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in Möttlingen nach – so wie es Blumhardt prophezeit
hatte: „in etwa 50 Jahren…“
Die Krankheitsgeschichte und
Heilungsgeschichte der Gottliebin Dittus
basierend auf dem ausführlichen
Original-Bericht von Pfarrer Joh. Chr. Blumhardt haben wir separat hier im
Internet unter dem Knopf (button) „Der Geisterkampf in Möttlingen“ gezeigt.
Im Lebenslauf von Friedrich Stanger findet
sich auch der Satz: „Blumhardt soll einst vorausgesagt haben: ‚in etwa
fünfzig Jahren wird der Herr in Möttlingen Ähnliches wieder wirken wie
jetzt’“! Lesen Sie dieses und weiteres unten im Lebenslauf von Friedrich
Stanger
Zuerst aber nochmals ein paar Worte über
Pfarrer Johann Christoph Blumhardt: über ihn schrieb in neuerer Zeit in der
Zeitschrift „Leben und Glauben“ (Ausgabe Nr 19/2004) Jannis Zinniker u.a.
„… womit wir beim (fast) vergessenen
evangelischen Pfarrer und Heiler Johann Christoph Blumhardt (1805 – 1880)
angelangt wären….
Die Heilung der Gottlieben Dittus
Blumhardt stammte aus einer einfachen
Handwerkerfamilie. Dank eines Stipendiums konnte er in Tübingen Theologie
studieren. 1830 wurde er Lehrer am Missionshaus in Basel. Bekannt wurde er
durch seine Arbeit als Seelsorger in Möttlingen bei Calw. Als er dort 1838
seine Arbeit begann, herrschten in der Gemeinde laut einem Chronisten
„sichtbarer Leichtsinn und Gleichgültigkeit“. Bald wurde Blumhardt
zusätzlich mit der Krankheit eines jungen Gemeindegliedes konfrontiert.
Gottliebin Dittus litt unter Krämpfen, Blutungen und unerklärlichen
Geistererscheinungen. Blumhardt begegnete der Krankheit mit beharrlichem
Gebet. Nicht nur seine Patientin, auch er kam dabei oft an den Rand der
Verzweiflung. Es war, als sollte sein Glaube geprüft werden. Seine Gebete
waren Schreie aus tiefer Not. Klinisch genau beschrieb Blumhardt den Verlauf
der Krankheit mit allen Fortschritten und Rückschlägen. In diesem
eindrücklichen Bericht ist von unerklärlichen Stimmen, von Krämpfen, von
Drahtstücken und Stricknadeln die Rede, die aus dem Körper der Kranken
heraustraten, ohne Wunden zu hinterlassen. Vier Jahre dauerte der Kampf um
die Seele der jungen Frau – dann war der Spuk vorbei. Gottliebin Dittus war
geheilt. „Jesus ist Sieger“, notierte Blumhardt.
Das “Heilungswunder“ verbreitete sich schnell.
Blumhardt predigte an manchen Sonntagen bis
zu drei Mal, um dem Besucherstrom gerecht zu werden. Er sah die Heilungen,
die sich bei Gottesdienstbesuchern oder bei deren Angehörigen zu Hause
spontan einstellten, nie als sein Verdienst an, sondern als Botschaft Gottes
an die Menschen, sich der göttlichen Führung auch in Leid und Krankheit zu
überlassen. Seine Pfarrkollegen beneideten ihn wegen seiner Popularität und
zeigten ihn bei der Kirchenleitung an. Er bekam einen Verweis, weil er sich
bei seinen vielen
Gottesdiensten nicht an die vorgeschriebenen
Zeiten und an die Grenzen seiner Gemeinde gehalten hatte….
Blumhardt’s Nachfolger in Möttlingen war Friedrich
Stanger
Wie eingangs erwähnt, sagte Blumhardt: „In
etwa fünfzig Jahren wird der Herr in Möttlingen Ähnliches wieder wirken wie
jetzt!“
„Der Friederle von
Möttlingen“
titelte Jannis Zinniker im „Leben und
Glauben“ Nr. 48/2004. Und er beschreibt Stanger’s Lebensweg wie folgt.
Friedrich Stanger kam am 5. Februar 1855 im
Schwarzwalddorf Möttlingen zur Welt, wo von 1838 – 1852 Johann Christoph
Blumhardt als Pfarrer und Heiler gewirkt hatte. Stanger, ein uneheliches
Kind, wuchs zunächst bei den Grosseltern, dann bei Mutter und Stiefvater in
Bad Liebenzell auf. Nach der Konfirmation begann er in einer Pforzheimer
Goldwarenfabrik eine Lehre, die er aber aus gesundheitlichen Gründen
abbrach. Nach verschiedenen Tätigkeiten, unter anderem als Reitknecht, fand
er eine Anstellung in einer Stuttgarter Etuifabrik. Früh dem Alkohol
verfallen, erlebte er seinen Kampf mit der Sucht als ein Ringen zwischen
Gott und Teufel. Durch den Anschluss an die Altpietistische Gemeinschaft in
Stuttgart kam er vom Alkohol los. Er entdeckte, zunächst an sich selber,
seine Gabe der Heilung physischer und psychischer Krankheiten durch Gebet
und Handauflegen. Durch Visionen wurde Stanger ermutigt, nach Möttllingen
zurückzukehren, wo er 1909 die „Rettungsarche“ gründete, eine Art
Erholungsheim, in dem er bis zu seinem Tode seine Gabe des Heilens ausübte.
Stanger war Mitglied der Landeskirche und um ein gutes Verhältnis zu den
Ortspfarrern bemüht. Er verstarb am 13. März 1934. Sein Lebenswerk, die
„Rettungsarche“, wurde durch die Nationalsozialisten geschlossen und konnte
erst nach 1945 wieder eröffnet werden….
Vom Schweigen und vom Singen
„Wer wüsste nicht, welch unheilvolle Rolle
die Zungensünden spielen und wie leicht es auch die Christen damit nehmen!
Da wird berichtet und gerichtet, gehört und weitererzählt, ungeprüft,
unbedenklich, unbarmherzig. Es gibt keinen Spruch, der von den Gläubigen so
oft missachtet wird wie die Mahnung: “Richtet nicht!“ So beschreibt es
Stanger, und deshalb empfahl er den Hilfesuchenden immer wieder das
Schweigen und den Gesang. Er sagte: „Ihr helft mir mit euren Gesängen bei
meinen Gebeten. Singt nur tapfer, das mag der Teufel nicht leiden. Dann
flieht er und Jesus wird umso schneller Sieger.“ ….
Schau mich an
Wenn Kranke in der Sprechstunde klagten:
„Warum will es bei mir nicht bessern? Bin ich von Gott verworfen? Warum muss
ich mein Leiden behalten und andere werden befreit?“, dann sagte Stanger:
„Schau mich an!“ Er war selbst ein Beispiel dafür, dass Glaube und Gebet
scheinbar nicht helfen. Mit zunehmendem Alter war er so gebrechlich, dass er
hilflos im Lehnstuhl sass, die Glieder steif, die Hände durch Gicht
verkrüppelt. Spötter rieten ihm denn auch: „Arzt, hilf dir selber, bevor du
anderen hilfst!“ Aber Stanger war getrost und überzeugt, dass Gott gerade in
den Schwachen mächtig ist und dass das Wort „Wer mir nachfolgt, der nehme
sein Kreuz auf sich“ eine tiefe Bedeutung hat; ja dass auch das Tragen einer
Krankheit ein Zeichen der Erwählung sein kann.
Drei wichtige Regeln
Ein Bäuerlein sagte beim Abschied zu Stanger:
„I kann halt nix bhalte.“ – „So?“ sagte Stanger. „I will dir a Wort mitgebe:
Auf d’Zunge beisse! Kannst des bhalte!“ „Jo“, sagte der Bauer. Der eine
etwas rasche Zunge hatte und ging. Nach vierzehn Tagen kam er wieder. „Hast’s
bhalte könne?“, fragte Stanger. „Jo“. – „Hast’s au tan?“ – „Jo.“ – Jetzt sag
i dir nomal eppis; S’goht mi nix a! Kannst des bhalte?“ – „Jo“, sagte das
Bäuerlein, dankte und ging. Bald erschien es wieder in der Arche. Diesmal
strahlte es vor Freude. Beim Abschied sagte Stanger: „Jetzt will dir no
eppis sage: Kleiner werde! Mit dene drei Regle kommst durchs ganze Lebe: Auf
d’Zunge beisse! S’goht mi nix a. Kleiner werde!“
Worte Friedrich Stangers
In der Arche wurde täglich morgens und
nachmittags Andacht gehalten. Stanger sprach frei, liess sich vom Augenblick
führen. Aus den Andachten, die zum Teil mitgeschrieben wurden, sind viele
träfe Formulierungen überliefert, die, wie die folgende kleine Auswahl
zeigt, von Stangers humor und Geistesgegenwart zeugen.
„Christus ist lebendig, er ist kein ‚Weiland-Heiland’.“
„Es gibt lackierte Christen. Die haben immer
einen frommen Anstrich. Der Anstrich hat immer einen dunklen Glanz. Sie
scheinen stets fromm; aber wo sie hinkommen, sind sie ein Hindernis mit
ihrer Frömmigkeit.“
„Es gibt eitle Gebete. Die fallen zu Boden.
Der Herr hat zu mir gesagt: ‚Das bete Gebet ist, wenn du beständig mit mir
in Gemeinschaft bist.’“
Du hast recht, wenn du sagst: ‚Ich habe
keinen Hochmut.’ Denn der Hochmut hat dich, deshalb siehst du ihn nicht.“
„Als Bub musste ich mit der Grossmutter
Lumpen sammeln gehen. Jetzt habe ich ein ähnliches Geschäft, aber en gros.
Jetzt kommen die Lumpen von nah und fern herbei in die Arche. Da kommt dann
der Heiland und nimmt sie mir ab.“
„Es heisst: ‚Wer an mich glaubt’, aus dessen
Leib werden Ströme lebendigen Wassers fliessen.’ Ich bin bloss ein
Brunnenrohr. Und auf so ein Brunnenrohr guckt man nicht, aber auf das
Wasser, das herausschiesst.“
„Manche haben ein steinernes Herzle mit einem
frommen Teufele drin. Sie meinen, das langt.“
„Loben und danken, das vertreibt den Teufel.“
„Es ist gut Christ sein, wenn einem nichts
passiert.“
So weit aus dem „Leben und Glauben“, dem
die Schrift von Johannes Schlatter zu Grunde lag (112 Seiten).
