit in Widerspruch nicht nur mit
dem erwähnten alttestamentlichen Verbot im Gesetz Moses, die Toten zu befragen
(5. Mose 18,11), sondern auch mit der Lehre Jesu. Der reiche Mann im Hades
wünschte ja, seinen lebenden Brüdern möchte eine Botschaft aus dem Jenseits
gebracht werden. Die Antwort, mit der Abraham dies Begehren abweist, ist uns
bekannt.
Und in der Tat, wenn Gott eine derartige Einrichtung eines Verkehrs zwischen
Lebenden und Abgeschiedenen für heilsam erachtet hätte, hätte Er gewartet, bis
es einem jenseitigen Geist eingefallen wäre, eine solche Anstalt einzurichten?
Julias Bestreben scheint mir ein Beweis zu sein, dass sie, wenn auch schon dem
Lichtreiche angehörig, sich noch in niederen Sphären bewegt. Hätte sie schon zu
höheren Sphären bewegt. Hätte sie schon zu höheren Sphären Aufnahme gefunden, so
hätte sie das Verkehrte ihres Strebens einsehen müssen. Sie scheint überhaupt
keine Einsicht zu haben von der Entwicklung des Reiches Gottes auf Erden,
Wiederkunft des Herrn, erste Auferstehung, Millenium, allgemeine Auferstehung
und Weltgericht – von diesen zukünftigen Ereignissen scheint sie kein
Bewusstsein zu haben. „Unser Lebenszweck, erklärt sie, sei den Gott in unserm
Innern zu erwecken und zu entwickeln2. Dies lautet pantheistisch. Der gläubige
Christ wird erleuchtet vom Heiligen Geist, der uns in die Wahrheit leitet, der
Christum in uns verklärt und durch dessen Einwohnung wir der göttlichen Natur
teilhaftig werden.
Seitdem ich obiges geschrieben habe, ist die Kunde gekommen, das Herr Stead bei
Titanic Katastrophe umgekommen ist. Ersoll ein Bewusstsein davon gehabt haben,
das er nicht eines natürlichen Todes sterben werde, aber nicht davon, das er in
der grausen Tiefe des Ozeans sein Grab finden werde. Er soll die Musikbande der
Titanic veranlasst haben, vor dem Untergang des Schiffes das schöne Lied zu
spielen: „Näher mein Gott zu dir, näher zu dir.“
Die Offenbarungen, die er von Julia und andern jenseitigen Geistern erhielt,
zeigen uns, wie sehr wir auf der Hut sein müssen, dass wir uns von solchen
Kundgebungen nicht irre führen lassen, und dass es nicht unsere Aufgabe und
nicht dem Willen Gottes gemäss ist, einen Verkehr mit den Geistern von
Verstorbenen zu unerhalten. Damit soll jedoch nicht gesagt werden, dass alle
Offenbarungen aus dem Jenseits sollen unbeachtet und abgewiesen werden. Es gibt
Menschen, die dazu beanlagt sind, ohne künstliche Mittel solche Offenbarungen zu
vernehmen. Schon viele Fromme, besonders Sterbende, haben herrliche Blicke in
die himmlische Welt erlangt. Warum sollten wir diese nicht beachten? Denken wir
an Stephanus, der den Himmel offen und die Herrlichkeit Gottes sah und Jesum
stehen zur Rechten Gottes (Apostelg. 7, 55), an Paulus, der in den 3. Himmel und
ins Paradies entrückt wurde (2. Kor. 12, 2 ff). Ähnliche Visionen sind schon
vielen Gotteskindern zuteil geworden und wir tun gewiss wohl daran, zur Stärkung
unseres Glaubens und zur Belebung unserer Hoffnung solche selige Erfahrungen zu
beachten.
Und auch wohlbeglaubigte Offenbarungen aus dem düsteren Totenreich, aus den
Regionen der Unseligen mögen Zweiflern und Spöttern zur Erschütterung dienen. Es
mag der göttlichen Ökonomie entsprechen, dass in unserer materialistischen Zeit
des völligen Unglaubens und der Gottentfremdung mehr als zu anderen Zeiten
solche Kundgebungen gewährt werden. Der Zweck dieser Blätter ist, solche aus der
himmlischen Welt sowohl als aus der höllischen Welt bekannt zu machen. Mögen sie
den Gläubigen dazu dienen, völligen Ernst zu machen mit der Zubereitung auf die
himmlische Welt;und mögen sie durch Gottes Gnade vielen Ungläubigen zur Warnung
und Bekehrung dienen!
Pfarrer
Blumhardt’s Kampf mit der Macht der Finsternis
(Seiten 20 - 25)
Grauenvolle Blicke in die höllische Welt erhielt Pfarrer Blumhardt (Vater)
während seines zweijährigen Kampfes um Heilung und Befreiung einer von Dämonen
und unseligen Menschengeistern besessenen Jungfrau Gottliebin Dittus zu
erlangen. Blumhardt war damals Pfarrer von Möttlingen und führte diesen Kampf
mit grosser Nüchternheit und Vorsicht. Dass er kein Schwärmer war, das wissen
alle, die diesen Mann – man kann wohl sagen von europäischem ruf – kannten. Die
Gottliebin sah während ihrer Krankheit oft ein zwei Jahre zuvor verstorbenes
Weib mit einem toten Kind auf den Armen bei ihrem Bette stehen und sich gegen
sie bewegen mit den Worten: „Ich will eben Ruhe haben“. Ruhe für ihre Seele
hatte sie vielfach zu Lebzeiten gesucht. Sie kam oft ins Pfarrhaus, um den
Pfarrer seelsorgerlich zu beraten. Nach ihrem Tod fuhr sie um Ruhe zu finden in
die Gottliebin. Als Blumhardt davon Kenntnis erhielt und bei der Gottliebin
unheimlich Bewegungen wahrnahm und eine fremde Stimme aus ihrem Munde hörte,
fragte er (voraussetzend, dass es jene Person sei): „Hast du denn keine Ruhe im
Grabe?“ „Nein! Ich habe zwei Knaben im Acker begraben.“ „Weißt du den keine
Hilfe mehr? Kannst du nicht beten?“ „Beten kann ich nicht.“ „Kennst du Jesum
nicht, der Sünden ergibt?“ „Den Namen kann ich nicht hören. „Bist du allein?“
„“Nein“ “Wer ist bei dir?“ „Der Allerärgste“ usw. Sie klagte sich auch der
Zauberei an, um deren willen sie auch gebunden sei. Schon siebenmal sei sie
ausgefahren, jetzt gehe sie nicht mehr heraus. Blumhardt erklärte ihr, in der
Gottliebin dürfe sie nicht bleiben, sie müsse ausfahren. Bei späteren Besuchen
flehte sie dringend, Blumhardt möge für sie beten, damit sie vollends aus des
Teufels Gewalt befreit werde, in die sie fast unwissend durch getriebene
Sympathie und Zauberei gefallen sei und dass sie irgendwo einen Ruheort erhalte.
Sie wolle des Heilandes und nicht des Teufels sein. „Darf ich nicht in die
Kirche gehen?“ fragte sie. Blumhardt sagte: Wenn du mir’s versprichst, dass du
niemals stören und nie dich sichtbar machen willst und unter der Voraussetzung,
dass Jesus es erlaubt, habe ich nichts dagegen.2 Sie gab sich zufrieden und fuhr
dem Anschein nach freiwillig aus. Zuvor schon waren Hunderte von Dämonen aus der
Besessnen ausgefahren. Blumhardt sagt: „Was ich im Geist und Gemüt damals
ausgestanden habe, lässt sich mit keinen Worten beschreiben“. Die Beschwerden
und Qualen, welche die Dämonen ihrem Opfer verursachten, sind grauenerregend.
Und noch war das Schwerste nicht überstanden. Die nähere Beschreibung dieser
Erlebnisse sind zu lesen in einer Schrift, deren Titel lautet: „Die
Teufelaustreibung in Möttlingen“, herausgegeben von Thomas Freimann, Verlag von
Karl Rohm in Lorch (Württemberg) 1910. ((oder auch andere Verlage – siehe auch
unsere www-page, unter Joh. Chr. Blumhardt)).
Blumhardt berichtet: Das Schlimmste war, dass jetzt auch der halbblinde Bruder
und Katharina, eine Schwester der Gottliebin, von diesem Zustand ergriffen und
besessen waren. Er hatte nun für diese drei besessenen Geschwister zu gleicher
Zeit den verzweifeltsten Kampf zu kämpfen; aber er hatte auch den Vorsatz, alles
zu wagen, zu siegen oder zu sterben. Er fastete, wache, betete, rang mit Gott
vierzig Stunden lang. Der Bruder war am schnellsten wieder frei. Auch Gottliebin
schien endlich frei zu sein. Desto schlimmer stand es mit Katharina; sie war so
rasend geworden, dass sie nur mit grösster Anstrengung festgehalten werden
konnte.
Sie drohte Blumhardt zu zerreissen; er durfte nicht wagen, ihr nahe zu treten.
Auch mache sie unaufhörlich Versuche, sich den Leib aufzureisen. Listig lauerte
sie umher, ob sie nicht an denen, die sie festhielten, etwas Grässliches verüben
könne. Dabei plärrte sie so fürchterlich, als ob Tausende von Lästermäulern in
ihr vereinigt wären.
Bei scharfen Ermahnungen gewann ihr eigner Sinn wieder die Oberhand, so dass sie
klagte, sie könne nicht anders werden und handeln, man möge sie nur recht fest
halten, dass nichts Böses durch sie geschehe. Daneben liess sich wieder der
Dämon aus ihr vernehmen, der sich als einen vornehmen Satansengel ausgab und als
das oberste Haupt aller Zauberei. Plötzlich, gegen 12 Uhr um Mitternacht vom 27.
auf 28. September 1843 war es, als erblickte er den geöffneten Feuerschlund und
aus der Kehle des Mädchens ertönten gegen eine Viertelstunde dauernd ein Schrei
der Verzweiflung mit einer Stärke, als müsste das Haus zusammenstürzen. Dabei
befiel die Besessene ein so starkes Zittern, dass es war, als wollten sich alle
Glieder vom Leib abschütteln. Viele Bewohner des Ortes hörten das Jammergeschrei
und vernahmen im Freien die Worte: „In den Abgrund! In den Abgrund!“ Endlich um
2 Uhr nach Mitternacht kam der ergreifendste Augenblick. Der Satansengel brüllte
mit einer Stimme, die man kaum aus einer menschlichen Kehle für möglich halten
sollte, die Worte heraus:
“Jesus ist Sieger! – Jesus ist Sieger!“
und damit war die Macht des Dämons gebrochen. Das Mädchen wurde ruhig; die
krampfhaften Bewegungen hörten nach und nach auf. Die Katharina war bald wieder
völlig hergestellt. Die schweren Gebrechen der Gottliebin, die den Ärzten wohl
bekannt waren, gegen die sie aber nichts ausrichten konnten (die hohe Site, der
kurze Fuss, die Magenübel, die entsetzlichen Blutungen usw.) wurden gänzlich
gehoben und damit war der zweijährige Kampf zu Ende gekommen.
Die Wiederherstellung der Gottliebin wurde als ein wirkliches Wunder Gottes
betrachtet. Ihr christlicher Sinn, sagt Blumhardt, hat auch auf eine erfreuliche
Weise zugenommen, so dass sie ein gesegnetes Werkzeug für viele wurde. Als eine
Kleinkinderschule errichtet wurde, konnte Blumhardt keine geeignetere Person als
die Gottliebin für dieselbe finden, denn sie hatte eine besondere Gabe, mit
Kindern umzugehen. In späteren Jahren hat sie sich verheiratet mit einem Herrn,
der bei Blumhardt Heilung fand und der sich in seiner Anstalt in Bad Boll
niederliess.
Die Seherin von
Prevorst (Seiten
25 – 29)
Dass unselig Verstorbene bei lebenden Hilfe und Ruhe suchen, das hat die Seherin
von Prevorst, eine Frau Hauffe in Weinsberg (Württemberg), reichlich erfahren.
Sie war medial beanlagt und darum befähigt, mit Verstorbenen in Rapport zu
treten.
Der bekannte Dr. Justinus Kerner hat ihre Erlebnisse ausführlich beschrieben.
Aus denselben geht hervor, das Unselige, die in den Regionen des Zwischenreiches
Jahrzehnte, ja Jahrhunderte lang in Finsternis und Jammer gebunden waren, durch
ihre Vermittlung Hilfe und Trost suchten. Es wird von einem Geist erzählt, der
der Seherin sieben Tage lang in wachendem, sowie in schlafwachem Zustand
erschien bei Tag und bei Nacht. Er hatte eine schwere Schuld auf sein Gewissen
geladen und war dabei von einem Wahn befangen, der ihn nicht zur Ruhe kommen
liess.
Sie wies ihn auf das Wort Gottes und belehrte ihn, dass nur der Heiland sein
Erlöser sein könne, dass er im Gebet zu Ihm sich wenden müsse. Sie betete selbst
stundenlang mit ihm. In der siebenten Nacht gegen Mitternacht erschien der Geist
zum letzten Mal, dankte ihr, das sie ihn zum Erlöser geführt und kündigte ihr
an, dass die Stunde seiner Befreiung komme. Er kniete vor ihrem Bett und betete
mit ihr zum letzten Mal. Seine Gestalt war um vieles lichter und freundlicher
anzusehen. Auf einmal erschienen sieben Kinder, weiss, freudig und licht; - es
waren seine Kinder. Sie schlossen einen Kreis um ihn und sangen in
unbeschreiblich schönen Tönen. Der Geist sang mit und die Seherin auch. Dann
nahmen die zwei grossen Kinder den Vater bei der Hand und schwebten mit ihm und
den andern dahin.
Aus diesem Erlebnis, wie aus andern Erfahrungen, die Frau Hauffe im Umgang mit
Geistern machte, zieht der Berichterstatter folgende Wahrnehmungen.
Die Seelen der Abgeschiedenen, die in den unteren Regionen des Zwischenreiches
verweilen, können Töne, Bewegungen, Geräusche verursachen. Sie tun es, um die
Aufmerksamkeit der Lebenden rege zu machen. Sie erscheinen in der Gestalt und
Kleidung, die sie bei ihren Lebzeiten trugen. Sie sprechen die Lebenden um Hilfe
an, verlangen gewisse Dienstleistungen und werden zornig, wenn man ihnen diese
verweigert. Sie lassen sich aber auch belehren, von Wahn und Irrtum abbringen
und zur einzigen Quelle alles Heils, zum Heiland sich hinweisen. Sie lernen
beten und empfinden auch die Kraft und Wirkung des Gebets. Wenn der von den
Lebenden erhaltene Unterricht auf einen gewissen Grad gediehen ist, werden sie
lichter und freundlicher, nehmen dankend Abschied und schweben einer besseren
Stufe ihres Daseins entgegen.
Ihre Stimme ist keine eigentliche Menschenstimme; sie sprechen hohl und wie
hinhauchend, einem leisen Wehen gleich. Sie sehnen sich in ihrem ruhelosen,
unglückseligen zustand nach Ruhe und Erlösung, irren aber in den Mitteln, sie zu
erlangen.
Gott versetzt die Selen, die in unbussfertigem Zustand in die Ewigkeit
übergehen, die aber gegen die Wirkungen des göttlichen Lichtes und der
göttlichen Liebe nicht völlig unempfänglich sind, in die unteren Gegenden des
Zwischenreiches, wo sie solchen Züchtigungen unterworfen werden, die ihrem
Seelenzustande angemessen sind. So verschieden die Selenzustände sind, so
verschiedenartig sind auch die Zuchtmittel. Es sind mehr oder minder scharfe
Läuterungen, die geeignet sind, sie zur Busse und zur Sinnesänderung zu führen.
Aber oft hält es sehr schwer und erfordert lange Zeit, bis Gottes Absicht mit
ihnen erreicht ist. Wenn sie aber die göttliche Gerechtigkeit anerkennen und
sich demütigen lassen, so werden sie in bessere Gegenden versetzt und s werden
ihnen selige Geister gesandt, die sie im Erlösungswerk Christi unterrichten und
sie anleiten, was sie tun müssen, um von der Sünde befreit zu werden und die
Seligkeit zu erlangen. Ihr ganzes Erdenleben mit allen ihren Gedanken, Reden und
Handlungen wird ihnen zum Bewusstsein geführt; sie müssen einsehen, wo und wie
sie gefehlt und gesündigt haben und welche Gnadenmittel Gott angewendet hat, um
sie vom Bösen abzulenken und sie zur Busse zu leiten.
Aber nicht alle Seelen werden dadurch zu bussfertigen Gesinnungen gebracht.
Diejenigen, bei denen das Böse so in ihrem Willen eingewurzelt ist, dass sie es
nicht lassen können noch wollen, geraten in völlige Verstockung und stürzen
allmählich zur Feuerhölle hinunter, aus der keine Rettung mehr möglich ist.
Eine Frage drängt sie hier auf: Warum wenden sich Seelen der Verstorbenen an
lebende Menschen, um Tost und Belehrung von ihnen zu erlangen? Es ist dies ohne
Zweifel gegen die göttliche Ordnung, denn dazu sind selige Geister und Engel
bestimmt, um solchen Unseligen, die sich nach Erlösung sehnen, beizustehen.
Gewöhnliche Menschen sind dazu auch nicht befähigt. Ausnahmsweise jedoch scheint
s Gott nach seiner Barmherzigkeit zu gestatten, dass Unselige bei dazu
veranlagten Menschen Hilfe suchen. Eine solche Person war die medial veranlagte
Frau Hauffe. Gott liess sie gewähren, den unseligen Geistern, die bei ihr Trost
und Hilfe suchten, zu dienen. Dass dies aber für sie etwas Unnatürliches war,
geht daraus hervor, dass sie spürte, wie die Geister, mit denen sie in Rapport
trat, Lebenskraft von ihr einsogen, so dass sie sich nach dem Verkehr mit ihnen
sehr ermattet fühlte. Hüten wir uns drum, ohne besonderen Beruf uns mit solchen
unglücklichen Wesen einzulassen. Begehren sie unsere Hilfe, so mögen wir sie der
Gnade und Barmherzigkeit Gottes in Jesu anbefehlen.
1. Teil
Visionen und mediumistische Kundgebungen
S. 29 ( - 34)
Somnambulen
Blicke ins Jenseits geben uns die Somnambulen, die Hellsehenden, welche Blicke
in die jenseitige geistige Welt erhalten. Im Zustand des Hellsehens sind
gewöhnlich die äusseren Sinne verschlossen. Während die Seele in tiefem
Schlafzustand liegt, erwacht ein innerer Sinn, der sie befähigt, die jenseitige
Welt zu schauen, mit der Geisterwelt in Verbindung zu treten und aus dieser
Offenbarungen zu erhalten. Dabei sind sie befähigt, Mitteilung zu machen von
(S.30) dem, was sie empfinden und wahrnehmen. Bei ihrem Erwachen aber haben sie
meistens kein Bewusstsein und keine Erinnerung von dem, was sie geschaut und
erlebt haben. Verdienen solche Offenbarungen Beachtung und Glauben? Es war
gewiss nicht ohne göttliche Fügung, dass, als im vorletzten Jahrhundert der
Rationalismus und Materialismus alles beherrschte und die Wahrheiten des
göttlichen Wortes als unvereinbar mit der Vernunft hinstellte, die Erscheinungen
des Somnambulismus sich kundgaben und Aufsehen erregten. Vernehmen wir, was der
bedeutende Theologe Oelitsch in seiner biblischen Psychologie über diese
Erscheinungen sagt: „Es ist immer die Grenze des Diesseits und des Jenseits, auf
welcher die Somnambulen sich befinden, das eine Mal nach göttlicher Fügung, das
andere Ml unter menschlicher Vermittlung (durch magnetische Behandlung) dorthin
versetzt. Der wahre religiös-sittliche Grund eines auf sich selbst
zurückgezogenen und darum mächtig potenzierten Innern, welcher sich im
Wachzustande nicht zu offenbaren vermag, wird offenbar, und es sind wirklich
Gottes- und Geisterwirkungen, welche auf die hellsehenden ausgehen und in ihrem
nach dem Jenseits erschlossenen Innern sich abspiegeln. Insofern liegt in dieser
Erscheinung eine Beschämung des materialistischen Unglaubens und, da (S.31)
überall den religiösen Somnambulen das verschiedne jenseitige Geschick der
Frommen und der Gottlosen in einer göttlichen Heiligkeit entsprechenden Weise
sich darstellt, so liegt darin ein gellender Ruf zur Busse. Auch ist nicht zu
leugnen, dass die Aussagen aller Somnambulen in gewissen visionären Tatsachen
zusammentreffen, welche mit der Heiligen Schrift zusammengehalten, das Zeugnis
dieser bestätigen, oder als erfahrungsmässige tatsächliche Erläuterung desselben
gelten können. Abgesehen von diesen Grundtatsachen bemisst sich der Wert der
Aussagen nach der Stellung, welche die Somnambulen im tiefsten Grunde ihres
Herzens zum Worte Gottes und zum Erlöser haben.
Aber die physische Basis des Somnambulismus ist immer eine chronisch-krankhafte;
diese wirft in das Hellsehen oft ihre finstern Schatten. Das jenseitige, das
sich wirklich objektiv zu schauen gibt, erleidet, wegen des krankhaften
Hintergrundes des erschlossenen inneren Sinnes, eine mehr oder minder
entstellende Brechung. Auch mischen sich unter die guten Geister böse, die sich
in das Gesichtsfeld eindrängen, um die Seher und durch sie andere zu äffen; und
bei der geistigen Überlegenheit, deren die Hellsehenden sich bewusst sind, regt
sich nur zu leicht, und von der Umgebung häufig in unverantwortlicher Weise
gereizt und genährt, die Sünde aller Sünden, die Sünde hoffärtiger
Selbstbespiegelung. -
(S. 32)
So gehen in den Aussagen der Somnambulen göttliche, subjektivistische und
dämonische Elemente durcheinander. Es wäre Abfall von Gottes Wort, sich auf
solche Aussagen, wie auf göttliche Offenbarungen zu stützen, aber nicht minder
wäre es Selbstverblendung gegen die Zeichen der Zeit, dem Erfahrungsbeweise für
die biblische Offenbarungswahrheit, dem Bussrufe und dem Posaunenstosse des
kommenden Gerichts, welche in dieser Erscheinung liegen, Kenntnisnahme und
Anerkennung zu versagen. Dass sie psychologisch unendlich lehrreich ist, liegt
am Tage.“
Aus diesen Darlegungen des erleuchteten Theologen Delitsch, der die
Erscheinungen des Somnambulismus gründlich prüfte, ergibt sich, dass dieselben
Beachtung verdienen; dass wir Offenbarungen über jenseitige Zustände Glauben
schenken dürfen, wenn dieselben von verschiedenen hellsehenden gemacht werden
und ihre Aussagen übereinstimmen, hauptsächlich wenn sie mit der Bibel im
Einklang sind.
Aber vielfach sind auch ihre Visionen gefärbt durch ihre subjektiven Meinungen
und Anschauungen; sie sind verschieden, wenn die Somnambulen katholisch oder
protestantisch oder indifferent sind. Daraus ergibt sich, dass wir die (S. 33)
objektive Realität ihres Schauens nur in sehr bedingter Weise anerkennen dürfen.
Und auch wenn Somnambulen glauben, den Thron der göttlichen Majestät und
Herrlichkeit zu schauen, so sind solche Visionen als blosse Phantasmen zu
betrachten. Öfters kommt es vor, dass sie von jenseitigen Dingen Anschauungen
haben, denen symbolische Bedeutung, nicht aber objektive Realität zukommt.
Besonders aber müssen wir uns hüten vor Offenbarungen, die von einem Lügengeist
herrühren; und darum, was nicht mit dem Wort Gottes übereinstimmt, abweisen.
Auf der andern Seite aber gibt sich bei frommen Somnambulen in ihrem
schlafwachen Zustand eine Erhebung des Geistes kund, die uns in Erstaunen
versetzt. Die stumpfen und bedeutungslosen Gesichtszüge veredeln sich und durch
die Hülle des alten, gewöhnlichen Daseins scheint plötzlich ein neuer Mensch
hindurchzublicken. Schlichte Menschen aus den untersten Ständen, ungebildete
Mädchen und Frauen, denen im natürlichen Wachen das gewöhnliche Vermögen
angemessenen Ausdrucks und fliessender Sprache gebricht, zeigen in jenen
Zuständen eine Begeisterung, eine Sicherheit und Tiefe des religiösen und
sittlichen Urteils und einen originellen oft poetischen (S. 34) Schwung der
Rede, dass hochgebildete Leute sich vor ihnen schämen müssen. Der innere Mensch
gibt sich da kund in seiner freien, ungehemmten Kraft des Denkens, Fühlens,
geistigen Auffassens und Darstellens; und was besonders zu beachten ist, das
Bewusstsein ist das hellste und intensivste Gedächtnis geworden, vor welchem
auch die verborgenen Falten und längst vergessenen Züge des bisherigen Daseins
wieder hervorleuchten. Es zeigt sich dabei, dass der Seele auch kein einziges
Wort, kein Gedanke aus der Erinnerung verloren gehe. Die schlafwachende Seele
sieht in diesem Zustand alles, was sie je getan, gedacht und geredet hat und was
ihr, so lange sie im Leibe war, geschehen im klaren Lichte. Wir können daraus
abnehmen, was wir dereinst im Zustand gänzlicher Trennung von unserer
materiellen Leiblichkeit und unserer Scheidung aus dem Erdenleben in Bezug auf
unser Erinnerungsvermögen zu hoffen oder auch zu fürchten haben.
Mitteilungen der
Somnambule Bäurle zu Weilheim (Württemberg) über jenseitige Zustände.
S. 34 /35)
Von einer frommen Tochter, die nicht durch einen Magnetiseur, also nicht auf
künstliche Weise in den schlafwachen Zustand versetzt wurde, sondern bei der
sich diese Gabe auf spontane Weise kund gab, seien nun folgende Kundgebungen
mitgeteilt.
S. 35
Phlippine Bäuerle wurde am 2. Juni 1816 zu Weilheim geboren. Sie war die Tochter
frommer Eltern. Ihre Gaben im Lernen waren ganz mittelmässig. Für alles
Religiöse hatte sie eine besondere Vorliebe. Die öffentlichen Gottesdienste
besuchte sie fleissig, nach denselben blieb sie meistens zu Hause und benützte
die Zeit mit Lesen in geistlichen Büchern. Das neue Testament und Arndts wahres
Christentum waren ihr vor allen andern besonders wichtig. Besonderes Vergnügen
fand sie darin, Arme und Notleidende zu erquicken. Dabei hütete sie sich, über
Nebenmenschen Übles zu reden. Ihre Eltern forderte sie öfters auf, sie zu
warnen, wenn sie sich im geringsten vergehe.
Der Schlaf des Hellsehens stellte sich zuerst ein im März 1832. Dabei wurde sie
von einem Führer abgeholt, der sie in das Jenseits geleitete. Dieser Führer war
ein verstorbener Bruder und ihr. Zuerst wurde sie ins Totenreich zu den
Unseligen und Verbannten geleitet und sagt darüber: Hier ist nichts als ein
schreckliches Seufzen, Murren, Wehklagen und Zähneklappen. Die Gestalten sind
mehr als abscheulich und hässlich und fast nicht zum Anschauen. Sie verwünschen
und verfluchen sich untereinander und zürnen mit Gott und dem Heiland. (S. 36)
Es herrscht hier die allerdickste Finsternis und was ich sah, kam nur von der
Helle, welche mein Führer um sich her verbreitete. Liebe Eltern und Geschwister,
rief sie aus, ich bin unvermögend, die Qual der so ewig Verdammten zu schildern.
Von einem Spötter befragt über das Aussehen der Verdammten sagte sie: Ich habe
die entsetzlichsten scheusslichsten Gestalten gesehen und viele in
abschreckenden Tierleibern, die von den Teufeln, die auch an diesen Orten der
Unseligen hausen, arg gequält werden. Gottlose, die auf der Erde Menschen und
Tiere gequält und andere Sünden verübt haben, finden keinen Moment Ruhe, ihre
Schmerzen sind fürchterlich, dazu das immerwährende Verfluchen und Anklagen, das
Toben und Auflehnen gegen Gottes Gerichte, - das alles ist mit menschlichen
Worten nicht auszusprechen. Und das lasset Euch gesagt sein, die Verstorbenen
erinnern sich in der Ewigkeit weit lebhafter und vollständiger an all ihr Tun
und Lassen in der Welt, als sie bei Lebzeiten getan. Auch jede von ihnen
unerkannte Sünde wird ihnen hier offenbar , alle Gedanken werden einem jeden
ganz deutlich und klar. Strafe, sowie Belohnung richtet sich ganz nach dem
Verhalten bei Leibesleben, denn in der andern Welt geschieht niemand um ein haar
breit weder zu viel noch zu wenig, sowohl bei den Unseligen und Verdammten als
bei den Seligen; es waltet überall die grösste Ordnung; deshalb sind auch
unendlich viele Abstufungen.
(S. 37)
Viele, die auf unserer Erde als grosse Gelehrte erscheinen und sich auszeichnen,
kommen in der andern Welt meist als Unwissende an und müssen selbst bekennen:
wir haben den richtigen Weg verfehlt. Wie werden sich die Gottesleugner und
Bestreiter eines zukünftigen Gerichts einst wundern, dass sie sich in ihren
Meinungen und Ansichten so entsetzlich getäuscht und betrogen haben! Könnten sie
einen ihrer Genossen, der nun alles aus Erfahrung kennt, nur einige Minuten lang
wehklagen und seufzen hören, es würde ihnen angst und bange werden. Mein Führer
sagt mir, dass weder die erschaffenen Engel, noch selig verstorbene Menschen,
noch viel weniger sündhafte kurzsichtige Erdenbewohner sich einen Begriff machen
können von der Allmacht, Heiligkeit, Grösse und Gerechtigkeit Gottes. Vor ihm
gilt kein Ansehen der Person; ein jeder Mensch wird nach dem Mass einer Treue
und wie er bei Leibesleben getan und gehandelt hat, gerichtet. Die Gerechtigkeit
Gottes lasse sich weder fassen noch begreifen.
Nachdem die Somnambule die Qualen der Unseligen gesehen hatte, wurde sie von
ihrem Führer in einige Sterne geführt. Dieser war ein Bruder von ihr, der als
sechsjähriger Knabe starb und seiner Schwester mitteilte, dass er als Lehrer in
der Sonne tätig sei und Kindern, die auf Erden 8 – 9 Jahre alt wären, Unterricht
erteile.
(S. 38)
In den Sternen, so erzählte die Somnambule, sei die Pracht der Gegenden
verschieden, je nach der Stufe, aber alles unbeschreiblich schön, mit
menschlichen Worten nicht auszudrücken. Berge, Täler, Seen, Flüsse, Waldungen,
Gärten, Landhäuser, Schlösser, Paläste, Städte, mit solchen auf der Erde nicht
zu vergleichen. Farbe und Duft der Blumen, Gesang der Vögel, alles über die
Massen herrliche, die Atmosphäre himmlisch erquickend.
Wenn die Somnambule vom Schlaf erwachte, war sie meist sehr betrübt darüber,
dass sie von dem, was sie gesehen und gehört, nichts mehr wisse, sich an nichts
erinnern könne. Ihr Führer aber sagte ihr wiederholt, dass hier die edelste
Weisheit Gottes zugrunde liege, dass sie für diese Welt ganz unbrauchbar wäre,
wenn sie durch eigene Anschauung im wachen Zustand sich bewusst wäre, was für
Herrlichkeiten sie gesehen.
Zu den Reisen in die Sonne und in das neue Jerusalem hatte sie zwei Führer; der
zweite war ein Vetter von ihr. Von einem Geistlichen gefragt, ob sie auch zur
Anschauung Gottes komme, erwiderte sie: (S. 39)
das wird mir nicht gestattet. Mein Führer sagt mir, in den himmlischen Wohnungen
seien viele Millionen Selige, die noch nicht zur Anschauung Gottes gekommen
sind; dies erfordere den höchsten Grad von Seeligkeit. In den Millionen von
Sternen gibt es unendlich viel Grade von Seligkeit, alle sind bewohnt von
erschaffenen Engeln und selig gestorbenen Menschen aus allen Nationen.
Freilich werde unter denjenigen, die das offenbarte Wort Gottes gehabt und nicht
danach gelebt haben ein grosser Unterschied gemacht mit denen, die dasselbe
nicht gehört, aber der Stimme ihres Gewissens und dem ihnen ins Herz
geschriebenen Gesetz Folge geleistet haben. Die ewige Weisheit wisse alles so
auszugleichen, dass wir uns nur wundern müssen. So seien denn auch in den
Sternen grosse Gebäude, welche Versammlungssäle genannt werden. Die Säle selbst
seien sehr gross und prächtig anzuschauen. Die Lehrer, welche dort tätig sind,
reden in einer Sprache, die ich nicht verstehe. Ihr Angesicht und ihre Kleider
glänzen wie die Sonne, kein Sterblicher würde ihren Anblick ertragen, wenn er
nicht zum voraus dazu befähigt wird. Auch die Musik ist so wunderbar schön, dass
sie gar nicht zu vergleichen ist mit irdischer Musik. Die Liebe, Eintracht und
Glückseligkeit und die freundschaftlichen Beziehungen, welche zwischen Engeln
und selig verstorbenen
(S 40) Menschen bestehen, ist in menschlicher Sprache nicht möglich
auszudrücken. Erstere haben feste Körper, letztere aber nicht, denn deren
angenommene Leiber sind zu sehr verfeinert und ätherisch. (Hiermit ist die Hülle
gemeint, mit welcher die Seele im Zwischenzustand vor der Auferstehung angetan
ist.) Alle glänzen mehr oder weniger je nach dem Grad ihrer Seligkeit. In der
Sonne ist dieselbe grösser als in den Sternen, die ich bereiste. Dort sind auch
wunderschöne Gegenden und eine Stadt mit zwölf Toren; dieselben sind von
Edelsteinen, aber nicht zusammengefügt, sondern jedes wie aus einem Gusse und
von verschiedenen Farben, alle in Strahlen erglänzend und weit herum sichtbar.
Die Strassen sind wie aus lauter Gold gepflastert. Auch ein Tempel ist da, von
bewundernswerter Grösse, Glanz und Schönheit. Im Innern ist eine Galerie, die
ringsherum geht und welche für die Sänger und Harfenspieler ist.
Nachdem die Somnambule mehrere Sterne bereist hatte, was aber stets nur kurze
Zeit dauerte, wurde sie von ihren beiden Führern in die Sonne geleitet und
berichtet darüber folgendes: Die Pracht, die sich hier meinen Blicken darbietet,
übertrifft alles bis jetzt Gesehene. Wie leid tut es mir, dass ich die
Schönheiten nicht mit Worten ausdrücken kann. Je höher, desto herrlicher und
schöner; aber auch je höher die Seligkeit, desto weniger die Zahl der Seligen.
Wer hierher kommt, wird von Engeln mit Musik und Gesang abgeholt. Mein Führer
sagt mir, es sei gar nicht möglich, dass ein Seliger, sei es ein Engel oder auch
ein verstorbener Mensch, sich über die Grösse, Allmacht, Heiligkeit, Liebe, aber
auch Gerechtigkeit, alles was zu seiner Gottheit gehöre, satt sehen oder
dieselbe erforschen könne; aber er komme zu einer immer grösseren und tieferen
Ehrfurcht gegen Gott und dies erhöhe seine Seligkeit. O dass doch die Menschen
das Gebet nie versäumen würden, denn dies hat zur Folge, dass die Welt und der
Teufel freien Zutritt erhalten und sie daran hindern, ihre Knie vor dem
Allmächtigen zu beugen. Aber die Spötter werden noch bekennen müssen, dass Er
der Herr ist, der Lebendige und Tote richten wird. Derjenige, welcher die
Seligkeit erlangt, wird zwar um des Verdienstes Jesu Christi willen aus lauter
Gnade und Barmherzigkeit selig; aber andererseits ist die Seligkeit doch auch
eine Belohnung lebendigen Glaubens und der Gottseligkeit. – Die Leute wollen es
nicht glauben, wie genau es Gott mit der Sünde nimmt; von den allergröbsten und
solchen, die man nicht mit Worten nennen mag, gar nicht zu reden. Auch an den
Tieren tun sich die Menschen schwer versündigen; wer hart und unbarmherzig gegen
dieselben ist, zieht sich ein Gericht zu; es sind Geschöpfe von Gott erschaffen
und von Ihm gekannt. Müssen sie getötet werden, so soll es auf die
schmerzloseste Art geschehen.