Bei Friedrich Stanger geschahen viele
Heilungen. Z.B. wurde um 1920 ein 19-jähriger Blindgeborener auf ein Gebet
hin sehend.
Einige Daten
zu Friedrich Stanger
(auch „Vater Stanger“ genannt)
Friedrich Stanger wurde geboren am 5. Februar
1855
Er verheiratete sich am 17. April 1881 – aber
er blieb ein Trunkenbold
Er wurde 1906 Gichtleidend
Er zog 1907 in Möttlingen ein, in die
„Ziegelhütte“, mit einem Vermögen von ganzen 40 DM! Er war damals schon über
50 Jahre alt.
Seine „Rettungsarche“ wurde am 14. November
1909 eingeweiht. („Ährenfeld..“) Dar Name wurde ihm vom Herrn mitgeteilt.
Friedrich Stanger verstarb am 13. März 1934.
Lebenslauf von Vater Stanger
Von ihm selbst erzählt
„Ist dieser nicht ein Brand, der aus dem
Feuer errettet ist?“
(Sacharja 3,2)
Nach der Originalausgabe von 1911
Von Friedrich Stanger
in Möttlingen, einem aus Satans hartem
Sklavendienst, aus Trunksucht und Sündenelend Erretteten, sollen diese
Blätter zur Ehre unseres Erretters, Jesus Christus, …erzählen. Friedrich
Stanger ist in Möttlingen, einem stillen Dörflein im württembergischen
Schwarzwald geboren. Wenn Tausende von Dörfern unbekannt geblieben sind,…
Möttlingen ist wohlbekannt, weit über Deutschlands Grenzen hinaus. ….
Sondern weil Möttlingen der Schauplatz von Offenbarungen der Herrlichkeit
des lebendigen
Gottes und Seines Sohnes, Jesus Christus,
hochgelobt in Ewigkeit, in ganz besonderer Weise gewesen ist und wieder
geworden ist in unseren Tagen. Jahrzehntelang hatte Möttlingen den hohen
Vorzug vor vielen Gemeinden, Geistliche, Seelsorger voll Glaubens und
heiligen Geistes zu Verkündigern des Wortes Gottes zu haben.
Gottlieb Friedrich Machtholf
zog am 8. April 1763 als Pfarrer in
Möttlingen ein. Mit grosser, demütiger, alles überwindender liebe nahm sich
der selbst zu Jesus, dem Erzhirten, bekehrte Hirte der ihm anvertrauten
Seelen an. Bald wurden auch zu seiner grossen Freude Seelen erweckt, die er
dann zur Erhaltung und Stärkung des neuen Lebens zu inniger Gemeinschaft um
sich sammelte; er richtete in Möttlingen eine „Stunde“ ein, wo sie sich
stärkten durch Gebet und Betrachtung des Wortes. Auf dem Sterbebett
versprach er, er wolle auch im Himmel für Möttlingen um gute Pfarrer bitten.
Diese seine treue Fürbitte sollte auf Jahrzehnte hinaus in Erfüllung gehen.
Zuerst in Pfarrer Gross, der weithin durch Württemberg im Segen wirkte. Als
diesem 1814 der rationalistisch gesinnte Pfarrer Bach folgte, stand doch
neben ihm in Möttlingen der Schwiegersohn Machtholfs, Schullehrer Bossart,
als zeuge Jesu Christi, der besonders auf die Kinderwelt Möttlingens
segensvoll einwirkte und der auch die „Stunden“ weiterführte. 1824 kam dann
der später so berühmt gewordene Pfarrer Dr. Barth nach Möttlingen, der mit
unermüdlichem Fleiss, mit fröhlichem Herzen und festem
Glauben an den Herrn Jesum an den Seelen der
ihm anvertrauten Gemeinde in Predigt und Seelsorge arbeitete. Mit
prophetischem Blick schaute er der Zukunft entgegen: „Es wird ein Geschlecht
heranwachsen, das für den Antichristen reif wird.“ Aber er sprach auch von
der Glückseligkeit der Kinder Gottes: „Zu was sind doch die Gläubigen
bestimmt und berufen! Welche Herrlichkeit ist ihnen gegeben von Gott! Sie
haben sich vor nichts zu fürchten. Im Gegenteil: wenn sie ihre Macht wüssten
und gebrauchten, was könnten sie ausrichten! Es stünde ganz anders in der
Welt.“ Wie ernst und ergreifend redete er seinen Konfirmanden ins herz und
Gewissen, dass sie es wohl lebenslang nicht vergessen konnten! Z.B.: „Liebe
Kinder, Folget mir doch und tut, was ich euch gesagt habe! Ich werde nach
euch sehen in der Ewigkeit. Ich werde fragen: Wo sind die vierzehn? Ich
werde nicht aufhören, für euch zu beten. Wenn ihr dem Wolf schon im Rachen
seid, will ich euch herausbeten; ich will beten, dass euch Gott, wenn ihr
nicht folgen wollt, Kreuz und Leiden zuschickt, bis ihr umkehret und zum
Heiland kommt.“ Und wie hat der Herr sich mehrmals zu dem liebevollen und
das zeitliche und ewige Wohl der Seelen suchenden Strafwort Barths in
auffallenden Gerichtsheimsuchungen bekannt, dass den Betroffenen die Ohren
gellten und die Herzen bluteten. Wollte auch, wie Barth zuletzt klagte, das
Predigen nicht mehr anschlagen, so dass er endlich im Frühjahr 1838 seine
Pfarrstelle in Möttlingen aufgab, um nach Calw überzusiedeln, so war seine
treue Arbeit doch keineswegs vergeblich gewesen. Als Blumhardt in der Kraft
des Herrn in die Arbeit in Möttlingen eintrat, da war das Fundament gelegt,
auf dem er weiter bauen konnte.
Johann Christoph Blumhardt
wurde 1838 Pfarrer von Möttlingen. Es war
keine leichte Aufgabe, eine unter Dr. Barths geistreicher Predigt
übersättigte Gemeinde verlangend zu machen nach dem Brot des Lebens. Aber
Blumhardts gewaltige Busspredigt fand bald einen Widerhall in vielen Herzen,
die nach Vergebung der Sünden durch das Blut Jesu Christi, des Lammes
Gottes, verlangten, ihre Sünden bekannten und den Sünderheiland in ihre
Herzen aufnahmen. Bald strömten von allen Seiten die Leute herbei, den
mächtigen Prediger zu hören und von den Strömen lebendigen Wassers, die von
ihm ausgingen, geniessen zu dürfen. Die Erweckung ergriff immer weitere
Kreise, und Tausende strömten zu den Gottesdiensten, und der Herr wirkte mit
ihm und bekräftigte Sein Wort durch mitfolgende Zeichen. Er stand im
Herzensumgang mit dem lebendigen Heiland, dessen gesegnetes Werkzeug er auch
sein durfte. Herrliche Gebetserhörungen und wunderbare Krankenheilungen,
auch Besessener, schenkte ihm der Herr. Mit macht brach er in Satans Reich
hinein und nahm dem Gewaltigen manche Seelenbeute und führte sie seinem
Heiland zu. Bekannt ist die Heilung der Gottliebin Dittus von schwerer
Besessenheit; bekannt ist auch, wie Blumhardt eines Abends von einem
Missionsfest zurückkehrte in Begleitung vom Pfarrer von Ostelsheim und zwei
Möttlingern. Im Stillen dichtete er den Vers, welchen er seinen Begleitern
mitteilte:
„Jesus ist der Siegesheld, der all Seine
Feind besieget;
Jesus ist’s, dem alle Welt bald zu Seinen Füssen lieget;
Jesus ist’s, der kommt mit Pracht
und zum Licht führt aus der Nacht!“
Sie waren am sogenannten Predigtplatz angekommen und sangen den Vers. Mit
einem Male war’s, als stimmten vom nahen Walde her Hunderte von Stimmen
jubelnd mit ein, und zwar so gewaltig, dass die beiden Möttlinger tief
ergriffen schwiegen, während Blumhardt mächtig weiter sang. Als Blumhardt
nach hause kam, teilte ihm mit tiefer Herzensbewegung Gottliebin Dittus den
Vers mit, den er soeben unterwegs gedichtet hatte.
Blumhardt hatte etwas Prophetisches
an sich. Das erkennen wir z.B. aus einer
Andacht vom 2. August 1862 über Sach. 12, 8: „Welcher schwach sein wird
unter ihnen zu der Zeit, der wird sein wie David.“ Er sagte: „Die Zeit also
kann und wird kommen, da der Schwache sein wird wie David. Wir dürfen sie in
unserer Zeit erwarten und dürfen sie auch herbeibeten. Vielleicht ist sie
nicht mehr fern. Kommt sie aber, so darf er bisher Schwache im Glauben die
Allmacht Gottes gleichsam ergreifen, und wenn es sein muss, grosse Dinge
ausrichten, dass alle Mächte der Hölle nichts vor ihm sind. Da wird man’s
sehen, was die Schwachen vermögen. Die bisher um ihrer Schwäche willen arg
missbraucht worden sind, werden plötzlich, ohne grosses Ansehen nach aussen
zu haben, Dinge tun, die sonst nur Gewaltigen möglich sind. Auch gegen
feindselige Tyrannen wir der Schwächste den Sieg davontragen. Denn die
trotzigsten, übermütigsten, boshaftesten Menschen werden schon einem
schwachen Kinde gegenüber wie gelähmt sein. Eine unsichtbare Macht hält sie,
dass sie nicht können, wie sie wollen und wie der Hund an der Kette stille
liegen müssen. Unter all dem wird das Reich Gottes einen mächtigen Vorsprung
gewinnen; es werden grosse Erweckungen und Bekehrungen erfolgen. Alles aber
geht gleichsam durch Schwache, d.h. durch Leute, die nach menschlichem
Ansehen gering, arm, unvermögend, unansehnlich, ungelehrt, schwach in der
Rede erscheinen. Solche Schwäche hat aber nichts zu sagen bei denen, die
glauben und dem Herrn vertrauen. Die Stärke liegt in etwas anderem als in
dem, worin sie sonst äusserlich hervortritt. Wäre es nur letzteres, so wären
sie bald fertig und dahin. Stark macht die Schwachen die durch den Geist
Gottes in sie hineingelegte verborgene kraft, oder der Herr selbst, der in
ihnen ist. Dieser aber behält den Sieg!“ – Blumhardt soll einst vorausgesagt
haben: „In etwa fünfzig Jahren wird der Herr in Möttlingen Ähnliches wieder
wirken wie jetzt!“
Heute richten sich wieder viele Blicke nach
dem weltabgeschiedenen Möttlingen, weil der Herr, unser Gott, Sein Werk nach
beinahe sechzigjähriger Stille wieder aufgenommen hat, diesmal nicht in
einem studierten Mann, einem hohen Geist im Ornat eines Geistlichen, sondern
diesmal in einem schlichten Mann aus dem Arbeiterstand, einem geborenen
Möttlinger, der nur die Volksschule genossen, jahrelang in der Fabrik
gestanden, weit von seinem Gott und Heiland verirrt war und von dem nun wie
von manchem anderen Mitsünder gelten darf Sach. 3, 2: „Ist dieser nicht ein
Brand, der aus dem Feuer errettet ist?“ Dieser schlichte Mann, den sich der
souveräne Gott zum Werkzeug auserwählt hat vor vielen anderen, dass Er an
ihm sich erweise als der wunderbare Retter, dem kein Sünder zu schlecht und
zu tief gesunken ist, dass Er ihn nicht noch retten und für sich brauchbar
machen könnte, der selbst gerettet, nun vielen anderen die Hand bieten darf
zur Rettung aus Sündennot, zur Heilung von allerlei Leiden und Krankheiten,
einfach durch die vom Herrn Jesus Christus, unserem allmächtigen, erhöhten
Haupt, ihm anvertrauten Gaben und Kräfte, heisst:
Friedrich
Stanger.