(S. 42)
Wenn die Erdenbewohner die Grösse Gottes nach der ihnen von Gott geschenkten
Vernunft beachten würden, wenn sie mit offenen Sinnen das Firmament, Sonne, Mond
und Sterne betrachten würden, so sollte es gar nicht möglich sein, dass es noch
einen Gottesleugner auf Erden geben könnte. Solche Menschen, die Gott verleugnen
und also auch die Unsterblichkeit der Seele nicht anerkennen, haben keine
besonderen Schutzengel mehr; sie werden derselben nicht mehr für würdig
geachtet. Glaube ja niemand, dass Gott nur im mindesten etwas entgeht; der
geringste Wurm und das unserm Auge kaum sichtbare Insekt ist Ihm nicht
unbekannt, wie viel weniger Menschen, für die Jesus, um sie zu retten, sein
Leben in den Tod dahin gegeben hat. Weshalb gibt es so viele, die Freude daran
haben, andere mit ihrem Unglauben anzustecken und ins Verderben zu ziehen?
Lehrer, welche durch ihre Reden oder ihren Wandel die Jugend auf Abwege bringen,
laden auf sich Gericht und Verdammnis, denn die Seelen derer, die dadurch
verloren gehen, werden von ihnen gefordert werden. Welch entsetzliche
Verantwortung! Was aber die Lehrer betrifft, die das Wort Gottes verkündigen und
durch ihren Eifer und Treue im Dienste des Herrn mehrere zur Seligkeit führen,
so haben diese ausserordentlich viel voraus; ebenso auch gutgesinnte und
gottesfürchtige Regenten.
(S. 43)
Über die Sonne und die Sterne berichtet sie folgendes
Alle Sterne, die wir sehen, sind bewohnt, und von der Sonne aus erblickt man
noch Millionen von Sternen, die von den Menschen nicht gesehen werden können.
Wenn ich die Sonne nach dem einzelnen, was mir gezeigt wurde und nach
menschlicher Weise bereisen wollte, so hätte ich nach Aussagen meiner Führer
viele tausend Jahre damit zuzubringen. In der sonne befindet sich auch das
Kinderreich, das je nach dem Alter in viele Abteilungen geteilt ist. Die Kinder
haben Lehrer und bis zu ihrem neunten Jahre auch Wärterinnen und Aufseherinnen.
Sie kommen hier im Stande des Wachstums zu einer immer grösseren Vollkommenheit
und so auch die Lehrer, Wärterinnen und Aufseherinnen. Kinder von allen
Nationen. Kinder von allen Nationen vom ganzen Erdkreis sind hier beisammen.
Einen schöneren und lieblicheren Anblick kann sich kein Mensch vorstellen, als
diese kleinen, seligen Geister in den Gärten und auf den Spielplätzen
herumspringen und sich freuen zu sehen. Und welch eine Liebe und Eintracht
herrscht unter diesen Kindern. (S. 44)
Sie sind alle weiss gekleidet und mit rosafarbenen Bändern verziert. Engel und
selige Geister kommen oft um sie zu besuchen, denn alle haben eine grosse
Freude, die Kinder zu sehen und sich mit ihnen zu beschäftigen. Die Entfernungen
haben in der jenseitigen Welt nichts zu bedeuten. Die seligen Geister wandern
weit schneller als ein Blitz. Schon der Wunsch, da oder dort zu sein, versetzt
sie dahin. Das Kinderreich macht einen sehr grossen Teil des Reiches Gottes aus.
Die Mutter Jesu, des Sohnes Gottes, hat die erste und höchste Aufsicht über die
Kinder. Sie ist eine Königin über dieselben, ihr Angesicht und ihre Kleidung und
ihre Krone mit Edelsteinen und Perlen geziert glänzen wie die Sonnenstrahlen. Es
wurde der Seherin auch geoffenbart, dass Jesus drei Jahre früher als nach
unserer Zeitrechnung geboren sei, und zwar den 30. Dezember morgens zwischen 3
und 4 Uhr.
Als sie ihre Führer fragte, was das Los der Heiden, Juden und Mohammedaner sei,
welche ohne Kenntnis des Evangeliums sterben, so wurde sie belehrt, Gott richte
diese nach ihrer Gewissenstreue und nach dem einem jeden in sein Herz
geschriebenen Gesetz. Der allwissende Gott wisse zum voraus, wie weit ein jeder,
wenn er in dem ganzen geoffenbarten Worte Gottes unterrichtet worden wäre,
gekommen sein würde; nach diesem wird er gerichtet. In dem Monde seien für diese
besondre Lehranstalten angelegt, woselbst ihnen der Sohn des Allerhöchsten nach
seiner Gottheit und nach seinen Verdiensten für die Menschheit bekannt gemacht
werde.
(S. 45 / 46)
Den 7. Januar 1833 wurde sie vom seligen Johann Arndt zur Reise in das neue
Jerusalem im Beisein von ihren beiden Führern und zwei Engeln eingesegnet auf
einem Berge in der Sonne. Die Handlung ging in einem Tempel auf diesem Berge
vor. Ehe sie in den Tempel eingeführt war, wurde ihr von den Engeln ein
stärkendes Wasser zu trinken gegeben. Arndt erschien auf einmal mit einer Krone
auf dem Haupte und mit solch hoher Würde, dass ich es kaum aussprechen kann. Die
Worte, mit denen er mich segnete, lauteten wie ein Donner. Dem ungeachtet war er
gegen mich und gegen die vier Zeugen voll lauterer Liebe und Freundlichkeit. Ich
dachte nachher bei mir, wenn die Diener so sehr erhaben und herrlich sind, wie
muss der Herr selbst sein? Über das neue Jerusalem sagte sie: Wäre ich dazu
nicht bei meiner Einsegnung besonders gestärkt worden, ich könnte diese
Herrlichkeiten unmöglich ertragen. Ich habe meine Führer gefragt, ob ich denn
einer solchen Gnade und Barmherzigkeit würdig sei? Sie erwiderten darauf, wenn
die Gott dazu würdig findet, so musst du dich beruhigen, aber nie deshalb über
deine Nebenmenschen dich erheben; bleibe in immerwährender Demut, Glauben und in
der Liebe.
Nach ihren Reisen in die Sonne und ins neue Jerusalem nahmen ihre Führer von ihr
Abschied mit ernstlichen Ermahnungen, die ihr gezeigte Krone nicht zu verlieren
und mit allem Ernst sich zu bestreben, einst in ihre Gesellschaft zu kommen. Ihr
Bruder sagte ihr, er werde sie zwar noch öfters besuchen, sich aber ihr nicht
mehr sichtbar machen.
Eine Vision von Pastor Samuel
Keller
(S.
46)
Auf die Visionen der Somnambulen will ich eine Vision aus neuester Zeit folgen
lassen, nämlich einen merkwürdigen Traum von Pastor Samuel Keller, den derselbe
in einer Nummer seiner Monatsschrift „Auf dein Wort“ vom Jahre 1909
veröffentlicht hat. Er erzählt folgendes:
Soeben war ich gestorben. Da lag mein Leib starr und schwer im Bett, Weib und
Kind knieten schluchzend daneben, - aber das Merkwürdigste war, ich selbst war
los von jenem mir plötzlich fremd und unangenehm scheinenden Körper: ich war
nicht mehr darin, sondern schwebte wie ein schmaler Nervenschatten über ihm. Wie
hatte ich’s in ihm so lange aushalten können? Ein ungeheurer Druck war von mir
gewichen. Ich hatte die Empfindung von Ton und Licht, ich konnte mich leicht und
frei bewegen, ich dachte klar und scharf, - nur eins empörte mich, dass meine
Lieben gar keine Notiz von mir nahmen, meine veränderte Existenzweise nicht zu
spüren schienen, sondern all ihr Augenmerk dem schnöden, fremden Gesellen, dem
starren Körper zuwandten! Ehe ich aber vergebliche Versuche machen konnte, ihre
Aufmerksamkeit von ihm weg auf meine eigentliche Persönlichkeit zu lenken, hob
und schob und drängte mich eine unfassbare Kraft blitzschnell aus dem Zimmer
fort. Wohin es ging, wie lang diese rasend schnelle Fahrt gedauert, die der es
mir erst heiss und dann eiskalt und dann wieder wohlig warm ward, weiss ich
nicht. Die Augen meines Nervenleibes hatte ich auch nicht öffnen können, während
es mir in den Ohren klang, wie vom Brausen grosser Wasser.
(S. 47/48)
Plötzlich, wie dieser unerwartete Flug begonnen, hörte er auf. Ich fühlte Boden
unter mir und schlug beim Aufstehen die Augen auf. Es war eine milde Helligkeit
um mich her, wie beim Morgenlicht, kurz ehe die Sonne aufgeht. Wenigstens sah
ich keine Sonne, und die Sträucher und hochragenden Bäume warfen keine Schatten.
Aber ich hatte keine Zeit, mich umzuschauen; denn dort schwebten zwei Gestalten
mir entgegen. Die eine war über Menschenmass und majestätisch in jedem Zuge und
jeder Bewegung. Sie war so hell und rein, dass ich es nicht ertragen konnte, sie
anzuschauen. Wie ich aber die Augen niederschlage, sehe ich, wie grau und
hässlich mein Nervenleib gegenüber dieser strahlenden Schönheit sich ausnimmt.
Niemand brauchte mir zu sagen, mit wem ich zu tun habe: es war der Herr. Ein
unbeschreiblicher Schmerz durchzuckt mich: warum habe ich einen solchen Herrn
nicht noch viel lieber gehabt! Warum bin ich ihm nicht treuer gewesen! Und im
Gefühl meines Unwertes sinke ich zu seinen Füssen nieder. Weinen konnten die
Augen meines Zwischenleibes nicht; sonst hätte ich mir mit Tränen Luft gemacht.
Jetzt spricht der Herr: „Ich kenne dich und dein Leben, deine Sünden und deine
Untreue, - aber du hast mir vertraut und mich geliebt und meinen Namen vor den
Leuten nicht verleugnet. Darum will ich an dir tun, was jetzt möglich ist. Alle
Sünde und Schuld mit ihrer Wirkung und Folge sei von Stund an für alle Ewigkeit
von dir genommen!“
(S, 49)
Damit rührte er mich an, dass es mich wie ein elektrischer Schlag durchzuckte.
Wie ich aufjauchzend emporschnelle, fällt etwas Graues, Hässliches, Schweres von
meiner ganzen Erscheinung ab, so dass ich dem Begleiter des Herrn an Heiligkeit
ähnlich werde. Zu gleicher zeit konnte ich Jesus ansehen und da wird mir die
Schönheit und Herrlichkeit seines Wesens noch erhabener und grösser als vorher,
als sei ein störender Nebel von meinen Augen gewichen. Dann sprach er weiter und
der gütige Ausdruck seiner Augen beseligte mich:
“Zur Gemeinschaft der Heiligen im Licht kommst du aber erst, nachdem du einiges
gelernt und getan, wofür du jetzt erst reif wirst. Hier ist einer deiner
Jugendfreunde, der sich auf dein Kommen freut. Er wird jetzt dein Begleiter und
dein Lehrer sein, bis die nächste Stufe erreicht ist.“ Damit war der Herr
entschwunden, und die andere Gestalt, deren Gesichtszüge etwas Kindliches,
Freundliches hatten, fasste mich an der Hand, und wir gingen oder schwebten, -
ich weiss nicht genau, wie ich diese Bewegung nennen soll, - rechts an der
grossen Baumgruppe vorbei.
“Wer bist du? Wie heisst du?“ fragte ich. „Nenne mich Amikus. Meinen alten
Erdennamen zu nennen, hat jetzt doch keinen Sinn, und der neue Name wird erst
gegeben, wenn die Vollendung der Seligen kommt am Tag der grossen Auferstehung.
Wir haben als Kinder in Arensburg zusammen gespielt, und ich habe dich von
dorther schon lieb gehabt.“
(S. 50)
Es wehte mich wie ein trauliche Beruhigung aus diesen freundlichen Worten an und
so fragte ich weiter: „Und was soll ich jetzt tun?“
“Zwischen dem Warteort der Unseligen und dem Paradiese, an dessen Saum der Herr
jeden der Seinen empfängt und entsündigt, ist eine grosse traurige „Kluft“*
befestigt, wie geschrieben steht. ( * Luc. 16, 26). Ohne Erlaubnis oder Geleit
aus dem Paradiese kann keiner von uns Seligen hinein. Darin befinden sich
Seelen, die auf Erden nicht zu klarer Entscheidung gelangt sind, ohne dass sie
bewusst die eine Sünde getan hätten, die auch hier nicht vergeben werden kann,
die verstockte Ablehnung gegen den heiligen Geist. Nun sind dort einige solche,
denen du auf Erden nahe gestanden hast, so dass sie, sobald sie dich erkennen,
aus ihrem hoffnungslosen Träumen erwachen werden und mit Teilnahme und Sehnsucht
nach Erlösung auf deine Botschaft von Jesus achten werden. Solche sollst du für
die Seligkeit zu gewinnen suchen und dabei hast du eine Hilfe an deinem heller
gewordenen Zwischenleibe: sie sehen an dir, was du durch Jesus geworden bist.
Ausserdem haben sie sich schon seit ihrem Tode nach Erlösung aus dem trostlosen
Zustande gesehnt. Ich kann dir auch nicht verhehlen, dass einige unter ihnen in
ganz besonderer Weise dich angehen: du hast in eurem Zusammentreffen auf Erden
nicht Licht und Kraft, Weisheit und Geschick genug gehabt und bewiesen, um sie
damals zum Entschluss zu bringen. Wenn du mich nicht missverstehst, hast du an
ihnen etwas gutzumachen. Und ich habe gerade dadurch, dass du einst an mir
solchen Führerdienst getan, wo keine Seele in meinem Elternhause an mein
Gläubigwerden dachte, das schöne Recht bekommen, jetzt dir hilfreich zur Seite
zu stehen. Es ist ja nur etwas Geringes, was ich dir leisten darf. Später, ich
freue mich dessen schon jetzt, wirst du heller und herrlicher leuchten dürfen
als ich, denn ich habe dich lieb.“
(S. 51)
Ahnend zog mir eine Erinnerung aus meiner Knabenzeit durch die Seele: ein lieber
adliger Junge lag todkrank, und ich durfte ihn an einem Sonntagnachmittag
besuchen. Da war ich durch die Veränderung seines Gesichts so erschüttert, dass
ich mit ihm anfing, vom Heiland zu sprechen. Wir waren etwa zwölfjährig und in
derselben Klasse des Gymnasiums. Am andern Tage war er gestorben. Damals hatte
kein Mensch erfahren, was wir gesprochen hatten!
“Berni!“ rief ich plötzlich und fasste ihn fester an. Ein Druck seiner Hand
antwortete, und ich hätte jauchzen mögen vor Freude.
(S, 52)
„Nenne mich nur Amikus!“ bat er mit sanfter Stimme.
Wir schwebten weiter. Der helle Schein vom Paradiese her nahm schnell ab, - die
Gegend wurde öde. Hier einige kahle düstere Felsen, dort ein grosser See, dessen
Oberfläche bleigrau und ohne Bewegung dalag. Über dem Ganzen ein fahler Schein,
wie ich ihn zuweilen in den Steppen Südrusslands vor einem Gewitter gesehen.
Bald begann meine Arbeit. Verwandte, Jugendgenossen, Studenten aus meiner
Dorpater Studienzeit, Gemeindeglieder aus meinen verschiedenen Kirchspielen in
Russland und Deutschland, Leute, mit denen ich auf den vielen Reisen meines
Erdenlebens zusammengekommen war, selbst einige Seelen aus den Sprechstunden
meiner Evangelistenzeit! Die Aufgaben waren sehr verschieden. Hier musste ich
einen, der im Anfall von Schwermut sich das Leben genommen hatte, mit der
grossen Barmherzigkeit trösten, die sich rühmt wieder das Gericht, - dort einen
Gläubigen, der sich durch gefährliche Irrlehre vom Gnadengenuss selbst
ausgeschlossen hatte, seiner Sünde überführen und wieder mit des Lammes Blut
trösten, - oder eine Seele, die in Kleinmut und Zweifelsucht sich gegen die
Führung des Herrn versündigt hatte, den tiefen Sinn seiner Wege klar machen - ,
(S. 53)
bei allen war der Erfolg, dass sie aus ihrem dumpfen traurigen Brüten erwachten
und schliesslich sehnsüchtig die Hände ausstreckten mit der Bitte: Jesu, erbarme
dich meiner! Sobald sie das gesagt, ward ihre Seele aufwärts den Pforten des
Paradieses zugeführt, so dass sie unserm Blick entschwanden. An einen einzigen
schien alles vergeblich. Er blieb dabei, man hätte ihm Unrecht getan: er wäre
jahrelang ohne Sünde gewesen, und Gott und Menschen hätten ihn nicht recht
anerkannt und er hätte auch hier noch nicht die rechte Behandlung erfahren. So
musste ich auch in der Geisterwelt die Erfahrung machen, die mich auf Erden oft
schon so schmerzlich niedergedrückt hatte, dass alle anderen Sünden leichter zu
vergeben sind als der geistliche Hochmut. Alle andern Sünden fliegen vor Gott;
nur der Hochmut nicht; der trotz selbst Gott.
“Was wird dieses alten Sektierer Los werden?“ fragte ich meinen Begleiter, als
wir weiterschwebten.
“Entweder schickt der Herr ihm noch einen demütigeren, liebreicheren Boten, als
du bist, der es besser versteht, ihn zu überzeugen, oder er wird am jüngsten
Tage bei der Auferstehung gleich an der Farbe und Form seines dann
auferstandenen Leibes selbst sehen, wie er sich von der Ähnlichkeit des Bildes
Christi entfernt hat. Dann kommt er ins Gericht. Wer früher die Gnade annahm,
wir nicht gerichtet.“
(S. 54)
Wir schwebten abwärts, wie mir schien. Etwas wie Bangigkeit überkam mich. Auch
schien es mir, als würde es kälter und dunkler. Aus der Tiefe, der wir
zustrebten, drang ein dumpfes Getöse an mein Ohr.
“Wohin geht’s jetzt?“ fragte ich zaghaft.