Wenn wir über diesen Mann aus dem Volk, über
diesen durch Gottes wunderbare Gnade wie ein Brand aus dem Feuer Geretteten
und vom Herrn Beauftragten, über sein leben und sein Werk etwas an die
Öffentlichkeit geben, so geschieht es nicht, um ihn zu rühmen, denn es ist
gewiss, dass dann der her Jesus sich von ihm abwenden würde, sondern es
geschieht zur Verherrlichung unseres Heilandes, der es heute noch hält wie
einst zu Seiner Erdenzeit, als Er betete Matth. 11, 25: „Ich preise Dich,
Vater und Herr Himmels und der Erde, dass Du solches den Weisen und Klugen
verborgen hast und hast es den Unmündigen geoffenbart. 26. Ja, Vater; denn
es ist also wohlgefällig gewesen vor Dir. 27. Alle Dinge sind Mir übergeben
von Meinem Vater.“ Es geschieht zur Verherrlichung Gottes, des Vaters,
dessen Existenz so viele Millionen heute leugnen; es soll ein Zeugnis sein
gegen die, welche behaupten: Es ist kein Gott; und ein Beweis, aus neuester
Gottesoffenbarung heraus gegeben: Der alte Gott lebt noch! Du bist der Gott,
der Wunder tut. In einer Zeit, wo so viel totes Wissen von Gott dem Volk
geboten wird, das nie und nimmer imstande ist, einem armen, in Sünde
versunkenen Menschen Hilfe zu bringen, zeigt unser Gott, der nicht will,
dass auch nur einer verloren werde, sondern alle zur Erkenntnis der Wahrheit
kommen, dass wenn die Welt in ihrer Weisheit Ihn nicht mehr zu erkennen
vermag vor lauter Menschenweisheit, Er sich Diener heranbilden kann aus
Unmündigen, Unwissenden, Ungelehrten, die, in sich selber Scherben, Nichtse,
Nullen, sich ganz von Ihm abhängig wissen, Sein ihnen anvertrautes Leben
nicht hemmen durch eigene Gescheitheit und Ihm allein die Ehre zu geben
bereit sind. In der Hauptsache soll uns „Vater Stanger“ selbst seine
Sündengeschichte und seine Rettungsgeschichte erzählen. Mögen manche, die
bisher ablehnend dem Gotteswerk in Möttlingen gegenüberstanden, weil sie
vielleicht durchs Hörensagen falsch belehrt und irregeführt oder durch „gute
Freunde“ ferngehalten wurden,
durch dieses Büchlein selbst prüfen und sich
mit uns freuen, dass der Herr, wie an manchem anderen Ort, so auch in
Möttlingen sich offenbart als der wunderbare Gott, der tut, was die Ihn
Fürchtenden begehren, der höret ihr Schreien und hilft ihnen!
Vater
Stangers Sünden- und Rettungsgeschichte
Ich
bin geboren am 5. Februar 1855 in Möttlingen, in einem der kleinsten
Häuschen, das heute noch im Dorfe existiert. Mein Stiefvater war ein
Trinker, der im Trinkerwahnsinn gestorben ist; meine Mutter, Barbara Stanger,
lebt bei mir in der „Rettungsarche“. Wie es bei einem Trinker natürlich ist,
war mein Vater jährzornig und verführte auch sein Kind durch Vorbild und
Worte zum Trinken. Von meinem achten Jahre bis zur Konfirmation wohnte ich
mit meinen Eltern in Liebenzell. Im Nachbarhause wurde öfters Versammlung
gehalten. Da habe ich mich, weil ich nicht hinüber durfte, ganz aus dem
Fenster hinausgelehnt, um einige Worte verstehen zu können; ich dachte: Ach,
wenn ich nur auch dabei sein dürfte! Es war in mir ein brennendes Verlangen
nach etwas, ich verstand nicht, wonach; heute weiss ich es. Es ging mir, wie
es in Psalm 42 heisst: „Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so
schreit meine Seele, Gott, zu Dir!“ Und wie Spitta singt:
Gebt mir alles, und ich bleibe
ohne Gott doch arm und leer,
Unbefriedigt, dürstend treibe
in der Welt ich mich umher.
Frieden
gefunden, strahlender Engel, goldene Schale
Mein Vater und meine Mutter schimpften immer
über diese „Frommen“. So wagte ich nicht, dem Zuge meines Herzens zu folgen.
Sie waren Feinde des Kreuzes Christi. Meine Mutter hat mich oft geschlagen;
ich war sehr niedergedrückt durch die fortwährenden Misshandlungen; oft war
mir das Leben verleidet. Eines Tages habe ich mit meinem Bruder zusammen ein
Stück Tuch zum Gleichen ausgebreitet. Da bin ich still gestanden, habe zum
Himmel aufgeschaut, habe geweint und geklagt: „Warum schlägt mich aber die
Mutter auch immer so? Ich möchte doch wissen warum.“ „Ja das möchte ich auch
wissen!“ sagte mein Bruder, der nur selten Schläge bekam; wir weinten
miteinander. Das tat mir wohl. Das Leben war mir so verleidet, dass ich
einmal schon das Messer an meinen Leib hielt, um mir den Leib
aufzuschneiden; ich dachte: Was tue ich denn auf dieser elenden Welt? Damals
war ich etwa elf Jahre alt. Ein Freund sagte mir eines Abends: „Komm mit zum
Lehrer in die ‚Stund’!“ Ich ging mit, ohne zu wissen, was es dort gebe. Der
Lehrer sprach über eine Stelle der Offenbarung. In der Kirche schlief ich
gewöhnlich und bekam gewöhnlich „Tatzen“ dafür; hier traf mich das Wort
mächtig. Ich fand Frieden im Blute Jesu. Fröhlich eilte ich nach Hause. So
glücklich war ich nie vorher gewesen. In jener Stunde habe ich den Geist
Gottes empfangen. Ich war bekehrt; nur wusste ich damals noch nicht, dass
man diesen Vorgang Bekehrung nennt. Kaum lag ich im Bett, tiefes,
unbeschreibliches Glück im Herzen, da sah ich auf einmal einen strahlenden
Engel, eine herrliche, glänzende Lichtgestalt in schneeweissem Gewand, eine
goldene Schale in der Hand, mir nahen; ich zitterte vor freudigem Schrecken
und vor hohem Glück; meine Hände streckte ich ihm sehnsuchtsvoll entgegen.
Da als er beinahe bei mir war, verschwand
er plötzlich zu meinem tiefen Bedauern. Aber
meine Wonne im Herzen blieb mir, ein seliger, tiefer Friede. Das war keine
Phantasie, das war kein Traumgesicht, das ein Schlafender sah; ich war
vollkommen wach. Und dieser Engel ist mir später öfter in meinem Sündenleben
erscheinen, mich erinnernd an jene heilige Feierstunde. Am andern Tage ging
ich voll Freude in die Schule; mein Lehrer sah mich ernst und mit
durchdringendem Blick an, als sähe er etwas Auffallendes an mir; ich schaute
ihm fest und freudig in die Augen. Ich erwartete, dass er eine Frage an mich
richten würde, aber er hat nie etwas darüber gesprochen. Ich fürchtete mich
vor ihm weil er sehr streng war; ich war traurig, dass er kein Wort der
Liebe und Ermunterung für mich hatte, aber meine Freude über das Erlebte
blieb mir die ganze Woche. Noch einmal bat ich meinen Freund, er möchte
wieder mit mir in die Stunde gehen. Allein, er fertigte mich kalt ab: „Ich
gehe nicht mehr hin!“ Allein aber wollte ich nicht gehen aus Furcht vor dem
Lehrer. Später erst hat er mir sein Bedauern ausgesprochen und mich um
Verzeihung gebeten, dass er so an mir gehandelt hatte. Über meinen Freund
war ich sehr traurig, und mein Freudenfeuer, das durch nichts genährt wurde,
brannte immer mehr herab, bis ich alles verloren hatte. Mein Vater war ein
armer Sklave der Trunksucht, den ich öfter im Wirtshaus aufsuchen musste.
Eines Tages kam ich in ein Wirtshaus, wo er mit einem Unterlehrer, der auch
gerne trank, zusammen sass. Als sie mich sahen, lachten sie über mich. Da
sagte ich mir: Der Lehrer muss doch auch wissen, was recht ist; wenn der
sich freut im Wirtshaus, dann will ich es auch so tun.