“Wir sollen einen Eroberungszug durch das Land der Unseligen machen. Jeder der
Seligen hat jetzt, so lange das jüngste Gericht noch nicht die endgültige
Entscheidung gebracht hat, die Aufgabe, wie Jesus nach seinem Tod den Geistern
im Gefängnis seinen Glauben zu verkündigen, weil manche seiner Bekannten dort
sind, für die sein strahlendes Auftreten ein Beweis ist, dass er mit seinem
Glauben auf Erden Recht und sie mit ihrem Unglauben Unrecht gehabt.“
Das Getöse nahm zu, ich unterschied ein Gewimmel von dunklen schmalen
Schattenleibern, - jetzt waren wir mitten in einer Art von Volksversammlung.
Redner standen auf, schrieen in ungeheurer Aufregung ein paar Sätze in die
Versammlung, die hier Beifall, dort Widerspruch erregten, aber keiner konnte
seine Sache zu Ende bringen. Denn der nächste Redner wartete den Schluss der
Rede nicht ab, stiess den Vorredner fort und bemühte sich, seine Sache
anzubringen. So kam es, dass drei, vier Redner an verschiedenen Stellen sich
vergeblich abmühten, Gehör zu finden.
(S. 55)
“Siehst du, dass die Schrift recht hat, wenn sie sagt, dass die Hölle ein Land
ist, wo Unordnung ist?“ flüsterte Amikus mir zu.
“Was wollen denn alle die Leute?“ fragte ich beklommen.
“Sie beraten, wie sie sich aus diesem Zustande selbst befreien und wie sie Gott
gegenüber ihren Trotz durchsetzen können.“
Plötzlich brach der Lärm ab: man hatte uns erkannt, und mein Begleiter sagte
ruhig, aber so klar, dass alle diese Tausende es hören konnten:
“Hier ist ein Bote aus dem Paradiese, Pastor Samuel Keller, den manche auf Erden
gehört haben.“
“Dann lass ihn dorthin gehen!“ schrie eine Stimme, die mir bekannt vorkam; damit
deutete der Mann nach links, wo eine kleine Gruppe sich von den andern Getrennt
haltend zu erblicken war. „Da zankten sich
die unbekehrten Pastoren,
wer von ihnen recht gehabt hat! Soll erst die bekehren!“
(56)
Im nächsten Augenblick kam aber ein Geist der Kraft über mich und ich erkannte
den Spötter. Blitzschnell sah ich an ihm seine Sünden offenbar werden. Ich
nannte ihn mit Namen und richtete meine Rede nur an ihn, indem ich ihn an unsere
letzte Begegnung in Südrussland am Vorabend seines Todes erinnerte und des
Heilandes Gnade anbot. Aufheulend stürzte der Mann davon. Ähnlich ging es mir
noch mit vielen anderen, die ich erkannte und ansprach. Die menge aber war
verstockt und wandte sich nach kurzer Zeit von meiner Rede weg, ihr altes
grauses Spiel der Verzweiflung aufzunehmen. Eine einzige Seele brach zusammen
und wollte sich retten lassen: es war eine frühere Konfirmandin von mir, die
nachher durch allen Schmutz der Sünde gegangen war. Auf Amikus Rat sagte ich
ihr: sie dürfe uns folgen, und wenn der Heiland sie am Eingang des Paradieses
entsündige, sei sie gerettet. Mir schien, als würde ihre dunkle Gestalt schon
etwas heller.
Dann suchten wir noch verschiedene Gruppen auf; aber meistens vergeblich. Uns
schlossen sich nur sehr wenige Seelen an, obschon ich mit vielen Tausenden
gesprochen. Sie waren zu abgestumpft, verblendet, verhärtet und wollten nichts
von Jesus hören. Zuletzt suchte ich jene Pastorengruppe auf. Hier liess man mich
gar nicht recht zu Wort kommen. Einige flohen, so dass ich sie nicht erkennen
konnte. Die meisten aber bestürmten mich mit ihren Zweifeln, ihrer Weisheit,
ihren Vorurteilen und ihrem Alles besser wissen wollen. Den lautesten Lästerer
brachte ich zum Schweigen, als ich ihm zurief:
(S. 57)
“Gedenke daran, was mir dein Weib über dich gebeichtet hat.“
Darauf kehrte er mir den Rücken und verschwand im Dunkel.
Ich war noch mitten im Disputieren mit einem kleinen Kreis, als mein Begleiter
mich plötzlich anrührte und wir weiter schweben mussten. Darüber seufzte ich so
laut, - dass ich erwachte! -
Diese Vision von Pastor Samuel Keller finde ich sehr bedeutsam und das um so
mehr, als Herr Keller, wie er mir versicherte, dieselbe, wie sie ihm geworden,
ohne Beifügung von eigenen Gedanken und Phantasien kundgab. Er schreib mir: „Ich
möchte jenes Erlebnis ein prophetisches Gesicht nennen, eine Antwort auf
vorausgegangene Grübeleien und Gebete in der betreffenden Richtung hin.“ Die
Wahrheiten, die sich aus dieser Vision ergeben, stimmen mit vielen Kundgebungen
aus der jenseitigen Welt überein und sind darum besonders beachtenswert. Zu
diesen zähle ich die Annahme, dass die Seele, nachdem sie vom materiellen Leib
losgelöst ist, mit einem ätherischen Zwischenleib begabt ist, mittelst dessen
sie sich frei bewegen, ton und Licht, Wohl und Wehe empfinden kann. Dass dem
Visionär sein Nervenleib grau und hässlich vorkam, ist ein Beweis, dass seine
Heiligung noch lange nicht vollendet war.
(S. 58) Aber wunderbar gibt sich die Heiligungskraft Jesu kund, durch dessen
Berührung das Graue, Hässliche, Schwere vom Nervenleib abgestreift wurde und
derselbe heil und schön wird, ähnlich dem himmlischen Leib des Führers Amikus,
der sich Keller als einen früh verstorbenen Jugendfreund zu erkennen gibt. Über
den Zustand der Unseligen im Totenreich erhalten wir wichtige Aufschlüsse.
Gewöhnlich nimmt man an, dass die Verstorbenen bei ihrer Ankunft im Jenseits
alsbald von ihren falschen Meinungen und Irrtümern überzeugt würden. Das
Gegenteil ist der Fall; sie scheinen wie festgebannt in ihren Meinunen und
Anschauungen. Die Mehrzahl der Bewohner des Haders scheint in ein dumpfes,
trauriges Hinbrüten versunken zu sein, aus dem sie erst erwachen, wenn ein Bote
aus der Lichtwelt sich ihnen naht, sie aufrüttelt, und ihnen das Verlangen nach
Erlösung erweckt. Aber wie schwer hält es für die Bewohner des Haders, diese zu
erlangen, zur Busse und zum Glauben zu kommen! Zur Busse ist erforderlich eine
entschiedene Abkehr von der Sünde und dazu fehlt diesen Geistern die Energie des
Willens; sie können sich nicht loslösen von ihren alten Begierden, die zu sehr
mit ihrem Wesen verwachsen sind. Eine besonders traurige Rolle spielen in des
Visionärs Gesicht die
ungläubigen und
unbekehrten Pfarrer.
Bei ihnen zeigt sich eine gewisse Energie, aber nur um ihre Eigengerechtigkeit
und ihren Widerspruch gegen die göttliche Wahrheit festzuhalten, dass ihr Leben
ein verfehltes war. Dass sie
blinde Blindenführer waren,
das wollen sie nicht anerkennen, unter Gottes Gerichtsurteil wollen sie sich
nicht beugen und so verharren sie in ihrem Widerspruch gegen die göttliche
Wahrheit und in ihrem Trotz.
(S. 59)
Mit vielen Tausenden verkehrte der Bote aus dem himmlischen Paradies, um ihnen
zur Seligkeit zu verhelfen; aber sie wollen nichts von Jesus hören; sie waren zu
verhärtet. Nur wenige schlossen sich an ihn an. Es ergibt sich daraus einerseits
die tröstliche Wahrheit, dass Gott auch unter den Verstorbenen im Hades solche
zu retten sucht, die sich retten lassen. Aber andererseits ergibt sich auch die
ernste Wahrheit: Hüten wir uns, unsere Bekehrung auf das jenseits verschieben zu
wollen. Wird uns Gottes Gnade in dieser Welt angeboten und wir verschliessen
unsere herzen gegen dieselbe, so haben wir keine Gewissheit, dass sie uns
nochmals im Jenseits angeboten wird. Jedenfalls ist eine Bekehrung im Totenreich
viel schwieriger, weil die unselig Verstorbenen nicht mehr im Besitz ihrer
vollen Willens- und Geisteskräfte sind. Sie sind darum auch in der Bibel „Tote“
genannt. Darum auch die ernste Mahnung: „Heute, so ihr seine Stimme höret, so
verstocket eure Herzen nicht.“ Wahrhaft lebendig sind nur die Verstorbenen,
welche durch Jesu Geist das neue leben der Wiedergeburt erlangt haben und als
solche befähigt sind, bei ihrem Abscheiden alsbald in die himmlische Welt
aufgenommen zu werden.
(S.60)
Eine weitere Wahrheit, die sich mir aufdrängt beim Gedanken an pastor Kellers
Vision ist diese: Wie wichtig ist doch unser Umgang mit Angehörigen und
Fernerstehenden! Wie hat er Folgen für die Ewigkeit zu ihrem Heil oder Unheil!
Wie viel Gutes kann durch unsern Einfluss gewirkt, wie viel aber auch versäumt
werden! Wie mancher unselig Verstorbene mag uns einmal anklagen: „Du hättest
mich auf den rechten Weg zur Seligkeit weisen können; hast es aber nicht getan,
hast mich nicht gewarnt vor dem Weg des Verderbens, den ich gegangen bin.“
Merkwürdig ist mir, dass der Geist des Visionärs angewiesen wird, an
Verstorbenen, die ihn in ganz besonderer Weise angingen, Versäumnisse gut zu
machen, die er sich auf Erden bei seinem Umgang mit ihnen zu schulden kommen
liess, indem er durch seinen Mangel an Licht und Kraft, Weisheit und Geschick
nicht einen entscheidenden Einfluss auf sie auszuüben vermochte. Wie viele
Überraschungen mag es auch für einen gläubigen Diener des Herrn im Jenseits
geben; tief demütigende, aber auch erhebende! Wie schön, dass der
Paradiesesbewohner Amikus, Kellers einstiger Schülerfreund, den er bei seinem
Sterben zu Jesum weisen durfte, nun im Jenseits sein Führer ist!
(S. 61)
Noch manches wäre zu sagen über dies merkwürdige Gesicht. Doch ich will mich
nicht länger dabei aufhalten. Ich füge obigem einiges aus einer Vision eines
sterbenden Missionars bei, die Pastor Keller in seiner Monatsschrift vom März
1908 veröffentlicht hat.
Mit Recht fügt Herr Keller bei, dass eine solche Vision nicht den Anspruch
erhebt, objektiv absolut wahre Aufschlüsse über jene Gebiete zu bringen, denen
sich jeder als einer göttlichen Offenbarung zu fügen hätte. Und dies gilt meines
Erachtens teilweise auch von den mitgeteilten Visionen der Somnambule. Ich
übergehe darum auch die astronomischen Eröffnungen, die dem Visionär über die
Sonne, den Mond und besonders den Saturn mit seinem Ring wurden, und erwähne
nur, was auf die abgeschiedenen Menschenseelen Bezug hat und was mit der eigenen
Vision Kellers teilweise übereinstimmt.
Vision eines Missionars
(S.
62)
Nun verliess ich die Welt der Materie und kam in die unvermessliche Kluft
zwischen dem Materiellen und dem Himmlischen, in das vacuum tenebrarum, die
Region der äussersten Finsternis, was Eph. 6,12 meint, wo die Fürsten, Gewalten
und Herren der zeitlichen Finsternis und ihre Werkzeuge und Agenten, die bösen
Geister, ihr Wesen haben, gegen die der Christ der ganzen Waffenrüstung
bedarf.....
S. 62
Hier erblickte ich die abgeschiedenen Seelen der Erdbewohner, wie sie zahllos
von der Erde wegeilen. Aber welch ein Unterschied unter ihnen! Einige von ihnen,
und zwar die wenigsten, waren schön und hell und hatten hellleuchtende Lampen in
ihren Händen, deren Flammen (der Glaube) sie ganz durchleuchtete und ihnen den
Weg wies, den sie mit der Schnelligkeit eines Gedankens zurücklegten, bis sie in
die Lichtregion kamen. Dort – hiess es – würde die Flamme ihr Lichtkleid und die
Lampe zu einem grünenden Palmzweig in ihren Händen.
Die meisten Seelen aber waren wie dunkle Schatten, und als sie in diesen
finsteren Raum kamen, wurden sie verwirrt und eilten hin und her rastlos
suchend, was sie nicht finden konnten und schienen sich sehr unglücklich zu
fühlen. Was mich aber dort länger verweilen liess, war die Wahrnehmung, dass
himmlische Evangelisten in diesen Raum kamen für die Seelen, die auf Erden keine
Gelegenheit gehabt hatten, das Evangelium zu hören. Wenn von diesen welche
sehend und verlangend wurden, nahmen sie sie mit bis an die Grenze der Vorhöfe,
wo sie dann durch das Anschauen der Bilderaufführungen aus der Ferne weiter von
göttlichen Dingen lernen konnten, bis sie in den ersten Vorhof eintreten
durften. Diese Evangelisten nahmen auch die Seelen verstorbener Kinder mit, die
sich gleich herzlich an sie anschlossen. Ferner sah ich auch viele Himmlische in
dem Planetenraum, besonders zur Erde und wieder zurück, unaufhörlich hin- und
herblitzen, um den Dienst Gottes an der Kreatur zu versehen.
S. 63
Endlich schaute ich die Umrisse der Vorhöfe des Himmels, nichts als Lichtkörper,
einer schöner wie der andere; keiner dem andern gleich; eine Farbenpracht des
Lichts, dessen Nuancen zu beschreiben die Ewigkeit erfordert. Sie rotieren und
fliegen nicht dahin, wie die materiellen Körper der unteren Welt, sondern formen
in himmlischer Harmonie die allerherrlichsten Licht- und Farbenbilder, die den
seligen Seelen, die noch in den Vorhöfen weilen, zum Anschauungsunterricht von
Gottes Grösse, Allweisheit, Heiligkeit und Herrlichkeit dienen. Die himmlischen
Vorhöfe bilden nach menschlicher Redeweise drei Abteilungen mit stufenweise
steigender Herrlichkeit in Licht und Farbennuancen. In die dritte wurde St.
Pauli Geist entzückt, wo er für Menschen unaussprechbare Worte hörte und auch
den Herrn sah.
S. 64
Die seligen Seelen der Menschen müssen in den Vorhöfen gradweise erstarken, um
in das „Heilige“ eingehen zu können. Der Gottes- und Menschensohn, Christus
Jesus, ist König und Hohepriester der Vorhöfe und des Heiligen und als solcher
geht er auch in das Allerheiligste zu Gott, - um sein Mittleramt zu verrichten.
Wäre er blosser Menschensohn, so wäre sein unmittelbares Nahen zu Gott unmöglich
und wir wären ohne Mittler. Nach seinem Willen und Wort richtet sich alles, hier
herrscht als Gesetz das „Band der Liebe“ und die göttliche Harmonie und der
heilige Geist erfüllt alles und alle, wie mit der Gegenwart Gottes, die durch
ihn die Seligen so überaus selig macht; denn nun leben und weben und sind sie in
ihm völlig ohne Hindernisse. Welch eine Herrlichkeit hat Gott geschaffen aus
Liebe zu seinem Sohn und denen, die seine Miterben werden. Die Weisheit spielte
dazu die Bilder Ihm vor, Sprüche 8, 22 – 31, wie sie es tun wird, bis Gott sein
wird alles in allem.
Vision einer
Missionarsfrau
(Aus
dem Englischen)
S.65
Auf die Bision des sterbenden Missionars in Holländisch-Indien möge die Vision
einer Missionarsgattin folgen, deren Geist ins himmlische Paradies entrückt
wurde. Sie hatte manche nacht am Bette eines schwerkranken Kindes gewacht. Ein
gesunder Schlaf hatte sich bei ihm eingestellt und verkündete die zurückkehrende
Genesung. Beim Morgengrauen wurde sie von unwiderstehlicher Müdigkeit befallen;
sie schlief ein und fand sich im Traum an der Pforte des Paradieses stehend.
Unter ihr hatte sie eine dunkle Wolke und einen jähen Abgrund erblickt; über ihr
eine unaussprechliche Herrlichkeit. An der Pforte des Paradieses sah sie
verschiedene Gruppen harrender Seelen. Ein Engel stand am Eingang und als sie
sich ihm näherte, sagte er: „Kind, der Erde, was bringt dich zum Land des
Lichts= Sprich und fürchte dich nicht!“ „Wahrlich,“ antwortete ich, „ich weiss
weder wie, noch warum ich hieher kam, aber ich bin müde und schwach; wenn dies
das Paradies ist, so lasse mich ein, ich bitte dich, und erfreue mich mit dem
Anblick seiner ewigen Freuden.“ Der Engel lächelte. „Du bist also eine von den
Träumenden auf Erden, deren Seelen zu Zeiten erlaubt ist, wenn der Körper
schläft, für einige Augenblicke die Heimat der Seligen zu besuchen. Tritt ein
meine Liebe.“ Bei diesen Worten winkte er einer der schönsten dieser leuchtenden
Gestalten, welche ich an der Ostpforte bemerkt hatte, und übergab mich ihrer
Sorge, indem er sagte: „Gabriele, nimm diese Erdenpilgerin mit dir und zeige ihr
solche Dinge, welche ihre Seele zu fassen vermag.“ Da ergriff Gabriele meine
Hand und führte mich durch die Ostpforte. „Du bist müde,“ sagte sie, „darum
setze dich erst zur Ruhe nieder an der Quelle des lebendigen Wassers“. Wir
setzten uns unter die prächtigen Friedenspalmen, welche sich über einen
kristallenen Strom neigten, der von einer Quelle ausging und in vielen Mündungen
den Weg zum Meere nahm.