Goldschmiedlehrling, Samen, Ackerfeld
Von da an konnte ich es nicht mehr erwarten,
bis ich aus der Schule entlassen wurde; habe auch nicht mehr lernen und
Gottes Wort hören mögen. Der Satan war in mich gefahren. Früher war ich
sehr sparsam gewesen, jetzt wurde es anders. Ich konnte nicht mehr glauben,
dass Jesus der Sohn Gottes sei. Nach meiner Konfirmation war ich froh, dass
aller Zwang aufhörte. Zuerst ging ich mehrere Jahre nach Pforzheim als
Goldschmiedlehrling; allein, da meine Lunge erkrankte, musste ich diese
Arbeit aufgeben. Ich ging nach Möttlingen und half eine Zeitlang in der
Landwirtschaft. An einem schönen Frühlingstag hackte ich auf einem Acker auf
der Höhe, nicht weit von der Weil-der-Stadter-Strasse. Als ich fertig war,
hiess es auf einmal in meinem Innern: „Geh über den Weg hinüber und sieh das
Fruchtfeld an!“ Ich sagte: “Ich sehe ja von hier aus das Fruchtfeld; wozu
soll ich noch da hinüber gehen? Es ist ja alles eben, so dass ich es von
hier aus gut übersehen kann!“ Aber es war, als packte mich jemand, den ich
nicht sehen konnte, und schob mich hinüber; ich wurde so geschoben, dass ich
eilends laufen musste. Ich war ganz glücklich dabei. Nun wurde ich an einen
Steinhaufen geführt. Der Sämann hatte seinen Samen ausgestreut, und einige
Körner waren dabei auf die Steine gefallen; da ein wenig Erde auf dem
Steinen lag, war der Same aufgegangen; die Halme waren schon zirka dreissig
Zentimeter lang, während der Same im umliegenden Ackerfeld noch gar nicht
aufgegangen war. Da habe ich mich sehr gefreut und habe ausgerufen: „Ach, da
kann man ja zweimal ernten! Das ist ja schön, dass man da zweimal ernten
kann!“ Dann musste ich über den Acker hinschauen: ich wurde ungeduldig, dass
der Same so lange nicht herauskam aus dem guten Land. Das Gleichnis vom
vierfachen Ackerland war mir unbekannt. Ich ging nach Hause; aber immer
wieder stand vor mir das Fruchtfeld und das „Etliche“ auf dem Steinigen. Da
kam ein sehr heisser Frühlings-Sonntag; ich musste, innerlich gedrungen,
nach dem weit entfernten Ackerfeld gehen, um nach der Frucht zu sehen. Dort
angekommen, sah ich, dass die Frucht auf dem Steinigen dürr geworden war. Es
gab mir einen solchen Stich ins Herz, dass ich zurücksprang; ein ganzer
Schrecken erfasse mich. Ich untersuchte die Frucht auf dem Steinigen genau;
ich erkannte, dass dieselbe niemals mehr gedeihen könnte. Denn erstens war
die Erde durch den Regen fast ganz weggeflösst, und zweitens waren die
Steine so heiss, dass man sie kaum anrühren konnte. Da war mir es klar
geworden: Man kann nur ernten, wo der Same tief in guten Boden gefallen ist;
man kann nicht zweimal ernten. Jetzt musste ich mich zum guten Land wenden.
Der Same war wunderbar schön; ich sah dieses Feld ganz anders als sonst. Die
Frucht war zirka zehn Zentimeter lang, aber abnorm kräftig, ein sattes Grün,
eine wundervolle Frucht. Ich musste zum Himmel aufschauen und meiner Freude
darüber Ausdruck geben; aber ich wusste nicht, was das Ganze zu bedeuten
hatte.
Bald darauf kam ich dauernd nach Stuttgart
zu Stallmeister Fritz, wo ich Pferde zu
besorgen hatte. Jetzt wurde ich ein böser Bube; das Fruchtfeld habe ich ganz
vergessen; ich wollte überhaupt nicht mehr nach Möttlingen. Nur auf einige
Stunden kam ich später einmal wieder her. Bei Stallmeister Fritz hatte ich
junge Kollegen, die alles vertranken. Sie verspotteten mich, weil ich
einigermassen sparte: „Du bist ein rechter Hungerleider! Von dir kann man
noch Geld entlehnen!“ Da erwachte mein Stolz, und ich sagte: „Das will ich
euch beweisen, dass ich kein Hungerleider bin!“ Sogleich ging ich mit ins
benachbarte Wirtshaus. Sie sagten: „So, jetzt kannst du uns gleich etwas
bezahlen! Geld hast du ja genug!“ „Ja“ sagte ich, „das will ich tun!“ Ich
bezahlte jedem ein Glas Bier; allein, das war ihnen zu wenig. „Du kannst
auch Wein bezahlen!“ „Jawohl, das kann ich auch!“ Ich bezahlte und trank
selbst, und nun war ich gefangen und kam nicht mehr los. Von da an ging ich,
oft mit Widerstreben im Herzen, fast täglich ins Wirtshaus. Immer tiefer
sank ich. Eines Tages sagte mir eine Stimme in meinem Innern: „Kehre um!
Werde ein anderer Mensch!“ Kurz darauf kam nochmals die Stimme und erinnerte
mich ans Sterben. Ich sagte: „Ja, ich möchte, aber ich habe niemand, der mir
den Weg zeigt.“ Nun hörte ich eine andere Stimme, die mir zurief: „Du lebst
noch lang!“ „Gut“, antwortete ich, „wenn ich noch lange lebe, dann will ich
weiter so leben, wie bisher!“ Mehrmals und zum letzten Mal für jetzt mahnte
mich die Stimme zur Umkehr. Da wurde ich zornig und rief: „Jetzt will ich
einmal so leben, wie ich will!“ Ich bekam keine Antwort, keine Mahnung mehr
von der Stimme Gottes. Gleich darauf sagte der Satan: „So, jetzt bist
verloren!“ Es wurde Grabesnacht in mir. Ich hatte nur noch den Gedanken:
Wenn es keine Obrigkeit gäbe, würde ich stehlen und morden, fressen und
saufen und alles treiben, was verboten ist. Immer tiefer und tiefer kam ich
ins Unglück durch die Trunksucht. Ich wollte mir das Leben nehmen. In meiner
Trunksucht fiel ich einem Pferd mit dem Kopf zwischen die hinteren Füsse;
man hat mich weggezogen vom Pferd und hat mich gescholten, dass ich so
betrunken war. Ein Tritt vom Pferd, und ich wäre tot gewesen. In
angetrunkenem Zustand nahm ich mir einmal vor, mich über eine hohe Mauer
hinabzustürzen. Ich führte es
auch wirklich aus und stürzte mich hinab;
aber ich fühlte mich gehalten von unsichtbaren Händen und kam nicht, wie ich
gerechnet hatte, auf den Kopf, was mein Tod gewesen wäre, sondern auf die
Füsse. Nur so fest wurde ich hingestemmt, dass mir die Zähne klapperten. Da
sagte ich mir: „Nie mehr werde ich versuchen, mich selbst zu töten.“ Und
doch sollte ich immer wieder. Wie oft forderte mich der Satan auf: „Jetzt
nimm den Strick und häng dich auf!“ Eines Tages sollte ich mich in der
Nagold ertränken, aber der Herr hielt mich zurück. Aber immer tiefer sank
ich in die Trunksucht hinein und in allerlei andere Sünden; ich musste
sündigen. Wer Sünde tut, der ist der Sünde Sklave. Oft habe ich geweint in
meinem grossen Unglück als Gebundener des Satans und habe im Stillen
geseufzt: „Ach, wenn ich nur einen aufrichtigen Menschen hätte, der mir die
Hand reichen und den Weg zeigen würde!“ Bis jetzt hatte ich noch keinen
gefunden. In den Wirtshäusern war ich unter lauter unwahren, verirrten,
verblendeten Menschen; von denen konnte mich keiner herausführen. Von Jugend
auf wusste ich nichts anderes, als dass ich recht fressen und saufen müsse,
um recht stark zu werden. Wenn ich manchmal wieder in eine schwere Sünde
tief hineingefallen war, stand der Lehrer, in dessen Versammlung ich einst
erweckt worden war, leibhaftig vor mir mit aufgehobenem Finger und sagte:
„Das darfst du nicht tun!“ Aber ich musste sündigen, weil ich ein Untertan
Satans war.
Am 17. April
1881 verheiratete ich mich
mit Karoline Metzger von Ochsenburg, O.-A. Brackenheim. Für manchen ist die
Gründung eines Hausstandes der Anfang zur Erneuerung seines Lebens geworden,
ich aber blieb der alte Trunkenbold; ich war nichts weniger als ein rechtes
Vorbild in meinem Hause. Meine Frau wurde recht unglücklich. Wenn sie mit
meiner Mutter, die bei uns wohnte, schimpfte über mein Sündenleben, dann
ging ich erst recht fort, blieb manchmal die ganze Nacht fort und kam
morgens total betrunken nach hause oder ins Geschäft, in die Etuifabrik von
Bachmann, wo ich jahrelang arbeitete. Oft machte ich „Blauen“, manchmal lag
ich blutüberströmt auf der Strasse, oder ich sank zu Hause neben dem Bett
nieder oder brach vor dem Hause zusammen. Einmal stürzte ich schwer
betrunken rücklings die Treppe hinunter, wobei ich Hals und Beine hätte
brechen können. Der Teufel wolle mich absolut umbringen, aber der treue Gott
hat mich in Seiner Langmut bewahrt. Zu Seiner Ehre soll es offenbar werden,
was ich für ein tief gesunkener Mensch gewesen bin, damit andere, die ebenso
gebunden sind, Hoffnung bekommen: Dann kann mir auch noch geholfen werden!
Je länger, desto unglücklicher wurde ich; ich weinte in meinem Elend, aber
ich fand keinen Menschen, der mir geholfen hätte; vielmehr lachten sie mich
recht aus, wenn ich so betrunken war. Einst wollte mich der Teufel so weit
bringen, dass ich eine ganze Familie ermorden sollte; er sagte mir, ich
solle ein Beil nehmen, die Leute totschlagen, ihr Geld an mich nehmen und
ins Wirtshaus bringen. Ich stand schon vor der Tür. Da fragte ich den
Teufel: „Und was wird es nachher, wenn ich die Familie umgebracht habe?“
Eine warnende Stimme sagte mir: „Dann kommst du aufs Schafott!“ Darüber bin
ich furchtbar erschrocken und sagte: „Ich kann keinen Menschen umbringen.“
Immer wieder erwachte in mir das Verlangen nach Rettung, aber nirgends
zeigte sich eine Hilfe.
Geburtstag feiern, mächtiger Kampf, schwere Niederlage
Einmal ging ich an einem Sonntagnachmittag
nach Degerloch, um meinen Geburtstag zu feiern. Meine Frau kam mir zweimal
nachgelaufen und bat mich, doch mit nach hause zu kommen; ich würde mich
sonst wieder betrinken. Ich versprach: „Nein, ich kehre in Degerloch nicht
ein.“ Auf dem Rückweg sah ich am Abhang drunten ein Wirtshaus liegen. Da gab
es einen mächtigen Kampf und eine schwere Niederlage. Eine Stimme rief mir
warnend zu, dass es mir durch Mark und Bein ging: „Geh heim!“ Ein Schmerz
ging durch meinen ganzen Körper, als wollte es mich zerreissen. Ich sagte:
„Ich will nur einige Glas Bier trinken, dann gehe ich heim.“ Ich ging hinab
in den geräumigen Saal, dessen eine Hälfte Tanzsaal war; ich sah dort ein
Frauenzimmer tanzen, dessen Zopf lang herabhing. In ihr sah ich den
leibhaftigen Teufel tanzen, was mich so erschreckte, dass ich nicht auf den
Tanzboden gehen konnte. Aber in der Wirtschaft fand ich einen Landsmann,
einen „guten Freund“, der mich in die Stadt mitnahm. Da blieben wir die
ganze Nacht in einer Wirtschaft, und ich kam morgens total betrunken ins
Geschäft, wurde aber vom Fabrikanten nach hause geschickt. Wie alle Trinker,
war ich damals furchtbar grob. Gut war, dass, wenn ich recht betrunken
gewesen war, ich mich recht schämen musste. Von der Stunde an, in welcher
ich dem Herrn so ungehorsam gewesen war, wurde ich dem Satan ganz und gar
übergeben. Ich zitterte Tag und Nacht am ganzen Leibe und wurde voll
Todesangst, denn ich glaubte jeden Augenblick, ich würde in Stücke
zerrissen. An einem schönen Sonntagnachmittag stand ich auf der Strasse und
schaute empor zum blauen Himmel; ich war tief unglücklich und sehnte mich
nach etwas, wonach, wusste ich selbst nicht. Es war wohl, wie es Psalm 63
heisst: „Meine Seele dürstet nach Dir; mein Fleisch verlanget nach Dir in
einem trockenen und dürren Lande.“ Nachher musste ich wieder ins Wirtshaus,
und einige Stunden nachher lag ich wieder betrunken auf der Strasse. Ich war
dann leibhaftig im Kerker der Finsternis und in dem Schatten des Todes. Derr
Herr liess mich in dieser Zeit das Bild meines Zustandes sehen: Ich sah eine
Tür, dahinter eine Kellertreppe, auf der ich, so oft ich ungehorsam gewesen
war gegen die Stimme, eine Stufe tiefer hinunter stieg. Auf einmal war ich
in einem tiefen Keller oder Kerker, in welchen kein Lichtstrahl eindringen
konnte; es war Grabesnacht. Ich war in einem feuchten, kalten Gefängnis. Da
erwachte in meinem Herzen das Verlangen nach einem kleinen Lichtstrahl. Ich
schrie von Herzensgrund: „Nur noch ein Lichtstrählchen! Nur noch ein
Lichtstrählchen!“ Und der Herr hat sich meiner erbarmt. Er kehrte bei mir
und den Meinen ein mit lauter Unglück. Meine Frau erkrankte, musste im
Spital operiert werden und kam dem Tode nahe. Darüber bekam ich einen
gewaltigen Zorn, fluchte schrecklich und sagte: „Wenn es einen Gott gäbe,
würde Er so etwas nicht zulassen!“ In meinem Zorn hab’ ich dann wieder
„Blauen“ gemacht und alles vertrunken. Meine Frau durfte genesen. Aber nun
erkrankte unser fünfeinhalb-jähriges Töchterlein an Diphtherie. Das war mir
ein Magnet gewesen fürs Himmelreich. Es ging in die Kinderschule, wo es
schöne Lieder lernte. Mit lieblicher Stimme sang es immer durchs Haus:
„Paradies, Paradies, wie ist deine Frucht so süss!“ Das machte einen tiefen
Eindruck auf mich. Aber jetzt wurde es krank, todkrank, und nach neun Tagen
war es eine Leiche. Das war ein tiefer Schmerz für mich. Aber ich wurde noch
nicht frei von der Trunksucht. Bald darauf musste meine Frau nochmals ins
Spital und operiert werden. Ehe sie dorthin ging, zeigte sie mir ihre
Sterbestrümpfe und sagte: „Wenn ich gestorben bin, zieht mir die Strümpfe
an!“ Mir aber sagte eine Stimme: „Deine Frau stirbt nicht.“ Das teilte ich
ihr mit. Damit hatte der Herr wieder angefangen, mit mir zu reden. Ich aber
sagte zu mir, als meine Frau im Spital war: Bei dir stimmt’s nicht. Du bist
nicht auf dem rechten Weg. Die ganze Zeit über ging ich nicht ins Wirtshaus.
Als meine Frau nach Hause kam, sagte mein ältestes Töchterlein zu ihr: „Der
Vater war so lieb! Er ist die ganze Zeit nicht einmal ins Wirtshaus
gegangen!“ Ich freute mich recht über die Genesung meiner Frau, aber von der
Trunksucht war ich noch nicht frei; ich verlor sogar in dieser Zeit meinen
Platz, weil ich so sehr dem Trunk ergeben war. Nun kam der Herr auch an mich
selbst mit Krankheit. Ich bekam Flechten, offene Füsse und Nierenleiden. Da
auf einmal zeigte mir der Herr den breiten Weg und sagte: „Wenn du auf
diesem Wege bleibst, bist du ewig verloren!“ Darüber erschrak ich sehr. Ein
anderer Trinker, den ich traf, sagte mir: „Du, in acht Tagen kann man dir
mit der Leiche gehen.“ Ich sah nämlich sehr elend aus. Vor Schrecken konnte
ich ihm auf diese Worte keine Antwort geben; in meinem Herzen war es
Grabesnacht. Im Stillen habe ich ausgerufen: „Und wohin dann? Ich hab’ keine
Heimat!“
Fressen und
Saufen ist….
In jener Zeit las ich in einem Buche, wie man
ein geordnetes leben führen soll; darin hiess es: „Fressen und Saufen ist
eine grosse Sünde.“ Ich stand von meinem Stuhl auf und rief: „Ach, Herr, so
lang habe’ ich in Sünden gelebt! Ach, Herr, ist es möglich, kannst Du mir
meine Sünden vergeben?“ Da sah ich auf dem Boden mit grossem Erschrecken
meines Herzens zwei grosse, offene Koffer, voll mit meinen Schuldscheinen,
die zusammengerollt, teils mit schwarzen, teils mit gelben Papierbändchen
umwunden waren. Bald darauf eröffnete ein Wirt in der Nachbarschaft ein
Gasthaus. Noch ehe es eröffnet wurde, stellte mich der Herr im Geist mitten
in diese Wirtschaft. Neben mir stand ein Mann wie ein Engel. Die ganze
Wirtschaft war voll singender Gäste. Mein Begleiter sagte mir: „Diese alle
heulen in der Hölle!“ Dann wurde ich wieder hinweg genommen. Als dann das
Gasthaus eröffnet war, sah ich einmal durchs offene Fenster und sah die
Tische ganz genau so stehen, wie ich es im Geist gesehen hatte vor der
Eröffnung. – Einmal durfte ich das Himmelreich sehen mit seiner
unbeschreiblichen Herrlichkeit. Aber ich war so unglücklich über mein
bisheriges Leben, dass ich zur Bibel griff;: täglich las ich in einer Ecke
stehend darin und weinte bitterlich. Da kam einmal eine Frau dazu und sagte:
„Hör, mach es nur nicht gar zu arg!“ Aber ich liess mich nicht davon
abbringen. Als sie sah, dass ich ernst machte, sagte sie: „Wir glauben
nicht, dass du nicht mehr ins Wirtshaus gehst.“ Ich erwiderte: „Ich kann
nicht anders, ich gehe nicht mehr!“ Meine Frau wollte mich bekehren zu einem
anständigen Leben, zum Kirchengehen am Sonntagvormittag, zum Wirtshausbesuch
am Nachmittag. Ich aber sagte mir: Wenn ich einmal weiss, was das Rechte
ist, dann will ich auch das Leben dafür lassen! Nun suchte ich bei den
Sozialdemokraten mit aufrichtigem Herzen das Gute, aber ich fand es nicht.
Anderer
Mensch, Ährenfeld mit Haus (Arche)..
Als ich eines Morgens zur Arbeit ging, hörte
ich eine Stimme vom Himmel, die sagte mir: „Du musst ein ganz anderer Mensch
werden!“ Ich wurde durchströmt von oben bis unten hinaus. Das war mir süsser
denn Honig und Honigseim. Vorher so tief unglücklich, und auf einmal durfte
ich mich so freuen! In meiner grossen Freude sage ich: „Ist’s möglich? Kann
ich noch ein anderer Mensch werden? Ich will es gern werden!“ An einem
Sonntagnachmittag, mein leiblicher Bruder, auch ein Trinker, war bei mir,
ging ich auf der Strasse spazieren. Da kam eine Stimme vom Himmel, die
sagte: „Das hast Du getan!“ Die Tränen kamen mir, als ich zum Himmel
aufschaute. Zum zweiten Mal sprach die Stimme wieder: „Und das hast du
getan!“ Und zum dritten Mal, mir mein Leben zeigend: „Und das hast du auch
getan!“ Ich wurde dabei erinnert an alles, was ich getan hatte. Das Wörtlein
„auch“ drang wie ein Schwertstreich durch meine Seele. Als ich einmal wieder
auf der Strasse ging, gelobte ich, dass ich nie mehr mit meinen Saufbrüdern
zusammenkommen wolle. Hatte ich bisher, was mir das Schrecklichste war,
nicht glauben können, dass Jesus lebe, so durfte ich jetzt eine Stimme vom
Himmel hören: „Unser Heiland lebt!“ Ich wurde ganz und gar durchströmt von
einem Strom von Freude und Wonne. Ich schaute empor, aber ich sah nichts. Da
rief ich aus: „Jetzt weiss ich: Unser Heiland lebt! Jetzt ist’s fertig!“ –
In der Zeit träumte ich eines Mittags, vielmehr ich sah im Gesicht ein
Erntefeld, durch das im Rechteck ein Weg lief. Die Ähren waren schön
ausgewachsen, voll und schwer und tief beugend, Ähre an Ähre, ein
unübersehbares Feld; im Ährenfeld aber lag ein grosses Haus. Als ich das
Haus bemerkte, ging ich darauf zu und wünschte einzutreten, aber ich durfte
nicht und wurde sofort hinweg genommen. Über der ganzen Landschaft lag ein
wunderbarer Sonnenschein, der, ganz anders als irdischer Sonnenschein,
wohltuend mein ganzes Wesen durchflutete und mich mit unbeschreiblichem
Wohlsein und tiefer Wonne erfüllte. Ich erwachte, und erst später, als ich
meinen Heiland gefunden, wurde mir die Erklärung dieses Gesichts gegeben:
Das Ährenfeld bedeutete Seelen, die ich für meinen Heiland sollte gewinnen
dürfen. Das Haus im Ährenfeld war die Rettungsarche, das Erholungsheim in
Möttlingen, das am 14. November 1909
eingeweiht wurde, und in welchem diese Ähren
für den Heiland heranreifen sollen. Als ich am 24. Dezember 1910 mit einer
neu gewonnenen Seele betete, durfte ich in flüchtigem Bild wieder das Haus
im Ährenfeld sehen. Dem Herrn sei Preis und Ehre! Halleluja!