S. 66
Ich blickte umher und versuchte die Schönheit, welche meine Blicke fesselte, in
die Seele aufzunehmen. Wie aber das, was ich in jenem Augenblicke sah, alles
überstieg, was die noch nicht einfesselte Seele zu fassen vermag, so würden mir
auch die Worte fehlen, wenn ich alles beschreiben wollte von der Heimat der
Seligen. Ich könnte erzählen vom himmlischen Lichte, das gleich dem Glanze eines
kostbaren Edelsteines in unendlicher Helle alle die verklärten Gestalten der
Seligen umfloss, welche den Äther mit ihrem melodischen Gesang erfüllend in
überirdischen Hainen, unter himmlischen Bäumen lustwandelten; ich könnte
erzählen von den ewigen Hügeln, deren äusserste Linien in weiter Ferne in
vergoldetem Neben lagen, die mir von Gabriele als die Hügel des himmlischen
Landes bezeichnet wurden, wo der König in ewiger Herrlichkeit, die entzückende,
die reinste Freude erweckende Vollkommenheit dieses himmlischen Landes mit
menschlichen Worten zu schildern.
S. 67
Ich übergebe, was die Seherin von den wunderbaren Paradiesesblumen berichtet und
lasse sie weiter erzählen.
Wir begegneten nun vier lieblichen Mädchen, die ich ihrer Ähnlichkeit nach für
Schwestern hielt. Sie waren von einer seligen Freude erfüllt. Als sie zu uns
kamen, hören wir ihre Stimmen: „Gabriele freue dich mit uns“, sagte eine
derselben, „sie kommt endlich, der Engel des Herrn ist auf dem Wege, sie
abzuholen und wir gehen zur Pforte, um sie zu empfangen. Glaubst du, dass sie
uns wieder erkennen wird?“ „Sicherlich, meine Lieben,“ sagte Gabriele,
„sicherlich wird, wie auf Erden, so auch im Himmel eine Mutter die ihrigen
wieder erkennen.“ Sie eilten zur Pforte hin und ich sah sie nicht mehr, aber
mein Herz freute sich, als ich an das Wiedersehen dieser lang Getrennten dachte.
S.68
“Du bist auch eine Mutter,“ sagte ich zu meiner schönen Begleiterin, deren
ernster Ton mir aufgefallen war. Sie aber antwortete: „Mein Mann und mein Kind
sind noch auf Erden. Als mich der Herr rief, schien es mir, als ob ich vieles zu
verlassen hätte und doch, ich weiss nicht, wie es kam, als ich seine Stimme
hörte, ergab sich meine Seele und wie jene begnadigte Maria schnell aufstand,
als ihre Schwester Martha die Nähe des Herrn verkündete, so eilte auch ich, Ihn
fröhlich zu empfangen. Und nun finde ich, dass die Liebe und Seligkeit des
Paradieses der irdischen Liebe weit vorzuziehen ist, denn obgleich sichtbar
getrennt, sind wir geistig einander nahe und über ein Kleines sind wir wieder
vereinigt.“ „Hast du sie wieder gesehen seit jener Stunde der Trennung?“ fragte
ich. „Ja,“ erwiderte sie, „zweimal hat mich der Herr auf die Erde gesandt.
Einmal, um mein Kind von einem schrecklichen Tode zu retten. Ich fand es am
Rande eines verborgenen Brunnens liegen und brachte es wieder zurück zu denen,
welche in Sorge und Angst vergeblich nach ihm suchten.“ „Sahen sie dich?“ fragte
ich. „Das Kind sah mich, und als es davon sprach, sahen sich die andern nach mir
um, wussten aber nicht, dass ich neben ihnen stand. So kehrte ich wieder heim,
um meinen Liebling hier zu erwarten. Dann besuchte ich noch einmal die Erde, als
aus seiner Einsamkeit die Gebete meines Gatten heraufdrangen, welcher in dem
Kreuz, das ihm der Herr auferlegte, den Ruf erkannte, sein ferneres Leben Ihm
und seinem Dienste zu weihen und sich nun bereit erklärte, den Namen Christi in
den Heidenländern zu verkündigen. Damals sandte mich der Herr in der Nacht, in
welcher er absegelte, als er sich in dem Schiffe zur Ruhe gelegt hatte, zu ihm
zu sagen, er solle guten Mutes sein. Ich weiss nicht, ob er mich in seinem
Träume sah, er lächelte aber, als ich ihm die Geistesworte sagte, und ich hörte
ein Murmeln: Gabriele!“ „Das ist wohl schon lange her?“ fragte ich. „Das kann
ich dir nicht sagen,“ erwiderte sie lächelnd, „denn die Zeit scheint im Paradies
immer kurz“. Bald darauf stand ein Engel bei uns und sprach folgende Worte:
„Gabrielle, Gabriele, freue dich, denn ich bin mit einer frohen Botschaft zu dir
gesandt; in dieser Nacht wird dein Gatte seine Erdenlaufbahn vollenden; gehe
hin, so befiehlt der Herr, stehe ihm bei in seiner letzten Not und bringe ihn
hierher zur ewigen Seligkeit.“ Gabriele beugte ihr Haupt und betete den Herrn
an. „So bald,“ hörte ich sie sagen, „so bald? Kurz ist die Trennung und ewig die
Vereinigung!“ „Für wahr,“ erwiderte der Engel, „dir kann ich bezeugen, dass ihm
die Zeit lange geschienen. Zwanzig Erdenjahre hat er gearbeitet und ist nicht
verzagt.“ Bei diesen Worten erhob Gabriele ihre Augen, mit froher Überraschung
las ich den Ausdruck derselben. Dass es ihr nur wie ein Sommertag erschien,
seitdem sie auch eine Arbeiterin auf Erden gewesen war.
S. 70
“Lasst mich gehen,“ sagte sie, „ich möchte gerne das Antlitz meines Kindes
sehen.“ „Tue, was du willst,“ erwiderte der Engel, „die gnädige Führung des
Höchsten sei mit dir.“ Gabriele ging zur Pforte, doch ich rief ihr nach: „O,
Gabriele, nimm mich mit zur Erde, denn ich bin schwach und die Herrlichkeit des
Paradieses liegt wie ein Gewicht auf meiner Seele.“ Mit mitleidigem Lächeln nahm
sie mich bei der Hand und wir gingen zusammen hinaus. Bald schimmerte das Licht
des goldenen Landes wie ein heller Stern hinter uns. Als wir wieder zur Erde
kamen, befanden wir uns im Schatten einer alten Kirche; es war Nacht, doch
konnte ich sehen, welch ein lieblicher Ruheplatz hier für die Toten war. Wir
standen bei einem Marmorkreuz, es trug die Inschrift Gabriele. Ostenacht 1843
und darunter in goldenen Lettern: „Das Alte ist vergangen.“ Wir verliessen den
Friedhof und erreichten ein Giebelhaus, welches im Mondschein glänzte. Im
nächsten Augenblick waren wir in einem getäfelten Zimmer, in dem ein auf einem
Tischchen stehendes Licht unter dem Bilde eines Kindes brannte. Unter dem
Schatten samtener Vorhänge schliefen Gabrielens Eltern. Auf ihren ruhigen
Gesichtern glaubte ich eine Geschichte von Sorge und Anstrengung, aber auch
etwas von einem Siege lesen zu können, zudem die Jahre und die Zeit, seit dem
Tage, wo sie ihr einziges Kind unter dem weissen Kreuz zur Ruhe gelegt, sie
geführt hatte. Und nun nahm Gabriele den Weg zu einem der inneren Räume, wo eine
schöne Jungfrau schlafend dalag. So schön war sie, so ähnlich dem leuchtenden
Geist an ihrer Seite, von goldenem Haar auf dem Kissen umflossen wie mit einem
Strahlenkranz, der das Haupt der Seligen schmückt, dass ich nicht nötig hatte zu
fragen, ob diese Jungfrau Gabrielens Kind sei. Es war zweifellos, dass sie mit
glücklichen Gedanken eingeschlafen war, denn ein Lächeln schwebte auf ihren
Lippen. In ihrer Hand hielt sie einen Brief, von dem sie sich selbst im Schlaf
nicht trennen konnte. Ihr Finger lag auf diesen Worten: „Geliebtes Kind, dort
ist keine Stätte für dich; wenn man dich dort nicht nötig hat, und du bist
entschlossen, so darf ich dich nicht zurückhalten. Die Ernte ist gross, aber
wenige sind der Arbeiter, komm.“ „nein, mein Herz,“ sagte Gabriele, nachdem sie
sich zärtlich über ihr Kind beugte und jene Worte las, „der Herr hat dich hier
nötig und nicht in den Heidenlländern. Er hat deinen Vater nötig, aber nicht
mehr auf Erden. Lebe wohl. Im Trösten wirst du getröstet werden, im Stärken
anderer wirst du gestärkt werden. Lebe wohl!“ Im nächsten Augenblick waren wir
wieder in der kühlen Nachtluft seitwärts eilend. Von Zeit zu zeit hörte ich das
Rauschen der Seen, oder sah die glitzernden Lichter fremder Städte: endlich
kommen wir an den Rand eines dichten Waldes. Ein niederer Turm erhob sich aus
einer Gruppe nett gebauter Häuser. Hütten und wohlgepflegte Gärten, welche
seltsam zu der Wildnis abstachen; und ich sah, dass ich in einem Christendorf,
in der Mitte eines heidnischen Landes war. Wir kamen in eine der Hütten. Auf
einem Bett an der Wand stand eine Lampe; ihr matter Schimmer fiel auf die
Gestalt und die weissen Kleider zweier eingeborener Diener. Der eine sass am
Boden in einer Verzweiflung, die schrecklich anzusehen war, während der andere
sich anstrengte, eine tiefe Speerwunde in der Seite seines Herrn zu verstopfen,
aus der das Blut niederfloss. Auf einer Pritsche unter der Lampe lag Anselm,
Gabrielens Gatte. S- 73
Seine Augen waren geschlossen, er schien bewusstlos. Gabriele kniete nieder, und
ich sah sie ihre Arme um ihn schlingen und ihn mit allen süssen Namen rufen;
doch er stöhnte schwer und ich sah zum erstenmal einen Engel an der andern Seite
des Bettes stehen, dessen Anblick mich beben machte. Ein furchtbares Feuer
glänze in seinen Augen, so hart und unbarmherzig war der Zug um seine Lippen,
und mit einer Stimme, die durch die Hütte drang und den sterbenden Mann weckte,
sprach er: „Wofür hast du nun 20 Jahre gearbeitet? Hat Gott wirklich dein Wirken
erkann? Hat er dein leben nicht mit Sorgen durchkreuzt, dein Gebet nicht erhört,
dich verlassen, dich vergessen, um durch die Hand eines Heiden wie ein Hund zu
sterben!“ Der Sterbende stöhnte leise und ich hörte ihn sagen: „Herr, verlass
mich nicht, wenn meine Kraft mich verlässt“. Vergebens suchte Gabriele sich
zwischen ihren Gatten und den Engel der Finsternis zu stellen; die sanfte Stimme
schien keinen Widerhall in den Ohren des Sterbenden zu finden, und der Böse fuhr
mit spöttischem Gelächter mit seiner höhnischen Rede fort. Da sah ich den
Schatten menschlicher Todesangst in ihren Augen, doch nur für einen Augenblick.
Dann zum Himmel aufschauend, sprach sie die Worte: „Mein Heiland, ich bin nur
einschwacher Geist, aber Du bist Gott!“ Also bald füllte ein mildes Licht das
Zimmer. Er, den sie gerufen, stand bei seinem sterbenden Knecht. Ich sah Ihn
seine Hand auf Anselms Stirne legen, auf der die Schatten des Todes sich
gelagert hatten und sah, dass er Sterbende wieder zu sich gekommen war, denn
Gabriele stand an seiner Seite und er kannte sie und streckte seine Arme nach
ihr aus, während die Seligkeit des Paradieses aus beider Augen leuchtete. Es
flackerte die armselige Lampe noch einmal auf und erlosch. In der Finsternis
hörte ich einen bangen Seufzer und als ich mich umsah, fiel das Mondlicht auf
die bleichen Züge des Toten. Eine Sekunde standen Anselm und Gabrielens Seelen
bei der kalten Leiche und in ihrem Anschauen bemerkte ich, wie sehr sie sich
glichen.
S. 74
Während ich über die Mysterien des Lebens und des Todes nachdachte, hörte ich
einen Schmerzensschrei von dem treuen, schwarzen Diener, als Gabriele und Anselm
in die Nacht hinaustraten. Das letzte, was ich von ihnen höre, war die
frohlockende Stimme Gabrielens, die unter den Sternen noch das Wort sang: „Heim,
Heim“.
Ich erwachte aus dem Traum und fühlte eine Hand in der meinigen und hörte eine
zarte Stimme in stiller Zufriedenheit den letzten Vers des Liedes singen, mit
dem ich so manchmal die schweren Nächte verkürzt hatte.
S. 75
“O Paradies, o Paradies,
Ich weiss, ich bleibe hier nicht lange;
Geduld, ich glaube fast ich hör’
Mit schwachem Ohr den Gesang
Von dort, wo wahrhaft treue Seelen
Allzeit nun stehen in dem Licht
Und voll Entzücken sich vermählen
Vor Gottes heil’gem Angesicht.“
Es mag sein, dass des Kindes Stimme sich in meine Träume geschlichen hatte, dass
seine Hand mich auf fremden Pfaden geleitet hatte, es mag sein, aber doch
scheint es mir, dass, wenn dieses Leben vorüber ist und meine müde Seele von
einem Engel getragen wird durch die goldene Pforte des Paradieses, ich Gabriele
und Anselm unter den Palmen, die ich im Träume geschaut, im seligsten Verein
wiederfinden werde.
Ihre Hoffnung scheint bald in Erfüllung gegangen zu sein. In ihrem Nachlass fand
sich das merkwürdige Gesicht, das ich hier mitgeteilt habe und das sie, wohl aus
Bescheidenheit, zu ihren Lebzeiten nicht veröffentlichen wollte.
Die Seherin Katharina
Schlienz
Es mögen nun die Visionen einer Jungfrau Katharina Schlienz folgen, von der Dr.
Justinus Kerner in seinen Blättern aus Prevorst berichtet.
Diese war bis in ihr 24. Jahr stets gesund gewesen, bis sie durch einen Fall
sich eine Verletzung zugezogen hatte, welche trotz ärztlicher Behandlung nicht
heilte, sondern furchtbare Krämpfe zur Folge hatte, namentlich Kinnbackenkrampf,
durch den ihre Zunge völlig gelähmt wurde, in welchem Zustand sie zehn Jahre
verblieb und dabei unsäglich litt. Mit der Zeit trat freiwilliger, magnetischer
Schlaf ein, in welchem sie merkwürdigerweise ungehindert reden konnte. In diesen
Träumen vernahm sie ihren Schutzgeist, der sie zum Glabuen, Hoffen und Beten
ermunterte und zuweilen ihr den Auftrag gab, einem Kranken des Orts ein Wort des
Trostes zuzusprechen – meistens ein Lied - , das sie dann am Krankenbett
vortragen konnte, worauf sie wieder in die vorige Sprachlosigkeit zurückfiel.
S. 76 / 77
Im Jahre 1838 reiste Dr. Kerner durch Zuffenhausen, ihrem Heimatort, besuchte
die Kranke und erhielt den Eindruck, dass er mit Magnetisieren eine Heilwirkung
bei ihr ausrichten könne. Er lud sie ein, zu ihm zu kommen und nahm sie in sein
haus auf. Im beklagenswertesten Zustand kam sie bei ihm an; nur mühsam gebückt
konnte sie gehen; ein Bild des Jammers. Täglich stellten sich die furchtbaren
Krämpfe ein. Mit dem magnetischen Schlaf stellte sich meist Sprachfähigkeit ein
welche mit dem Erwachen wieder erlosch. Nach dreiwöchiger Behandlung erklärte
sie, es werde sich noch ein Krampf und Schlaf einstellen und dann werde sie von
ihren bisherigen Krämpfen und körperlichen Leiden mit Ausnahme der
Sprachlosigkeit befreit sein. So geschah es; nach dem letzten Krampf und Schlaf
fühlte sie sich völlig wohl. Der. Kerner führte seine Bemühungen noch vierzehn
Tage fort; aber die Sprache konnte er ihr nicht wieder geben. Dankbar für die
Befreiung von den schweren Krämpfen und ergeben in ihr immer noch schweres
Geschick reiste Katharina nach Hause. Aber der herr wolle sie wieder völlig
herstellen. In Träumen, welche ihr zuteil wurden, wurde ihre Hoffnung neu
belebt. In diesen Träumen wurde sie im Geiste in die höhere Welt der Geister
geführt. Ein freundlicher Jüngling führte sie in die Reiche der Herrlichkeit und
kündigte ihr an, die Stunde sei nahe, in welcher sie die längst verlorene
Sprache wieder erhalten werde. In einem folgenden Träume wurde ihr angezeigt,
dass sie durch den magnetischen Einfluss des Dr. Kerner zum gewünschten Ziel
gelangen werde. Aber ein grosser Schrecken werde sie noch überfallen und mit
demselben werde die Sprache wiederkehren, die sie nie wieder verlieren werde.
Sie teilte mir diese Anweisungen mit; ich lud sie ein, wieder zu mir zu kommen,
und wie ihr vorausgesagt war, so ist es geschehen.
S. 78
So hat der Herr wundervoll geholfen. Noch war der Geheilten in ihrem letzten Ge
Traum verordnet worden, dass sie noch elf Tage nach ihrer Wiederherstellung
magnetisch behandelt werden müsse; dies geschah, und nun stellte sich jeden
Vormittag Schlaf ein, der bis abends spät dauerte. In diesem Schlafzustand gab
sie ärztliche Verordnungen, religiöse Ermahnungen und namentlich merkwürdige
Aufschlüsse über die Beschaffenheit der höheren Welt, besonders über den Zustand
der Verstorbenen. Kerner erklärt: Durch die auffallende Übereinstimmung, welche
zwischen den Erklärungen Katharinas über die letzt genannten Gegenstände und den
Äusserungen anderer Somnambulen sowie mit den Lehren der Heiligen Schrift
herrscht, ist mir dieselbe so interessant geworden, dass ich das Gehöre
pünktlich aufzeichnete und die Hauptsache davon hier schliesslich mitteille.
S. 79
Von zwei höheren Führern, die sie als zwei verstorbene, bekannte, ehrwürdige
Geistliche bezeichnete, geleitet und geschützt, durchwanderte Katharina drei
Grade der Unseligkeit, ging durch das Mittelreich hindurch in zahlreichere Grade
des seligen Lebens hinüber, welchen sie noch höhere, herrlichere Stufen der
Seligkeit uns ahnend andeuten konnte. Von jedem der hier genannten Grade ist
folgendes Wichtigste.
Nach einem furchtbaren Kampfe von einer Stunde, während dessen sie mich ihr nahe
zu bleiben flehentlich bat, trat sie in den dritten Grad der Unseligen ein.
Furcht, Angst, Schauder und Schrecken wechselten sichtbar in ihrem Gemüt.
Überall sah sie Ungeheuer, die fast keine Gestalt mehr hatten, die sie zu
ergreifen drohten, durch deren Massen sie nur die gewaltige Hand ihrer Führer
sicher geleiteten. Mit demütigem Danke lobte sie Gott, als diese etwa zwanzig
Minuten dauernde Kampf beendigt, und sie in den zweiten, gelinderen, aber immer
noch die menschliche Vorstellung von Jammer übersteigenden Grad des Elends
geleitet war. Hier glich sie einer von schweren Träumen geängstigten
Schlafenden: „In diesem Grade,“ sagte sie, „sind die Seelen auch recht hässlich.
Seufzen und Klagen ist alles, was man hier hört.“ – Während der dritte Grad tief
unter der Erde von ihr gesehen ward, fand sie den zweiten in der Nähe der
Erdoberfläche. „Hier ist,“ fuhr sie fort, „vergebliche Reue über geheime
Verbrechen. Heimliche Morde und Verbrechen aller Art kommen hier an den Tag.“ Im
dritten Grade sah sie Betrüger, Spieler, Spötter, Trunkenbolde, die hartnäckig
in der Gottlosigkeit und im Unglauben beharrten. Sie schloss diese Schilderung
mit einer dringenden Warnung und Ermahnung zur Busse. „Im ersten Grad der
Unseligen,“ sagte sie, „steht es etwas besser mit den Seelen. Hier ist noch
Hoffnung auf Erlösung; hieher kommen noch Lehrer und es ist möglich, dass
heilsbegierige Seelen von hier aus an einen weiteren Bildungsort geführt werden,
wo sie für einen besseren ort tüchtig gemacht werden können. Dieser Grad ist der
bevölkertste im Verhältnis zu den beiden vorhin geschilderten.“
S. 80
Nun durfte Katharina auch einen Blick ins Reich der Seligen tun, dessen ersten
Grad sie jetzt betreten hatte. Hier fand sie gute, aber noch nicht gehörig im
Glauben befestigte Seelen; die schon darin einen Grad der Seligkeit fühlen, dass
sie, von den mannigfachen Erdenleiden frei, gegründete Hoffnung haben, in eine
höhere Stufe der Seligkeit übergehen zu dürfen. Auf ihren Wanderungen erblickte
sie zuweilen höhere Boten Gottes in lichten, wie hinfliessenden
Strahlengewändern, welche mit Windeseile höhere Befehle auszurichten schienen.
Auch im zweiten Grade, der minder bevölkert sei, als der erste und wieder
mehrere Klassen zähle, als die über demselben stehenden, sei Fortschritt von
Seligkeit zu Seligkeit. Diese höheren Grade, für welche ihr keine beschreibenden
Worte zu Gebote standen, konnte Katharina nur andeuten. „Hier,“ sagte sie
„feiern die auserwählten Heiligen in hellglänzenden Tempeln der Gottesstadt.“
Verklärung und himmlische Wonne verbreitete sich über die Züge der Schlafenden,
wenn sie in diesen Höhen sich befand; ein reicher Ersatz für die schrecklichen
Kämpfe, welche der Anblick der Unseligen in ihre hervorgerufen hatte.
S. 81
Am 25. November v.J. trat mit dem Schlage zwölf in der Mitternacht nach
vierzehnstündigem Schlafe der Augenblick ein, wo Katharina heiter und gesund
erwachte, nachdem sie noch Gott für ihre Rettung brünstig gedankt hatte, und
nun, wie neugeboren, sich ihres Lebens und ihrer wiedergeschenkten Sprache
erfreut. Keine Spur früherer Leiden ist zurückgeblieben. Körperlich gedeiht sie
zusehendes, und wird täglich kräftiger und besser aussehend. Jeder magnetische
Einfluss ist verschwunden. Sie ist stets tätig und wieder dieselbe, die sie vor
zehn Jahren gewesen war; nur dass ihr Gemüt geläuterter, ihre Seele nach oben
gerichtet, ihr Herz veredelt worden ist. Sie ist so geübt im Schweigen, dass
mancher halbe Tag verfloss (sie brachte noch einige Zeit nach ihrer Genesung in
meinem Hause zu), in welchem sie nur aufgefordert, aber dann frei und ohne
Hindernis redete.
S. 82
Jetzt ist sie wieder nach Zuffenhausen zu den Ihrigen zurückgegangen, wo sie als
ein lebendiger, redender Zeuge der göttlichen Macht, Weisheit und Güte jedem die
preisenden Worte ans Herz legt: Psalm 66, 16: „Kommet her, höret zu, alle, die
ihr Gott fürchtet, ich will erzählen alles, was er an meiner Seele getan hat.“
Die
Traktate von Joseph Hahn
(S.
82)
über jenseitige Zustände haben, wie mich die Jungingersche Buchhandlung in
Stuttgart versichert, schon in vielen Hunderttausenden von Exemplaren
Verbreitung gefunden und das mit Recht. Es kann von diesen Offenbarungen gesagte
werden, dass sie mit dem Wort Gottes übereinstimmen. Es geht aus denselben
hervor, wie ernst und folgenschwer unser jetziges Leben, unser tun und Lasen für
die Ewigkeit ist und sie sind darum einmächtiger Sporn zur Heiligung.
Der pseudonyme Verfasser hebt mit Recht hervor, dass die Verheissung von Joel
3,1 auch heute noch in Erfüllung geht, dass Söhne und Töchter weissagen sollen
und Älteste Träume haben und Jünglinge sollen Gesichte sehen. Und ich füge bei,
dass gerade in unseren Tagen, in denen so viele zweifelhafte Kundgebungen durch
spiritistische Medien veröffentlicht werden, es dem Plane Gottes entsprechen
mag, dass vom Geiste Gottes bewirkte Offenbarungen der heutigen Welt kundgemacht
werden. Aber es gilt auch des Apostels Mahnung zu befolgen, die Weisung nicht zu
verachten, doch alles wohl zu prüfen 1. Thess. 5, 21.
Ein besonders empfehlenswerter Traktat ist: „Ein Brief aus dem Himmel.
Mitgeteilt von J. Hahn“. Einem gläubigen jungen Manne, der im 7. Altersjahr
seine fromme Mutter verloren hat, wird auf wunderbare Weise ein Brief von ihr
aus der himmlischen Welt mitgeteilt. Sie sagt ihm, wie sie ihm oft ungesehen
nahe ist; wie sie auch durch die Engel Gottes über seingeistliches Wachstum,
über seine Glaubensproben, Kämpfe, Niederlagen und Siege genau unterrichtet ist.
Sie freut sich auf die Stunde, wen er mit ihr wieder vereinigt sein werde in dem
herrlichen Erbteil, das der Herr ihr bereitet hat, und das in keinem Vergleich
stehe zu dem schönen Anwesen eines vielfachen Millionärs, an dem sein Gang zur
Arbeit ihn täglich vorüberführe. Ein Besitztum sei ihr geworden, wie kein König
auf Erden ein solches habe. In diesem erwarte sie ihn und freue sich auf die
Stunde, wenn sie ihm werde zeigen dürfen, wie die ewige Liebe das Vertrauen
krönt und jede Treue im Glauben so königlich vergilt.
(S. 84)
Über die Wichtigkeit der Gnadenzeit sagt sie dem Sohn: „Jede Stunde ist eine
köstliche Perle und kann zum Schmuck und zur Freude in der Ewigkeit für dich
werden, wenn du sie richtig anwendest. Was verloren ist, bleibt ewig verloren!
Und wenn auch noch manche bussfertige Seelen in der elften Stunde angenommen
werden und den Gnadengroschen der Seligkeit empfangen, sie werden in alle
Ewigkeiten nicht so herrlich glänzen und geschmückt sein wie diejenigen, welche
ihre Kräfte im Dienst des Herrn verzehrt haben und Überwinder geworden sind. O,
wie müssen sich unentschiedene und träge Christen vor solchen Seelen schämen,
wenn sie schon an ihrem Schmuck erkennen, wie oft dieselben geschwiegen, auf ihr
Recht verzichtet, ihre Natur bekämpft und besiegt, was sie aus Liebe zum Heiland
verleugnet, erduldet und im Verborgenen getragen haben.....
(S. 85)
Namen- und Kirchenchristen gibt’s viele. Manche Seele wird nach ihrem Tode selig
gepriesen, kann aber nicht ins Reich Gottes eingehen, weil sie nicht
wiedergeboren ist. Draussen vor der Pforte des Himmels stehen viele, die
meinten, sie haben das ewige Leben, aber es ist bei ihnen zu keinem Sieg über
die Sünde gekommen, darum bleiben ihnen die Tore zur Heimat verschlossen, sie
jammern und klagen und zweifeln an der Gerechtigkeit Gottes, weil es ihnen an
der Selbsterkenntnis fehlt. Es sind solche unter ihnen, welche Gemeinschaften
ernster Christen angehörten, aber den alten Menschen nicht völlig abgelegt
haben. - - - Weil der Satan weiss, welche Herrlichkeit die Menschen erwartet,
wenn sie sich durch Christus wieder zum Vater zurückführen lassen, so gibt er
sich alle erdenkliche Mühe, sie auf alle Arten vom Weg des Lebens abzubringen
und zu verderben. Eine höllische Freude bereitet es dem Fürsten der Finsternis,
wenn er jemand den Glauben an die Göttlichkeit Jesu Christi untergraben und
rauben kann. Das Geheimnis der Gottessohnschaft wird dir in der Ewigkeit auf
eine Weise enthüllt werden, dass du nur staunen und anbeten kannst.“
(S. 86)
Solche wirklich heilsame Belehrungen gibt die verklärte Mutter ihrem noch in der
irdischen Welt wandelnden Sohne. Unter anderem ermahnt sie ihn auch, fleissiger
als bisher zum heiligen Abendmahl zu gehen. Sie sagt ihm: „Halte dich im Glauben
nur fest an die Einsetzungsworte, so wirst du die Kräfte des heiligen Fleisches
und Blutes Jesu gewiss in dich aufnehmen, auch wenn dir das heilige Mahl von
den Händen eines Zweiflers oder Ungläubigen gereicht würde. O, wie notwendig ist
diese himmlische Speise zum Sieg über die Sünde, zur Verbindung mit dem Heiland
und zum Wachstum des Auferstehungsleibes.
Das himmlische Erbteil, von dem die Selige ihrem Sohn berichtet, erinnert mich
an ein Traumgesicht, das einer reichen gläubigen Dame zuteil wurde. In der
himmlischen Welt wurde ihr ein Palast gezeigt mit einem wunderschönen Garten.
Das sei das Erbteil ihres frommen Gärtners, der ein sehr genügsames Leben führte
und seine Ersparnisse für Gottes Sache und Wohltätigkeit verwendete. Nun
erwartete sie, sie werde auch ein herrliches Besitztum erlangen. Wie erstaunt
war sie aber, als ihr eine geringe Hütte als ihr künftiger Wohnsitz gezeigt
wurde. Die Vision machte einen tiefen Eindruck auf sie. Sie erkannte, dass sie
die ihr anvertrauten irdischen Güter in anderer Weise als bisher verwenden
müsse.
(S. 87)
Ein sehr beachtenswerter Traktat von F. Hahn ist „Ein Traum vom Gottesacker“.
Ein seliger Vater gibt seinem Sohn Belehrung über jenseitige Zustände und
Verhälltnisse und schliesst seine Ermahnungen mit folgenden Worten: „Halte da
aus, wo der Herr dich hingestellt hat. Gehe keine eigenen Wege, lass dich von
Ihm führen und in der Gnadenzeit freimachen von allen Untugenden und
Unreinigkeiten, auf dass du einst, nach Ablegung deiner Hülle, unaufgehalten und
unangetastet, beschützt und geleitet von heiligen Engeln und Seligen
hindurcheilen kannst durch das Tal des Todes, welcher Gang niemand erspart
bleibt. Eile vorwärts, denn hier in der irdischen Welt kann man in einem Tage
weiter kommen, als dort in Jahren! Nur die Überwinder empfangen Kronen und
tragen Siegespalmen in den Händen. Sie werden durch alle Ewigkeiten hindurch den
Vorzug vor denen haben, welche erst in den schrecklichen Tiegeln jener Welt
gereinigt, geläutert und geheiligt werden mussten.“
Eduard Weitzel über
das Jenseits
(S.
87/88)
In einem Buch, betitelt: „Dem Ziele zu“ von Lena Fäsi finde ich einen Auszug aus
einer Schrift von E. Weitzel über das Jenseits. Der Verfasser hat tiefen
Einblick in jenseitige Zustände, und der Aufschluss, den er über dieselben gibt,
bekräftigt die Lehren der Heiligen Schrift. Er sagt: Glücklich ist eine
abgeschiedene gläubige Seele, welche ohne Besinnen und Zaudern ihrem heiligen
Schutzengel in die Räume der Ewigkeit kindlich und willig folgt; denn sie wird
unter seinem Schutze durch das schreckliche Tal des Todes sicher hindurchgeführt
und nicht angehalten werden können. Wehe aber der unglücklichen Seele, welche
sich nicht sogleich entschliessen kann, mit ihrem Engel zu ziehen; denn sie
bleibt schutzlos hier unten auf der dunklen Erde in dem höchst unglücklichen
Zustand der Weltgeister zurück, und ist da allem Spott und Hohn aller der
unseligen Geister ausgesetzt, welche noch auf der Erde festgehalten sind. Will
man da entfliehen, was oft ganz unmöglich ist, so kann man doch nicht weiter
kommen als ins Luftreich. Bei den Geistern in der Luft hausen auch Höllenengel;
die treiben die unseligen Geister an, auf die ihnen leiblich oder seelisch
verwandten Menschen verführend einzuwirken, sie zum Selbstmord zu treiben, in
Schwermut usw. zu bringen.
An der Engelbegleitung des noch auf Erden lebenden Menschen sieht der Satan,
welchen inneren Stand eine Seele hat, und richtet seine Angriffe danach. Aber
der Herr stellt solchen stark angefochtenen, Gott suchenden Seelen, welchen Er
besondere Gaben und Ämter anvertraut hat, auch ganz besonders starke Engel zur
Seite, so dass sie vom stärksten Feind nicht überwunden werden können, wenn sie
ihm nicht selbst Gehör schenken und ihren Willen übergeben.
(S. 89)
Die Geister im Weltreich sind zahllos, denn es bleiben da alle jene
abgeschiedenen Seelen, welche noch am Irdischen hängen. Sie sind durch den
mächtigen Erdenmagnet festgehalten; denn wo ihr Schatz ist, ist auch ihr herz.
Sie sind sehr unglücklich, sehen mit neid und Ärger andere im Besitz des
Ihrigen. Sie können nichts mehr davon besitzen, nichts dazu sagen und sich doch
nicht davon trennen. Sie halten sich in ihrem früheren Eigentum auf und können
sich nicht emporschwingen. Die Geister im Luftreich werden von Wind und Wetter
umhergetrieben, oft Hilfe suchend gegen den Zorn der Elemente. Der Seelenleib
ohne die Körperhülle ist lauter Empfindung, dem Schmerz noch viel mehr
ausgesetzt, als im Leibesleben. Suchen sie Obdach, so dürfen sie sich nirgends
ohne den Willen des Menschen eindrängen.
Die meisten Träume kommen aus der Geisterwelt. Bei besonderen Veranlassungen
können sie auch aus höheren Regionen oder aus der Finsternis kommen. Selige
Geister wirken nur mit besonderer Erlaubnis Gottes. Unselige willkürlich oft in
guter Absicht, manchmal in boshafter. Es ist also auf Träume nur in einzelnen
ganz besonderen Fällen einiger Wert zu legen.
(S. 90)
Wenn die unseligen Geister lebende bereit finden, mit ihnen wachend zu verkehren
und die Begabung an solchen Seelen erblicken, drängen sie sich herzu. Die
Geister der Hölle steigen besonders bei der Nacht aus der Unterwelt, dem Innern
der Erde herauf zu der unseligen Geisterwelt des Zwischenreichs und lassen den
armen Seelen keine Ruhe, die sich die schändlichste Behandlung schutz- und
waffenlos gefallen lassen müssen. Das sind die Geisterregionen, aus welchen
hauptsächlich der eigenmächtige Verkehr mit den noch Lebenden gesucht wird, und
dieser Verkehr ist der Spiritismus. Es sind trügerische Geister. Abrahams Schoss
ist im Hades; der Himmel ist erst durch Jesum erschlossen.
Die Seligen und Verklärten nehmen von ferne Anteil an den Hochzeitsfreuden. Doch
werden sie mit wehmütigem Verlangen hinblicken nach dem obern Jerusalem, wo die
Auferstandenen mit dem Lamme und der Braut feiern dürfen. Denn die
auferstandenen und vollendeten Gerechten, diese heiligen Bürger Jerusalems, sie
dürfen mit der Braut als Jungfrauen und auch als Gäste und Diener das herrliche
Hochzeitsmahl mit all seinen Freuden und Wonnen persönlich mitfeiern und
mitgeniessen tausend Jahre.
(S. 91)
Unentschiedene Seelen bleiben im Augenblick des Abscheidens noch frei; sie
können nach freier Wahl mit ihrem Schutzengel gehen an den Ort ihrer künftigen
Bestimmung, oder auf der Erde zurückbleiben, wo sie doch nicht mehr hingehören,
und sich daher höchst unglücklich fühlen. Hängt die Seele an Hab und Gut oder an
Kreaturen, so wird sie wie mit magnetischen Banden zurückgehalten. Nach 40 Tagen
kommt der Engel noch einmal, zu mahnen.
Das Besitztum, das einem drüben angewiesen wird, bleibt einem immer, auch wenn
man weiter kommt auf höhere Stufen; und man kann in diese Hütten auch andere
Selige aufnehmen, die arm sind, weil sie nicht gesät haben. Die, welche beim
Abschied sogleich ins obere Jerusalem aufgenommen werden (welche fähig sind,
schon nach drei Tagen ihren Auferstehungsleib anzuziehen), bekommen überaus
herrliche Besitztümer.