Nun ging der Kampf weiter. Mächte der Finsternis umgaben mich. An einem
Sonntagnachmittag kamen zwei Verwandte und besuchten mich. Ich fragte sie,
woher sie kämen. Sie sagten: „Von der Versammlung!“ Ich fragte: „Ja, kann
man denn sonntags auch in die Versammlung gehen?“ Einer meiner alten
Freunde, den ich fragte, was denn in dem Saal da sei, sagte mir: „Da drinnen
reden sie gerade wie wir in den Wirtshäusern!“ worauf ich antwortete: „Dann
brauch’ ich nicht in die Versammlung zu gehen; wir haben ja selbst
Versammlung in unseren Wirtshäusern!“ Zu meinen Verwandten äusserte ich:
„Das ist aber gut, dass man am Sonntag in die Versammlung gehen kann!“ Von
da an hielt ich es nicht mehr aus; ich sagte zu meiner Frau: „Mir zerreisst
es fast meine Brust; ich muss in die Versammlung gehen; aber ich habe keinen
Menschen, der mit mir hingeht!“ Und allein wagte ich nicht hinzugehen. Denn
der Teufel sagte mir: „Das sind die Allerärgsten, die dahin gehen!“ Meine
Frau sagte: „Ich will mit dir gehen!“ Sehr zerschlagen und unglücklich ging
ich in die Versammlung, aber in der festen Überzeugung, wenn ich zu diesen „Allerärgsten“
käme, würde es zuerst ein Handgemenge geben. Ich wusste ja doch nichts von
frommen Leuten. Ich nahm mir vor: der Erste, der mich angreift, bleibt in
meinen Händen. Draussen vor der Saaltür stand ein Diener; ich sagte zu
meiner Frau: „Der weiss ganz gewiss, wo die Versammlung sein muss“, dachte
aber: Wird’s da zugehen, wenn ich zu der Tür hineinkomme! Der Diener sagte
mir mit grosser Freundlichkeit: „Gehen Sie nur da hinein, Sie werden schon
sehen, wo Sie Platz nehmen können.“ Aber die Liebe des Dieners hat mich so
getroffen, dass ich mir sagen musste: Das ist ja aber ganz anders, das ist
ja ein ganz lieber Mann! Als ich hineinkam in den Saal, sah ich einen Bruder
andere Brüder freundlich grüssen mit der Hand. Ich stand da in meiner
grossen Not und sah, wie er die Leute so lieb grüsste. Dann sagte der
Teufel: „Ja, da sieht’s gut aus!“ Ich antwortete dem Teufel: „Von dir weiss
ich nichts anderes von Jugend auf, als dass du mich ins Unglück
gestürzt hast! Du kannst hingehen, wohin du
willst; ich hab’ gefunden, was ich gesucht habe, ohne dass ich ein Wort
hörte!“ Darauf schrie der Arge in mir: „Hier halt ich es nicht mehr aus!“ Da
legte sich eine Hand, eine liebe, unsichtbare Hand auf mein Haupt, und ich
durfte den tiefen Frieden Gottes erfahren, noch ehe das Gebet seinen Anfang
nahm. Dann hörte ich das Wort, und alles war ganz speziell für mich.
Schon kurz vorher war ich auf den Gottesacker gegangen und suchte etwas,
aber ich wusste nicht was und weinte mich dort aus. Es war gerade eine
Beerdigung. Ich schaute ins Grab hinab, da sah ich, dass das für mich keinen
Wert hat. Dann sagte ich zu meiner Frau: „Wenn mich nur ein frommer Mann
besuchen würde, dann würde es mit mir anders!“
Finstere
Mächte, ‚Herr, ist es möglich, kannst Du mir meine Sünden vergeben?’,
gewaltiger Kampf
So oft ich nach Hause kam, war mein Zimmer
erfüllt von den Mächten der Finsternis. Oft sah ich Angesichter der Hölle,
besonders in der Woche, nachdem ich in der Versammlung gewesen war. Als ich
in meinem Zimmer wieder in meiner Ecke stand, wo ich gewöhnlich betete wurde
mir ein grösseres Papier vor die Augen gehalten, und meine Schulden standen
darauf. Ich wusste sofort, was das für Sünden waren. Da wollte mich der
Feind so erschrecken, dass ich vom Verstand kommen sollte. Als ich die
Schrift auf dem Papier sah, hob ich mein Haupt empor zu dem lebendigen Gott
und schrie zu dem Herrn: „Ach, Herr, ist es möglich, kannst Du mir meine
Sünden vergeben? Sei doch so gut und vergib mir meine Sünden!“ Dann durften
mir meine Sünden, die mir der Teufel vorhielt, nicht mehr so sehr leid sein;
denn ich wusste jetzt, dass mein Heiland lebt und habe mich fest an Ihn
angeklammert. Trotzdem war jeden Abend, wenn ich von der Arbeit nach Hause
kam, die Macht der Finsternis so mächtig in meiner Wohnung, dass ich oft
ausrief: „Ach, ist es da wieder voll von unreinen Geistern!“ Meine Frau und
Mutter bekamen immer eine Todesangst, wenn ich so sprach; und sie machten
aus miteinander, dass man mich ins Irrenhaus tun müsse. Aber mir fehlte nur
der Friede mit Gott, den ich so ernstlich suchte. Der Samstag dieser Woche
kam; die Nacht war die schrecklichste meines Lebens. Auf meinem Lager wurde
ich vom Satan so geschlagen, dass ich schrie vor Schmerzen und ausrief:
“Ach, Herr, lindere doch meine Schmerzen! Ich will Dir von jetzt an treulich
dienen!“ Auf einmal lag ich ganz steif in meinem Bett, und der feurige Pfeil
des Bösewichts drang durch mein Herz und riss es mitten durch. Als ein vom
Satan zum Tode Verwundeter lag ich da; eine Todesangst ergriff mich, und ich
glaubte: ich gehe am Ende doch noch verloren. Der Arge in mir schrie: „Dein
Beten hat keinen Wert! Du kommst nicht in den Himmel!“ Mein Atem stockte,
als wolle mein Leben aus mir fliehen. Dann fuhr plötzlich etwas in mich; es
war der Geist Gottes. Ein gewaltiger Kampf begann in meiner Brust, dass ich
glaubte, ich würde zerrissen; das war der Entscheidungskampf; da wurde der
Fürst dieser Welt ausgestossen aus meinem Herzen. Nun sagte eine liebe,
liebliche Stimme in mir: „Sei nur zufrieden, du brauchst keine Angst zu
haben!“ Mein zerrissenes Herz wurde wieder heil, eine Hand strich sanft
darüber hin, wohltuend die Wunden des feurigen Pfeils heilend, und über mein
Angesicht zog ein Lächeln des Herzensfriedens; ich durfte mich
unaussprechlich freuen und nachher noch einige Stunden erquickend schlafen.
Glücklich und mit grosser Freude war ich eingeschlafen, und ebenso wachte
ich wieder auf. Während ich früher beim Aufstehen und Kaffeetrinken
gewöhnlich viel geflucht hatte, sage ich jetzt: „Liebe Frau, jetzt wollen
wir einmal anfangen, miteinander in der Bibel zu lesen!“ Denn auch meine
Frau und Mutter hatten bisher nichts wissen wollen von Gottes Wort. Als ich
mit grosser Freudigkeit die Bibel aufschlug, um zu lesen, fiel es mir auf
einmal wie Schuppen von den Augen, und Gottes Wort wurde mir so lebendig in
meinem Herzen, dass die Buchstaben vor mir nicht mehr als tote Buchstaben
erschienen, sondern dieses Wort hielt als Geist und Leben seinen Einzug in
meinem Herzen, das entbrannte und belebt wurde von dieser Lebensmacht und
von dem himmlischen Lebensfeuer, das in mich einzog. Die Meinen konnten mich
nicht mehr verstehen.
es fällt wie
Schuppen von den Augen, Befehl nach Möttlingen zu gehen
Als ich meiner Frau sagte, es falle mir wie
Schuppen von den Augen, da stand sie auf, ging in die Küche und sagte meiner
Mutter: „Jetzt muss man ihn aber doch ins Irrenhaus tun! Hör nur, was der
für Sachen redet!“ Ich aber stand auf und streckte meine Arme aus vor Jubel
und Freude. Plötzlich stand mitten in meinem Jubel im Gesicht ein Mann aus
Möttlingen vor mir, ein Trinker; ich sah ihn an, dann verschwand er, und ein
anderer Trinker aus Möttlingen erschien. Dies Gesicht musste mich, der ich
in Stuttgart lebte, an Möttlingen und das traurige Leben, das dort
eingerissen war, erinnern. Ich hatte mir längst vorgenommen, nie mehr nach
Möttlingen zu gehen; aber als mir dieses Gesicht erschien, rief ich aus:
„Ach, Herr, ich will nach Möttlingen gehen! Und wenn sie mich mit Steinen
werfen, will ich wieder kommen: und wenn sie mich vor den Ort hinauswerfen,
so will ich mein Testamentchen (ich hatte aber noch keines) herausziehen und
zeugen von Dir!“ Von der Stund’ an brachte ich Möttlingen nicht mehr aus dem
Gedächtnis. Nach ungefähr
drei Jahren
gab der Herr mir den Befehl, nach Möttlingen zu gehen;
ich sagte dem Herrn: „Herr, sende, wen Du willst, nur mich nicht; ich kann
nichts und hab’ nichts gelernt und bin arm geboren!“ Aber es half alles
nichts; ich musste gehen. Einem Vetter, zu welchem ich kam, erzählte ich,
wie ich zum Frieden mit Gott kam. Nachdem ich fertig war, sagte er zu mir:
„Du bist verrückt!“ Ich sagte zu ihm: „Jetzt will ich dir noch einmal etwas
sagen, um dich zu überzeugen, dass ich nicht verrückt bin“, worauf er wieder
antwortete: „Du bist verrückt!“ Doch liess ich mich nicht abschrecken, und
bald darauf sammelte sich eine nette Anzahl Männer und Frauen um mich, denen
ich vom Heiland sagen durfte. Ein Weltmann, dessen Tochter krank war, die
ich besuchen durfte, sagte einmal zu mir: „Friederle, wer hat denn di so
glehrt?“ Ich sagte voller Freude: „Mein Heiland!“ wusste ich doch nichts
anderes, als von Ihm zu erzählen.