So weit die Auszüge, welche Frau Fäsi aus dem erwähnten Buch machte. Ich finde
dieselben in mancher Hinsicht beachtenswert. Eine begnadigte Seele kann nach des
Verfassers Ansicht drüben arm ankommen, wenn sie nicht eine gute Aussaat
bestellt hat und eine solche muss froh sein, von höherer Stehenden in ihr
Besitztum aufgenommen zu werden. Lukas 16, 9. Von vollendeten Gerechten glaubt
der Verfasser, dass sie schon nach drei Tagen ihren Auferstehungsleib anziehen
und damit ins obere Jerusalem können aufgenommen werden. Dies darf man wohl von
den heiligen Apostel Paulus in der himmlischen Welt nicht noch zu warten auf
seinen Auferstehungsleib.
(S. 92)
Hans Arnold über
das Jenseits
Hans Arnold, ein erklärter Spiritist, teilt in seinem Buch „Das Jenseits“
(Verlag von Fidler, Leipzig), zwei Bände, „das Ergebnis sechzehnjahrelanger
einschlägiger Studien und Erfahrungen“ über jenseitige Zustände und Verhältnisse
mit. So weit diese mit anderweitigen Erfahrungen und besonders mit den Lehren
und Anschauungen des Wortes Gottes (auf die er sich gelegentlich beruft)
übereinstimmen, mögen sie Beachtung finden.
Ich erlaube mir einige Mitteilungen aus diesem Werk zu machen.
Arnold sagt, wenn die verstorbene Seele aus dem Todesschlaf erwacht, so sei ihr
Schutz- oder Führerengel nicht unbedingt sichtbar; es komme darauf an, ob sie im
eigentlichen jenseits oder noch auf dieser Welt erwache. Im letzteren Fall
betrachte sie erstaunt und zweifelnd ihre nächste Umgebung, die sie mit ihren
geistigen Augen genau so körperlich sehe, wie früher mit den körperlichen Augen.
Erst wenn der Geist in seine innere geistige Sphäre eingeführt ist, sieht er die
Dinge der materiellen Welt nicht mehr. Diese sind dann nicht nur für sein Auge
verschwunden, er kann sie in seinem feinstofflichen Zustand auch ohne weiteres
durchdringen; sie sind dann also auch kein körperliches Hindernis mehr für ihn.
Ein Geist, der daher in das Erdinnere versetzt wird, weil dort der seiner
inneren Sphäre entsprechende Platz ist, sieht dort weder die ihn äusserlich
umgebenden Erd- und Gesteinsmassen, noch sind diese ihm körperlich ein
Hindernis.
Wenn die Seele vom Todesschlaf erwacht, ist sie zunächst gewöhnlich der Meinung,
dass sie nicht gestorben sei. Ging dem Tod eine bettlägerige Krankheit voran, so
meint sie gesund geworden zu sein. Manche Geister lassen sich selbst durch den
Anblick ihres Leichnams nicht erschüttern in ihrer Meinung, dass sie vollkommen
leben, also nicht tot oder gestorben sein können, und gehen oft jahrelang wie in
einem Traumzustand dahin.
(S. 94)
Ziemlich vollendete Geister sind gegen dieses Leben so unendlich im Vorteil,
dass sie auch nicht einen Augenblick Sehnsucht oder Verlangen haben, in ihrem
irdischen leibe nochmals, wie ehedem zu leben. Weniger vollendete, unreine,
tiefstehende Naturen wünschen nichts sehnlicher als eine solche Rückkehr; und es
gibt Hunderte von Gelegenheiten, die sie suchen und an die sie sich klammern, um
nur nicht den Konnex mit der materiellen Welt zu verlieren. Die Besessenheiten
sind ein entsprechender Beweis für den Wunsch solcher abgeschiedenen Geister,
auch fernerhin noch „leben“ zu wollen, indem sie sich einbilden, dass sie nur
leben, wenn sie in den Körper eines Menschen, als dessen meist ungeahnter
stummer Gast und materieller Mitgeniesser auch mitessen, trinken und teilnehmen
können an der Betätigung und Befriedigung sinnlicher Lüste. Jede Seele wird
übrigens von ihrem Schutz- oder Führergeist gleich nach ihrem Abscheiden befreit
von solchen Geistern, die sie während ihres materiellen Lebens besessen hatten.
Dieser Befreiungsakt ist bei verhältnismässig vielen Menschen nötig, die nie
eine Ahnung davon hatten, dass sie von einem oder mehreren Geistern besessen
waren. – Gewisse Symptome, durch die ein Eingeweihter das Einwohnern solcher
Gäste erkennen kann, werden von ärztlicher Seite aus vollständig verkannt und
auf andere Ursachen zurückgeführt, die in Wahrheit nichts mit diesen Symptomen
zu tun haben. Dass die Ärzte solchen Vorkommnissen gegenüber völlig machtlos
sind und Kuren anwenden, die das Übel oft schlimmer, nie aber besser machen
können, ist nicht zu verwundern.
(S.95)
Dass diese Darlegungen Arnolds mit der Bibel, besonders mit den Worten jesu,
wenn er vom Geist der Krankheit redet, übereinstimmen, lässt sich nicht leugnen.
Es lässt sich aus denselben auch verstehen, warum die Dämonen, denen Jesus
gebot, aus dem Besessenen auszufahren, von Ihm die Erlaubnis erbaten, in die
Säue fahren zu dürfen. Mark. 5, 12 und Parallele.
Was das Wiedersehen
im Jenseits betrifft,
(S.
95)
so ist es nach Arnold durchaus nicht selbstverständlich, dass Verstorbene ihre
vorangegangenen Angehörigen und Freunde alsbald im Jenseits wiedersehen werden.
Ein Wiedersehen hängt davon ab, ob der abgeschiedene Geist zunächst ein
Zwischenleben durchzumachen hat, oder ob er gleich in das eigentliche Jenseits
übergeführt werden wird. Im ersteren Fall kann ein Wiedersehen nur stattfinden,
wenn die Angehörigen ebenfalls noch ein Zwischenleben auf der Erde führen. Sind
sie aber bereits in das eigentliche Jenseits, in ihr inneres sphärisches Leben
übergegangen, so ist ein Wiedersehen und Verkehr mit den noch auf der Erde ein
Zwischenleben führenden Geistern unmöglich. Ein Wiedersehen kann nur stattfinden
zwischen denen, die derselben Sphäre angehören, die gleich oder ähnlich geartet
sind hinsichtlich ihrer geistigen und moralischen Beschaffenheit. Ein
Himmelsbürger, der in der vollsten persönlichen Freiheit lebt, hat auch
jederzeit das Recht und die Fähigkeit, seine in anderen Sphären weilenden
Angehörigen zu besuchen und wiederzusehen. Aber der Geist Gottes, der sein
innerer Führer ist, belehrt ihn, sich nicht da und dort sehen zu lassen von
seinen Angehörigen, wo es der göttlichen Ordnung gemäss besser unterbleibt. Er
kann daher für seine Person wohl jederzeit seine in andern Sphären weilenden
Angehörigen sehen resp. wieder sehn, aber ein gegenseitiges Wiedersehen ist ohne
weiteres damit nicht gegeben.
(S. 96)
Der in tieferen Sphären weilende Geist kann sich nicht nach seinem Belieben in
höhere Sphären schwingen und kann sich darum nicht zu Angehörigen, die in jenen
Sphären sich befinden, begeben. Ist die geistige Sphäre sehr verschieden, so mag
das Wiedererkennen sehr schwer sein; es kann vorkommen, dass der höhere Geist
seine einstigen Gefährten, Verwandten, Eltern, Kinder in der Gestalt von
entsprechenden Tieren sehen muss – ein Wiedersehen, wie es sich hier wohl kein
Mensch träumen lässt. Diese Behauptung Arnolds lautet sehr abergläubisch; wer
jedoch mit Erscheinungen aus der jenseitigen Welt von unselig Verstorbenen
vertraut ist, der weiss, dass sich solche schon vielfach in Tiergestalten
gezeigt haben. Ob die unreine Phantasie solcher unseligen Geister absichtlich
oder unwillkürlich sich in solcher Tiergestalt ausprägt, das vermag ich nicht zu
beurteilen. Weitzel, den wir als tiefen Kenner jenseitiger zustände kennen
lernten, sagt in seiner Schrift über das Jenseits: „In der finstern Unterwelt
wir den Heuchlern ihre Larve heruntergerissen, sie müssen sich zeigen in ihrer
nackten Blösse, in tierischen, oft drachenähnlichen Gestalten. Da sieht man in
verzerrter Weise Böcke und Wölfe, Schlangen und Tiger, Bären und Schweine, denn
die Seelen nehmen stets jene äussere Gestalt an, deren Eigenschaften sie im
Innern tragen. Da kann man nichts mehr verbergen, da ist man offenbar vor allen
und darüber stets erfüllt von Zorn und Scham.“
(S. 97)
Arnold behauptet ferner, ein Motiv des Wiedersehens könne auch die Versöhnung
sein. Es sei nach dem jenseitigen Moralgesetz notwendig, dass ein Geist nach
Möglichkeit drüben wieder gut zu machen suche, was er hier an den Seinen, an
Freunden oder Bekannten schlecht gemacht und wodurch er sie gekränkt, geärgert
oder geschädigt hat. In diesem Bemühen habe er so lange fortzufahren, bis nach
der göttlichen Ordnung Genugtuung geleistet und Versöhnung erlangt worden sei.
Ein anderer Grund des Wiedersehens könne auch der der Belehrung sein, dass
nämlich der betreffende Geist von Irrtümern frei werde, die ihm für seinen
weiteren Fortschritt hinderlich sind. Viele verlassen sich hinsichtlich ihrer
Seligkeit auf die Segnungen ihrer Kirche. Wenn sie nun drüben einsehen, wie
elendiglich es im Jenseits den Ihrigen geht, von denen sie glaubten, sie seien
durch die Hilfe der Kirche so wohl geborgen gewesen, so lernen sie einsehen,
dass äusserliche religiöse Zeremonien ohne innere Herzenserneuerung zur
himmlischen Seligkeit nicht berechtigen und sie werden am ehesten auf diese
Weise von ihren falschen Begriffen losgelöst. Ja, das eigentliche Elend, sagt
Arnold, fängt bei den meisten Menschen dort erst recht an, die hier als Selige
betrachtet werden.
(S. 98)
Wenn aber zwei Ehegatten auf der gleichen Glaubens- und Liebesstufe stehen und
auch sonst miteinander seelisch verwandt und von gegenseitiger Liebe zueinander
erfüllt sind, so werden sie sich auch im Jenseits in derselben Sphäre befinden
und werden sich dort unter Freuden wiedersehen und gegenseitig ihre alten
irdischen Erinnerungen austauschen. Sie werden sich als Zusammengehörige fühlen
und als solche zusammen bleiben so lange, bis der eine oder andere Teil in der
geistig-seelischen Entwicklung vorauseilt oder zurückbleibt.
(S. 99)
Wenn Arnold behauptet, dass Geister im Jenseits müssen gut zu machen suchen, was
sie an Angehörigen und anderen schlecht gemacht haben, so mag das eine Mahnung
für uns sein, uns nicht mit einem oberflächlichen Glauben an die Vergebung
unserer Sünden zu beruhigen und nicht mit unvergebenen Sünden ins Jenseits
abzuscheiden. Im Gericht Gottes gibt es keine Verjährung. Unrechtes Gut muss
zurückerstattet werden und sollte dies bei dem Geschädigten nicht mehr möglich
sein, so muss es zu Zwecken der Wohltätigkeit verwendet werden. Der Oberzöllner
Zachäus mag uns als Vorbild dienen.
Aber andererseits wollen wir uns die Kraft des Versöhnungsblutes unseres Herrn,
für das Arnold kein Verständnis hat, nicht schmälern lassen. Auch die schwersten
Blutschulden können bei aufrichtiger Reue und Busse Vergebung finden, was Davids
Ehebruch und Mord beweist.
Dass auch gläubige Seelen, wenn sie beim Abscheiden aus dieser Welt nicht völlig
losgelöst sind vom Irdischen und auch von zu grosser Anhänglichkeit an
Angehörige, drüben noch einen Läuterungszustand mögen durchzumachen haben, davon
berichtet die zuvor erwähnte Frau Fäsi in ihrem Buch: „Dem Ziele zu“ ein
Beispiel.
(S. 100)
Eine um ihrer aufrichtigen Frömmigkeit willen allgemein hochgeachtete Frau
erschien nach ihrem Tode ihrer Tochter, einer Pfarrfrau, und berichtete ihr,
dass sie nicht wie im Sprung in den Himmel gekommen sei, sondern dass sie
zunächst an einem dunklen Zwischenort gekommen sei, wo sie sich erst reinigen
und ablösen musste von ihrer fleischlichen Anhänglichkeit an die
zurückgelassenen Ihrigen. Später, als sie zu einer höheren Sphäre gelangt war,
hat sie, nach Angabe ihrer Tochter, die Rolle eines Schutzengels übernehmen
dürfen.
Die bisherigen Auszüge aus Arnolds Werk über das Jenseits scheinen mir aus den
schon erwähnten Gründen der Wahrheit zu entsprechen und darum beachtenswert.
Aber nun muss ich leider bezeugen, dass in seinem Buch auch bedenkliche Irrtümer
zu finden sind. Arnold ist ein ausgesprochener Gegner der Kirchenlehre;
vornehmlich der katholischen, aber auch der evangelischen. Er erwartet, dass man
seine Darlegungen bekämpfen werde und glaubt, uns Geistlichen den Rat geben zu
müssen, als Unberufene unsere Finger von diesem Buch zu lassen. Diesen Rat habe
ich nicht befolgt, finde mich nun aber auch berufen, auf einige grundstürzende
Irrtümer in Kürze hinzuweisen.
(S. 101)
Nach Arnold haben unsere Theologen, überhaupt die Gläubigen den Sinn der Worte
des Apostels: „Das Blut Jesu Christi, de Sohnes Gottes, macht uns rein von aller
Sünde“ nicht verstanden. Er sagt Seit 140: „Das aus aufopfernder Liebe
vergossene Blut Christi bedeutet in solchen biblischen Redewendungen stets das
Siegel aufopferndster Liebe überhaupt. Wer solche Liebe besitzt, der hat vor dem
Angesicht Gottes sein Kleid, d.h. sein menschlich-persönliches Ich gereinigt.“
Und Seite 146 sagt Arnold: „Nicht durch das Leiden, sondern durch seine Lehre
ist Christus unser Erlöser. Wir sind nicht erlöst, weil Christus gelitten hat,
sondern wir werden erlöst in dem Masse, wie wir seine Lehre befolgen und dadurch
von der Sünde erlöst werden! Nicht Christus als eine Person ausser uns ist unser
Erlöser, sondern der Geist Christi, der auch in uns wohnt, der göttliche Geist
der Liebe in uns... ist unser Erlöser“. Aus diesen und anderen Darlegungen
ergibt sich, dass der Mensch nach Arnolds Lehre sein eigener Erlöser ist; er
erlöst sich dadurch, dass er am Vorbild Jesu die aufopfernde Liebe in sich
erwecken lässt. Der Opfertod Jesu, in dem Tausende und Millionen von Sündern
Trost und Friede, Kraft zum Überwinden der Sünde und zu einem neuen Leben in der
Gemeinschaft mit Gott gefunden haben, wird entwertet; die höchste Tat der Liebe
Gottes, um eine verlorene Welt zu retten, wird als nichtig hingestellt.
(S. 102)
Arnold hat seine Weisheit, wie er in der Einleitung seines Buches sagt, in der
„Neutheosophischen Bibliothek in Bietigheim“ und vornehmlich bei dem
„Vatermedium“ Jakob Lorbeer gefunden. Dieser hat „das Grosse Evangelium
Johannes“ geschrieben, eine biographische Schilderung der Lehren und Taten Jesu
in 10 ½ Bänden. Berendt, ein Verehrer Lorbeers, sagt in einem kürzlich
erschienenen Traktat, wie es beim erstmaligen Kommen Jesu gegangen sei, so gehe
es jetzt seit 1840 wieder: „Da kam Jesus in den Wolken des Himmels wieder im
Buchstaben des geschriebenen und dann gedruckten Wortes.... 1840 am 15. März in
der Morgenfrühe erging an Jakob Lorbeer in Graz das Wort: „Nimm deinen Griffel
und schreib.“ Was Lorbeer an diesem Morgen zu schreiben hatte, will ich nicht
wiedergeben, - ein Gemisch von frommen Ermahnungen und bedenklichen Irrtümern.
Wer die Salbung des heiligen Geistes empfangen hat, lässt sich von solchen
Offenbarungen nicht betören. Ich zweifle nicht, dass Lorbeer ein redlicher und
frommer Mann war und dass er die feste Überzeugung hatte, direkt von Jesu
inspiriert zu sein und dass, was er schrieb, die eigensten Worte Jesu seien.
Offenbar war er ein hervorragendes Schreibmedium, dessen sich ein jenseitiger
Geist bediente, um in dieser Welt eine Rolle zu spielen. Ich glaube Weitzels
Urteil trifft hier zu, wenn er vom Spiritismus sagt, die Geister, welche den
eigenmächtigen Verkehr mit den noch Lebenden suchen, seien meist lügnerische
Geister. „Sie stellen sich den Menschen fast immer unter der Maske des
Wohlwollens und der Frömmigkeit, oft auch der Wissenschaft dar, um sich durch
diesen guten Schein ihren Einfluss auf dieselben zu sichern... Sie benützen dazu
die Neugierde, das irdische Interesse und Lobeserhebungen, so dass es ihnen oft
genug gelingt.“
(S. 103)
Ohne Zweifel hat auch Arnold von lügnerischen Geistern sich beeinflussen lassen.