Trinker
(Schutzmann) besucht, dessen Geschwulst geheilt wird. Glaubensheilungen.
Bald nach meiner Bekehrung besuchte ich einen
mir bekannten Trinker, einen Stuttgarter Schutzmann, um ihm vom Heiland zu
sagen. Er hatte die Schwindsucht, und hinten hatte sich eine grosse
Geschwulst voll Eiter gebildet, die ihm grosse Schmerzen verursachte. Der
Arzt hatte ihm gesagt, die müsse er behalten bis an sein Ende. Er wunderte
sich sehr über meine Umwandlung; er war erstaunt, als ich mein Testamentchen
aus der Tasche holte und ihm etwas vorlas, und traute seinen Augen nicht,
als ich zum Gebet niederkniete. Er rief aus: „Ach, Frau, sieh einmal, der
Stanger kniet nieder und wir haben unser Leben lang die Knie noch nicht
gebeugt miteinander!“ Der Mann bekehrte sich zu seinem Heiland. Noch ehe ich
mit ihm betete, fragte ich ihn, ob er glaube, dass der Herr seine Geschwulst
wegnehme. „Ja, freilich“, antwortete er, „sollte ich das nicht glauben?“ Als
ich zum zweiten Mal mit ihm betete, bewegte sich etwas in der Geschwulst;
beim dritten Mal platzte die Geschwulst auf, und aller Scherz war
verschwunden. Es wollte ihm Sorge machen, ob er auch sein Gehalt weiter
bekommen; denn wenn er pensioniert würde, bekäme er doch bedeutend weniger,
als sein Gehalt betrug. Ich fragte ihn, ob er glaube, dass, wenn wir
miteinander zum Herrn darum beteten, er sein Gehalt weiter bekomme, solange
erlebe. Er: „Ja, sollte ich das nicht glauben?“ Wir beteten miteinander, und
der Herr hat uns erhört. Als ich kurz darauf wieder
kam, sass der Polizeiinspektor an seinem Bett
und teilte ihm mit, dass ein Gehalt noch einige Zeit weiter laufe. Er lebte
von da an noch zirka vier Wochen, und seine Frau erhielt noch bis acht
Wochen nach seinem Tod sein volles Gehalt ausbezahlt. Die Gebetserhörungen
machten ihm Mut, und er sagte mir einmal voll Freude über seine Rettung:
„Dich hat Gott zu mir gesandt! Wenn du nicht gekommen wärest, wäre ich ewig
verloren gegangen. Denn ich hatte das heilige Abendmahl genommen und glaubte
nun, jetzt könne es mir nicht mehr fehlen; ich müsse jetzt in den Himmel
kommen.“ Jeden Abend musste ich zu ihm kommen, um mit ihm den Herrn zu loben
und zu preisen. Einst sagte ich ihm, was mir der Herr im Gesicht von
Möttlingen geoffenbart hatte; ich sagte, ich würde ihm wohl auch bald in die
Ewigkeit nachfolgen dürfen. Er aber erwiderte mit aufgehobenem Finger: „Du
hast noch einen weiten Weg vor dir!“ Seitdem mögen neunzehn bis zwanzig
Jahre verflossen sein, ein weiter Weg! In einem Ort in der Nähe von
Stuttgart lebte eine mir bekannte Person, die geistig gestört war und sich
immer das Leben nehmen wollte. Ich hatte Tag und Nacht in Stuttgart keine
Ruhe. Immer trieb es mich, diese Person zu besuchen. Sonntagnachmittags fuhr
ich mit meiner Frau hin. Unterwegs im Eisenbahnwagen sah ich über mir ein
Gesicht, wie eines strahlenden Engels; ich konnte es vor Glück kaum ansehen
und musste es doch immer wieder ansehen, und mein Herz war voll Lobes,
Dankes und Anbetung. Am Bahnhof sagte ich voll Freude zu meiner Frau: „Mir
ist Erbarmung widerfahren!“ Dann besuchten wir zuerst eine Verwandte meiner
Frau, die uns aufhalten wolle; ich aber sagte: „Ich halt’ es nicht mehr aus;
ich muss zu der Bekannten gehen!“ Wir gingen hin; erfuhren aber dort, sie
sei geistig gestört, und zwar in so hohem Grade, dass die Tag und Nacht
bewacht werden müsse. Sie sei drunten im Garten. Ich sagte zu der Frau, die
uns das mitteilte: „Ja, dann wollen wir wieder gehen. Zu einer solchen
Arbeit bin ich nicht zu gebrauchen.“ Wir stiegen die Treppe hinunter. Da kam
die Geisteskranke gerade zur Haustür herein, als wir hinaus wollten. Ich
sagte ihr, wer ich sei, denn sie erkannte mich nicht; sie bat mich, sowie
auch die Frau des Hauses, ich möchte doch da bleiben. Nun ging ich wieder
mit ihr hinauf und erzählte ihr, wie glücklich ich geworden sei durch meinen
lieben Heiland; darauf fing sie an zu erzählen, wie unglücklich sie sei. Es
war eine ganze Höllenluft in dem Zimmer. Ehe ich ging, sagte ich ihr: „Gelt,
du denkst gerade: Das ist auch so ein schlechter Mensch!“ Sie erschrak
heftig und bat mich um Verzeihung, dass sie so gedacht. Darauf sagte ich:
„Sollte ich dir nicht verzeihen, nachdem mein Heiland für alle meine Sünden
ans Kreuz gegangen und mir vergeben hat?“ Da, bei diesen Worten konnte sie
ihren trüben Blick auf den Heiland richten und glauben, dass Er auch für sie
gestorben sei. In diesem Moment musste der Satan sie loslassen; sie wurde
frei, und jubelnd und vor Freude strahlend, lobend und dankend begleitete
sie uns zum Bahnhof. Sie war gesund geworden durch den Glaubensblick auf den
Heiland.
Keiner wagte
mehr zu spotten…
Von meiner Bekehrung an hatte ich den
unwiderstehlichen Drang in mir, Verlorene dem Heiland zuzuführen. Am Werktag
arbeitete ich in der Etuifabrik, nicht mehr nur für den Fabrikherrn, sondern
für meinen hochgelobten Heiland. Am Sonntagvormittag aber besuchte ich, wenn
ich nicht auswärts an Versammlungen teilnahm, den Gottesdienst, und nachher
suchte ich Kranke und Trinker auf, zu denen mich der Herr führte. In der
Fabrik hatte ich nach meiner Bekehrung von den Mitarbeitern viel zu leiden,
ebenso von einem der Fabrikherren, der mich nicht mehr ausstehen konnte,
weil ich von seinen schlechten Witzen nichts mehr wissen wollte. Ich hatte
den Herrn gebeten, Er möge mir meine Ohren verstophen gegen die schandbaren
Worte, die den ganzen Tag durch fielen. So kam es, dass mein Prinzipal mich
manchmal fragte: „Nicht wahr, Stanger, es ist so, wie ich sage?“ worauf ich
antwortete: „Ich weiss nicht, wovon Sie geredet haben.“ Worauf er: „Ja was,
haben Sie denn das nicht gehört?“ „Ich habe nichts gehört.“ Einmal hielt
Prediger Schrenk eine vierzehntägige Evangelisation in der Liederhallte. Ich
machte jeden Abend eine halbe Stunde früher Feierabend, um beim Ordnen des
Saales mitzuhelfen. Im Laufe der Evangelisation sagte mein Prinzipal: „Man
sollte auf dem Marktplatz einen Scheiterhaufen errichten und die ganze
fromme Gesellschaft verbrennen!“ An einem Morgen, als ich ins Geschäft kam,
wollte er wieder anfangen zu schimpfen. Ich ging zu ihm hin und bekannte,
dass ich jeden Abend zur Evangelisation gehe, und lud ihn samt den Arbeitern
ein, auch mitzukommen; ich sagte, man müsse diesen Mann erst hören, ehe man
über ihn schimpfe. Zu meinem Prinzipal sagte ich: „Ich muss Ihnen sagen,
dass es dem Menschen gesetzt ist, einmal zu sterben, darnach aber das
Gericht! Und Sie wissen, wie ich früher war und wie es jetzt mit mir ist.“
Er antwortete: „Ja, das muss ich sagen, dass Sie ganz anders geworden sind.“
Worauf ich sagte: „Ich muss Ihnen noch bekennen, dass ich nicht anders kann;
ich muss diesen Weg gehen!“ Ein Kollege schrie bei diesen Worten laut auf
und weinte bitterlich. Eine ganze Stunde ungefähr war eine heilige Stille in
dem Saal; keiner wagte mehr zu spotten und überhaupt zu reden, bis ein arger
Spötter wieder den Mut fand. Einmal sass ich vor Beginn der
Evangelisations-Versammlung neben einem Bauernmädchen; ich musste mit ihr
reden von dem Glück, das
man geniessen dürfe beim Heiland. Noch vor
Beginn der Versammlung hatte sie den Heiland gefunden, ohne dass ich es
wusste. Erst einige Wochen später liess sie mir durch einen Bruder dies
mitteilen. So durfte ich durch Gottes Gnade dem Herrn Jesus an vielen
Seelen, besonders auch an Trinkern, Handlangerdienste tun.
Trinker
konnte Wirtschaften nicht mehr betreten.. – auf der Schwelle musste er immer
wieder zurück
Einst wurde ich von einem
Reichsgottesarbeiter von einem gewissen Trinker, der besonders gefährlich
war, gewarnt; wenn ich zu ihm gehe, könne es schlimm ausfallen für mich. Ich
erwiderte: „Wenn ich hingehe, kann es mir gar nichts machen; ich erzähle ihm
eben aus meinem Trinkerleben.“ An einem Sonntagmorgen, nach dem
Gottesdienste, besuchte ich ihn. Als ich zu ihm sagte, wer ich sei, bekam er
einen solchen Zorn, das er zähneknirschend vor mir stand; ich schlug ihm mit
der Hand auf seine Schulter und sagte ihm: „Wir müssen noch ganz gute
Freunde werden.“ Dann erzählte ich ihm aus meinem Leben, worauf er äusserte:
„Dann kann ich auch noch gerettet werden!“ Ich fragte ihn, ob ich nicht am
Nachmittag ihn zu einer Versammlung für Trinker abholen dürfe. Da wurde er
ganz bös und sagte: „Einmal bin ich dort gewesen und nie mehr; die haben
mich zwingen wollen, zu unterschreiben!“ Ich beruhigte ihn mit den Worten:
„Aber ich möchte hin und bin noch nie dort gewesen: wollen Sie mir den Weg
zeigen?“ Da sagte er: „Doch, das will ich gern tun!“ Auch seine Frau
erklärte sich bereit, mitzukommen, und am Nachmittag führten sie mich hin.