Er führt in seinem Buch angebliche Reden von Jesu an, die seiner unwürdig sind
und den Stempel der Erfindung an sich tragen. Er empfiehlt eingehende Lektüre
der neutheosophischen Schriften, um „die kindliche Vaterliebe“ verstehen zu
lernen, die in diesen Schriften in erster Linie gepflegt werde und die unserem
Kirchen-Christentum so sehr abgehe. Aber bei der kindlichen Intimität, die da
hervorgehoben wird, ist ausser acht gelassen die Majestät des dreimal Heiligen,
wie sie in der göttlichen Offenbarung geoffenbart ist. Es ist darum auch nicht
zu verwundern, wenn Arnold kein Verständnis hat für die Grundlehre der heiligen
Schrift, die Erlösung durch den Opfertod unseres Heilandes und wenn er sucht
diese zu widerlegen durch Umdeutung und Verdrehung der diesbezüglichen
Schriftstellen. Darum, so viel Beachtenswertes Arnold zu sagen weiss über
jenseitige zustände und Verhältnisse, so muss doch vor seinen Büchern ernstlich
gewarnt werden.
(S. 104)
Der Spiritist
Hermann Döring
Anschliessend an obiges berichte ich noch einiges über Hermann Döring, der sich
einen ungelehrten Fabrikarbeiter nennt, der aber ohne Zweifel ein begabter und
wahrheitsliebender Mann ist. Es sind mir zwei Traktate zugesandt worden; der
eine betitelt: „Wie ich zum Spiritismus kam“ und der andere: „Ist Spiritismus
Teufelswerk?“ Er berichtet, er habe schon mehr als vierzig Medien kennen
gelernt, Hunderte von spiritistischen Sitzungen beigewohnt; er habe schon
Tausende von Kundgebungen aus dem Jenseits erhalten, von Reichen und Armen, von
Fabrikherren und früheren Mitarbeitern, von Bischöfen und Priestern usw. und
könne sich aus Erfahrung ein Urteil bilden.
(S. 105)
Er kam zum Spiritismus durch seine Frau, die ein Medium ist. Diese hatte einer
spiritistischen Sitzung beigewohnt, und obwohl sie sich dagegen sträubte, wurde
sie überwältigt, verfiel in Schlaf und wurde so um Medium. Anfangs sei sie von
lügnerischen Geistern beeinflusst worden; dann aber seien diese ausgeschlossen
worden und gute Geister hätten durch sie die Leute belehrt, sie sollten nicht so
viel Geld in die Kirche tragen und Messen lesen lassen für die Verstorbenen,
sondern das Geld lieber den Armen und Notleidenden geben. Dies erregte den Zorn
der Geistlichkeit, das Medium wurde in den Abgrund der Hölle verflucht und die
Bauern wurden aufgehetzt, es zu erschlagen. Aber die Frau wurde wunderbar
bewahrt, dass ihr kein Leid widerfuhr; und als der Priester auf der Kanzel gegen
sie predigen wollte, war er heiser, so dass er kein Wort sprechen konnte und
blieb heiser bis an seinen baldigen Tod. Nach seinem Tod habe er sich durch das
Medium gemeldet und habe einsehen gelernt, dass in diesen spiritistischen
Sitzungen nichts Schlechtes getrieben werde. Döring missbilligt übrigens
Experimental-Sitzungen, die aus blosser Neugierde und ohne Gott und höhere
Geister um Beistand zu bitten, unternommen werden. Da sei es nicht zu
verwundern, wenn einzelne durch Verkehr mit Geistern irrsinnig geworden seien.
Überhaupt sei Krankheit und Wahnsinn ein Besessensein von niederen Geistern.
Gute Medien, die mit besseren Geistern verkehren, brauchten keine finstern
Zimmer, Extrakabinette, dunkle Vorhänge und dergleichen. Der wahre Spiritismus
sei zur Erhaltung des Geisteslebens so nötig, wie Wasser und Feuer zur Erhaltung
des Leibeslebens. Er sei durch den Verkehr mit guten Geistern und durch die
möglichste Befolgung ihrer Lehren und Ratschläge zufriedener, gesunder und
glücklicher geworden, als er früher war.
(S. 106)
Und was ist die Hauptsache der spiritistischen Lehren? „Es ist die wahre Liebe
zu Gott und allen seinen geschaffenen Wesen; die geistige Kraft, die der Mensch
immer mehr und mehr in sich aufnehmen soll, wie ich fast bei jeder Sitzung zu
hören bekam; sie ist ein Universalmittel gegen alle Übel, gegen alle Leiden und
Krankheiten.“ Es ist also auch hier die Selbsterlösung des Menschen, wie wir sie
bei Hans Arnold und den neutheosophischen Schriften finden. Von der Erlösung des
Sünders durch das Blut des Sohnes Gottes ist hier nicht die Rede. Und an die
Stelle des heiligen Geistes, der die im Blute Jesu Gewaschenen mit Licht und
Kraft zum Überwinden der Sünde ausrüstet, und ihre herzen mit Trost und Frieden
und Freude erfüllt, treten die Geister der Toten. Und anstatt sich mit der
lautern und unversiegbaren Quelle des göttlichen Wortes zu beschäftigen, geben
sich die Spiritisten nächtelang mit den trügerischen Offenbarungen der Geister
ab. Dass dies dem Willen Gottes zuwider ist, das ist im Gesetz Moses deutlich
angezeigt. (5. Mose 18, 11) Wenn Döring meint, es sei an dieser Stelle von g e
i s t l i c h Toten die Rede, so zeigt er, wie wenig befähigt er ist, Gottes
Wort zu verstehen. Dörings Befragen der Geister mag zwar eine höhere Art sein,
die sich unterscheidet vom Beschwören der Toten, wie es bei heidnischen
Zauberern geübt wird; aber sicher ist es ein Gott missfälliges und schädliches
Unternehmen; und es ist wohl zu beachten, dass der Spiritist in Gefahr ist,
unter den Einfluss satanischer Geister zu kommen und dass der Apostel sagt,
Satan könne sich vorstellen in einen Engel des Lichts (2. Kor. 11, 14). Darum
ein erleuchteter Christ hütet sich, sich mit dem Spiritismus abzugeben. Dem
Gesagten füge ich bei, was eine Autorin O.M. in ihrer Schrift: „Aus dem
Geisterreiche“ erwähnt:
(S. 107 / 108)
In den Blättern aus Boll wird als authentisch erzählt von einer Dame in England,
die ebenfalls ihre Gäste mit Tischklopfen zu unterhalten suchte. Ein christlich
gesinnter Freund machte sie auf das Sündliche dieser Art von Unterhaltung
aufmerksam; sie aber beharrte dabei, nichts Unrechtes darin zu finden, und
versicherte, sie unterhalte sich oft lange mit ihrer lieben verstorbenen
Freundin, die eine vortreffliche Seele gewesen sei, auf diese Weise. Ein anderer
Herr, der zu einer solchen Abendgesellschaft der Dame geladen war, bat dieselbe,
ihm zu erlauben, der Sache auf den Grund zu gehen. Nachdem verschiedene Fragen
an den zur Erleichterung des Verkehrs aufgestellten Psychographen gerichtet
worden waren, legte er die hand auf denselben und sprach: „Ich gebiete dir im
Namen Jesu Christi des Sohnes Gottes, dass du sagest, wer du bist.“ Ein heftiges
Hin- und Herschwanken machte sich bemerklich und endlich kam die Antwort: „Der
Allerärgste“, worauf der ganze Apparat umgeschleudert vom Tische fiel. Er wurde
indes wieder aufgesetzt und verlangt, dass er seinen Namen sage, worauf der
Bleistift des Apparates mit jähen Zügen schrieb: „Satanas“. „So gebiete ich dir
im Namen Jesu, dich wegzuheben von hier und nicht wiederzukehren.“ Von da an
blieb alles stumm.
o o O o o O o o O o o O o o
Warnung eines Spiritisten
vor den Gefahren des Spiritismus
(S. 109)
Ich
erhielt dieser Tage ein merkwürdiges und lehrreiches Buch, das den Titel führt:
„Licht und Schatten der spiritistischen Praxis, nebst Angabe von Mitteln zur
Verhütung und Wiedergutmachung von schädlichen Folgen. Auf Grund eigener
Erlebnisse von Georg Sulzer, Kassationsgerichtspräsident a.D. in Zürich.“ Verlag
von O. Mutze in Leipzig 1913. Der geehrte Verfassen der die Güte hatte, mir sein
Buch zu übersenden, berichtet zuerst, wie durch den Religionsunterricht des
extremfreisinnigen Theologen Biedermann sein Glaube der Kindheit zerstört wurde.
Gleich Jahto lehrte er, es gebe keinen persönlichen, selbstbewussten Gott, alle
in der Bibel erzählten Wunder seien nur Selbsttäuschungen oder fromme Legenden;
auch leugnete er das persönliche Fortleben nach dem Tode. Diese Lehren erregten
zuerst einen Aufruhr in seinem Gemüt; da aber seine Mitschüler mit Ausnahme
einiger diese Weisheit als allein der modernen Aufklärung entsprechend hielten
und als bei seinem Übertritt in die Hochschule er fand, dass auch die meisten
Theologiestudenten derselben Meinung waren, da fand er keinen Ausweg aus seinen
zweifeln und kam zum Entschluss, alles Grübeln über Religion und Weltanschauung
aufzugeben. Erst in späteren Jahren lernte er spiritistische Literatur kennen,
die er vorsichtig prüfte und die ihn veranlasste, einem spiritistischen Verein
beizutreten. Hier kam er zur Überzeugung, dass die Seelen der Verstorbenen im
Jenseits fortexistieren und dass sie sich in spiritistischen Zirkeln durch
medial veranlagte Menschen zu offenbaren vermögen.
(S. 110)
Sulzer kam auf diese Weise nicht nur zum Glauben an die Unsterblichkeit der
menschlichen Seele, sondern auch zur Anerkennung der Grundwahrheiten des
Evangeliums. Ein Rezensent seines Buches in der Zürcherzeitung vom 4. Juli 1913
sagt von ihm: „Erst im Jahre 1896 trat er dem Spiritismus anfangs sehr
skeptische näher, lernte seine Literatur kennen und seit einem Jahrzehnt tritt
er in Zeitschriften und Büchern für seine spiritistischen Überzeugungen ein. Es
wäre ungerecht, dieselben mit leichter Ironie zurückzuweisen. Denn Sulzer macht
den Eindruck eines ernsten selbstlosen Mannes, welcher an die Grundwahrheiten
eines positiv aufgefassten Christentums eben so fest glaubt, wie an seinen
Verkehr mit den Verstorbenen.... Das Christentum und der Spiritismus sind dem
Verfasser heilige Dinge. Er warnt eindringlich davor, aus Neugierde, aus
egoistischen Motiven oder gar mit Spott den Verstorbenen nahe treten zu wollen.
Nervöse, sensitive, sittlich schwache und unreine Menschen sollen diesen
Gebieten ganz ferne bleiben. Wir müssen es rühmend hervorheben, dass der
Verfasser keineswegs Proselitenmacherei treibt, sondern oft die Gefahren
hervorhebt, die in diesen Dingen liegen. Er kann recht kritisch und skeptisch
sein und er gehört als alter gewiegter Jurist keineswegs zu den Personen, die
alles glauben.“
(S. 111)
Die schwerste Gefahr, die der Verkehr mit der Geisterwelt oft nach sie zieht,
liegt nach Sulzer darin, der Besessenheit anheim zu fallen. Er sagt Seite 198:
Ich habe viele Besessenheiten kennen gelernt, die durch den Geisterverkehr
verursacht waren, ganz abgesehen von den bloss vorübergehenden eines jeden von
fremden Geisterwesen für Sprechen oder Scheiben benutzten Mediums, und ich habe
genugsam Gelegenheit gehabt, zu sehen, wie schlimm sich die Folgen der
Besessenheit bisweilen für den Besessenen und seine Umgebung gestalten. Sulzer
erwähnt einige Fälle von Besessenheit infolge es Geisterverkehrs. Ein Joseph
Elmiger, Mitglied einer Sängergesellschaft aus dem Kanton Luzern, besuchte im
Jahre 1901 in Zürich wiederholt spiritistische Sitzungen. In der Nacht nach
einer solchen Sitzung erwachte er durch einen heftigen Knall und sah am
folgenden Morgen, dass in seinem Schlafzimmer sämtliche an der Wand hängende
Bilder und Spiegel aus den Haken herausgerissen und auf einen Haufen geworfen
waren, ohne dass etwas wäre zerbrochen worden. Anstatt nun von den Sitzungen
fernzubleiben, wurde er nur noch eifriger und fing an automatisch zu schreiben.
Bald hörte er eine Stimme, die ihm die Worte diktierte und ihn zwang zu
schreiben, was sie sagte. Die Stimme erteilte ihm auch Befehle, denen er
gehorchen musste, ob er wollte oder nicht. Er musste auf der Eisenbahn fahren
und dann in unsinniger Weise umherlaufen, bis man ihn als verrückt in die
Irrenanstalt des Kantons Luzern zu St. Urban brachte, und in der er ein halbes
Jahr verblieb. Diese Anstalt war früher ein Kloster und der Quälgeist, von dem
Elmiger besessen war, behauptete, vor etwa 200 Jahren hier als Schreiber der
Mönche gelebt zu haben. So lange Elmiger in der Anstalt war, liess er ihm keine
Ruhe. Oft weckte er ihn mitten in der Nacht und Elmiger musste dann die Vorträge
dieses Geistes anhören, die sich unter anderem auf seine Weltanschauung bezogen,
die er Naturlehre nannte. Nachdem Elmiger ein halbes Jahr im Irrenhaus gewesen
war, hörte er die Stimme seines Peinigers die Worte sprechen: „Ich habe dich ins
Irrenhaus gebracht, ich werde dich auch wieder herausbringen.“ Und dies ging
auch alsbald in Erfüllung; er wurde als geheilt entlassen. Völlig geheilt war er
zwar nicht; doch hatte sich sein Zustand soweit gebessert, dass er seinen Beruf
als Mitglied einer Sängergesellschaft wieder aufnehmen konnte.
(S. 113)
Eine weitere Gefahr, die Personen droht, die sich in den Verkehr mit der
Geisterwelt einlassen, sind nach Sulzer körperliche Angriffe durch tiefstehende,
stark materielle und deshalb noch körperliche Kraft besitzende Geister. Er gibt
davon mehrere Beispiele. Eines der schlimmsten Beispiele ist folgendes: Ein
junger Mann hatte sich durch die Vermittlung einer übel beleumdeten Frau in den
Geisterverkehr eingelassen. Infolgedessen fühlte er sich, wie er seinen Freunden
sagte, von Geistern beunruhigt und verfolgt. Nachdem er nach Aussage seiner Frau
den ganzen vorangegangenen Tag unter dieser Beunruhigung gelitten hatte, war er
in der Nacht aufgestanden, weil er wiederum diesen Einfluss spürte und hatte
sich auf das Gesimse des offenstehenden Fensters gesetzt, um die frische
Nachtluft einzuatmen. Plötzlich stürzte er hinunter auf die Strasse und war
sofort tot, denn seine Wohnung befand sich im dritten Stockwerk. Er war nach
Aussage seiner Frau vollständig nüchtern gewesen und Sulzer kam zu der Ansicht,
dass er höchstwahrscheinlich durch physische Geistergewalt herabgestürzt worden
ist.
(S. 114)
Dass viele Selbstmorde durch bösartige Geister verursacht werden, die ihre Opfer
durch Suggestion zum Selbstmord zu verleiten suchen, ist Herrn Sulzer eine
wohlbekannte Tatsache. In obigem Fall aber hält er diese Annahme für
ausgeschlossen, denn der betreffende hatte gegen seine Frau niemals
Selbstmordgedanken geäussert.
Ein merkwürdiger Fall von Heilung von Besessenheit sei hier noch erwähnt. Ein
Student der Theologie war in schwere Tobsucht verfallen. Um geheilt zu werden,
nahm er seine Zuflucht zu einer „Zionsgemeinschaft“, die sich mit
Gebetsheilungen befasste. Aber der „Dämon“, wie man ihn nannte, wollte sich
nicht austreiben lassen. Da nahm ein Mitglied der Gemeinschaft den Besessenen in
sein Haus, und hier kniete die ganze Familie mit dem Kranken nieder und betete
nicht nur für diesen, sondern auch für seinen Quälgeist, dem vorgehalten wurde,
dass er sich durch seine Beherrschung des Besessenen einer schweren Sünde
schuldig mache. Da veränderte sich plötzlich das Gesicht des Besessenen und aus
seinem Munde kamen mit weiblicher Stimme Worte, die sich als von einem
verstorbenen Mädchen ausgehend bezeichneten, das den jungen Mann geliebt habe
und immer noch nicht von ihm lassen könne. Sie versprach nun, den Besessenen zu
verlassen; sagte auch, sie sei kein böser Dämon und habe darum auch dem früheren
Befehl nicht Folge geleistet. Von diesem Augenblick an trat im Zustand des
Kranken Besserung ein. Da aber die Besessenheit mit Neurasthenie gepaart war, so
zog der junge Mann vor, statt zur Theologie zurückzukehren, sich der Gärtnerei
zu widmen.
(S. 115 / 116)
Nach den schlimmen Erfahrungen, die Herr Sulzer mit dem Geisterverkehr machte,
hätte man erwarten sollen, dass er sich völlig von dem selben losgesagt hätte
und das um so mehr, als er in seinem Buch schlagende Beweise gibt, wie
Spiritisten sich durch lügenhafte Geister irreführen und zu bedenklichen
Irrtümern verleiten liessen. Allein er sagt Seite 13f.: „Der Hauptgrund meiner
weiteren Beteiligung an solchen Sitzungen (seit dem Herbst 1908) wurde das
Mitleid mit den sich kundgebenden unglücklichen Geisterwesen des Jenseits, denn
ich hatte mich je länger je mehr überzeugt, dass wir die Geister der niederen
Sphären, die uns von höheren zugeführt werden, durch Belehrung und Gebet in
ihrer geistigen Entwicklung bedeutend fördern können, wie ja das schon die
Seherin von Prevorst getan hat.“ Seite 258 folgende führt er verschiedene höhere
Zwecke an, die, wie er glaubt, zum Verkehr mit der Geisterwelt Berechtigung
geben.
Es ist nicht meine Absicht, die Berechtigung dieser „höheren Zwecke“ zu prüfen.
Ich denke, Herr Sulzer macht uns genügend aufmerksam auf die schweren Gefahren
des Geisterverkehrs; und der gläubige Christ wird sich hüten, sich solchen
Gefahren auszusetzen.
o o O o o O o o O o o O o o
ab Seite 117 folgt der
II.
Teil
(hernach) und beginnt mit dem Titel
Unleugbare
Tatsachen
Auf der Schwelle
zwischen Diesseits und Jenseit
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