Als wir hinkamen, sass ein Herr da, der ihn von seinem ersten Besuch her
kannte; der fragte ihn: „Wie kommt es, dass Sie auch einmal wieder kommen?“
Er antwortete; “Da, den Herrn da hab’ ich hergeführt!“ Kurz darauf besuchte
ich an einem Werktagnachmittag seine Frau. Sie klagte mir, dass ihr Mann
furchtbar am Trinken sei. Ich sprach mit ihr über ihr Selenheil, und sie tat
Busse und kam zum Frieden. Wir beteten zweimal für ihren Mann. Als er abends
nach Hause kam, sagte er, er habe in drei Wirtschaften hineingewollt und
habe nicht dürfen. Sobald er die Schwelle des Wirtshauses betrat, musste er
wieder zurückgehen. Seine Frau sagte ihm: „Der Stanger war da, und da haben
wir für dich gebetet!“ Da antwortete er: „Ja, jetzt begreif ich es, dass ich
nicht hinein durfte!“ Es stand nicht mehr lange an, bis er selbst
zusammenbrach und Frieden fand im Blute des Heilandes. Dies ein Beispiel von
vielen.
Etwa im Jahre 1902 trat ich aus der Fabrik
aus. Eine zeitlang trieb ich selbst das Geschäft als Etuimacher weiter;
allein, da ich weit unter dem Normalpreis lieferte, kam ich, trotzdem ich
fast Tag und Nacht arbeitete, rückwärts statt vorwärts und geriet immer mehr
in Schulden. Ich musste das Geschäft aufgeben. Nun zeigte mir der Herr einen
Ausweg aus meiner Verlegenheit; Er zeigte mir, da ich damals schon an Gicht
zu leiden anfing und mein Brot nicht mehr verdienen konnte, wie ich eine
Salbe herstellen sollte gegen Flechten, Salzfluss und dergleichen Leiden,
welche in Verbindung mit Kräutern vielen kranken Heilung bringen durfte,
wobei aber das Gebet zum Herrn aufs kräftigste mitwirkte. Es kamen bald
Vornehme und Geringe von nah und fern, und es liefen nicht nur viele
Dankschreiben ein, sondern das war der Weg, auf dem mich der Herr für
diesmal aus meiner Verlegenheit herausführen wollte. Der Herr kam meinem
Anfängerglauben entgegen, der wohl vom Herrn Grosses erwartete, aber doch
auch noch irdische Hilfsmittel beiziehen zu müssen meinte. Der Herr führte
mich bald auf den höheren Glaubensstandpunkt, der alle irdischen Krücken
wegwirft und dem Herrn Jesus allein alles Grosse und Herrliche zutraut.
Beauftragt,
auf die Kranken die Hände zu legen…
Im Jahre 1906 wurde ich gichtleidend; ich
hatte furchtbare Schmerzen; ich wurde ganz gebückt, da auch das Rückenmark
in Mitleidenschaft gezogen wurde. Meinen linken Arm konnte ich eine Zeitlang
nicht mehr vom Leide tun, und mit der rechten Hand konnte ich kaum noch den
Mund erreichen; meine Hände und Füsse schwollen an, so dass auch die Füsse
ganz steif wurden. Im Kopf war es mir wie Kanonendonner und Meeresrauschen.
Auch das Gehör hatte ich bereits verloren. So elend war ich und voller
Schmerzen, dass ich meinen Angehörigen oft sagen musste: „Wer den Hiob sehen
möchte, ich bin der zweite Hiob.“ Schon vor meiner Erkrankung hatte mir der
Herr nochmals zugerufen, weil ich mich oft sehr niedergedrückt fühlte durch
die Behandlung, die ich durch einen Geschäftsführer, unter den mich der Herr
gestellt hatte, erfuhr: „Aber meine Gnade soll nicht von dir weichen!
Spricht der Herr, dein Erbarmer.“ Damals hatte ich mitten in der Arbeit
stille halten und ausrufen müssen: „Ja, geht denn das mich an?“ Dann musste
ich loben und danken für diese Gnade, die mir widerfuhr. Wunderbar konnte
ich mich an dieses Wort meines treuen Gottes halten. Hatte der Arzt, den ich
anfangs nehmen musste wegen der Krankenkasse, kein Mittel zur Linderung
meiner Schmerzen, die durch ein schweres Herzleiden und grosse Atemnot sich
oft fast ins Unerträgliche steigern wollten, mein Heiland gab mir eine
herrliche Arznei: Er erschien mir eines Abends, wie Er am Kreuz Seine Arme
ausbreitete, und sagte mir: „Das habe Ich für dich getan!“ Da strömte ein
ganzes Meer von Freude in mein Herz. Mein Herz jubelte auf, meinem Heiland
entgegen, und zugleich trat eine Wendung zum Besseren ein in meinem
Befinden: Mein Herz- und Gichtleiden besserte sich im Augenblick, denn der
Herr Jesus hatte meinen kranken Leib angerührt. So trug der her mich durch,
bis Er ganz mit mir eines werden konnte. Nach ungefähr einem Jahr sagte ich
zu meinem Heiland: „Wenn es Dir gefällt, dass Du mich krank sein lassen
willst, dann gefällt mir’s auch; es wäre aber eine lange und harte zeit!
Wenn Dir’s aber gefällt, dass Du mich willst gesund machen, dann gefällt
mir’s auch. Dann bitte ich Dich: Lasse mich für viele Seelen ein Segen
sein!“ Ich musste, als ich so mit dem Herrn geredet hatte, 1. Kor. 12
aufschlagen und einige Male das
Kapitel lesen von den Geistesgaben. Jedes
Mal, so oft ich las von der Gabe, gesund zu machen (Vers 9) musste ich
sagen: „Ja, lieber Heiland, das wird das Beste sein, wenn die Leute geheilt
werden am leib und an der Seele.“ Ich sagte weiter: Die Gabe kann ich mir
selbst nicht geben. Wenn Du, Herr, mir aber die Gabe geben willst, würde
mich’s recht freuen!“ ich dachte aber nicht, dass mir der Herr die Gabe
geben wollte, weil ich selbst noch krank war. Am 30. Januar 1907 erwachte
ich morgens 2 Uhr. Da erschien mir der Herr in einem Gesicht: Ich sah eine
grosse Schar von Kranken um mich her; der eine oder andere trug den Arm in
der Schlinge; die eine und andere Person ging an Stock und Krücken. Eine
Person erkannte ich sehr gut. Der Herr gab mir den Befehl, auf die Kranken
die Hände zu legen, sie zu salben mit Oel, dass sie gesund werden. Diese
Erscheinung dauerte bis 6 Uhr morgens, und in den zwei nächsten Nächten
erschien mir der Herr wieder im Gesicht von ½ 4 Uhr bis 6 Uhr. Ich wachte in
all diesen drei Nächten diese ganze zeit über. Es waren heilige, mir
lebenslang unvergessliche Feierstunden. Diese herrlichen Erscheinungen
erfüllten mich mit herzlichem Zutrauen und heiligem Mut zu meinem Heiland
und ich sagte Ihm: „Wenn Du mich gebrauchen willst, dass die Kranken sollen
gesund werden, dann musst Du mich auch gesund machen. So kannst Du mich doch
nicht gebrauchen.“ Da legte mir mein Heiland den Glaubensboden tief in mein
Herz. Als ich dann morgens aufstand, war mein Herzleiden vollständig
verschwunden. Zu meiner Frau sagte ich triumphierend: „Denk einmal, mein
Herzleiden ist weg!“ Und weil ich in der Kniebeuge noch einen grossen
Gichtknoten sitzen hatte, der mir viel Schmerzen verursachte, sagte ich in
kindlichem Vertrauen auf meinen Heiland: „So, Gichtknüpfel! Du musst auch
vollends weg!“ Sofort verschwanden die Schmerzen, und der Gichtknüpfel
verschwand. Von jetzt an wandte ich keine Arznei mehr an bei Kranken wie
bisher. Aber der Herr führte mir jetzt in wunderbarer Weise, wie er mir im
Gesicht gezeigt hatte, die Kranken zu. Vor allem war es mir darum zu tun,
dass dieselben sich dem Herrn Jesus in Busse und Glauben übergaben und in
Ihm Frieden fanden. Dann durften sie auch am Leibe die Hilfe des Herrn
erfahren.
Mit 40 Mark
Vermögen nach Möttlingen… - Gesicht geht in Erfüllung
Nun wollten einige Glaubensbrüder, die
ausserhalb Stuttgarts wohnten, dass ich an ihrem Ort mit ihnen zusammen
wirken sollte. Allein der Herr hatte mir schon sieben Jahre vorher ganz
bestimmt kundgetan, dass ich nach Möttlingen müsse. Damals war eine
Konferenz in Möttlingen gewesen, und zwar in der Ziegelhütte. De Brüder
gingen im Garten auf und ab; ich stand allein hinter dem Haus und sah an
demselben hinauf, denn der Herr hatte mir in diesem Moment gesagt: „In
diesem Hause musst du wohnen!“ Ich sagte zum Herrn: „Was soll ich denn hier
tun? Ich bin ja kein Bauer, dass ich hier arbeiten könnte!“ Er gab mir keine
Antwort mehr; den Befehl hatte Er mir gegeben. Und wirklich musste ich
sieben Jahre später, nachdem noch ein Stockwerk auf die Ziegelhütte
aufgebaut war, im Juli 1907 dort einziehen, wo ich dachte, es würden einige
(vier bis sechs) Personen den Sommer über zur Erholung zu mir kommen; denn
im Haus war nur für sechs Personen Platz. Bei meinem Einzug in Möttlingen
hatte ich noch 40 Mark Vermögen; ich sagte zu meiner Frau: „Ich habe
ungefähr noch 40 Mark. Das reicht noch lange!“ Bald darauf war Konferenz im
Hause, wozu viele aus nah und fern herzu kamen. Davon bleiben gleich
ungefähr zehn Personen zur Erholung hier. Nach kurzer zeit waren schon
ungefähr zwanzig Gäste da. Natürlich waren die 40 Mark Vermögen schnell
aufgebraucht, aber der Herr hat sich auch in diesem Stück wunderbar
verherrlicht. Wir hatten nur unseren kleinen Esstisch und einen Bügeltisch
im Hause; unser lieber Lammwirt gab mir jedoch einen grossen Tisch, den ich
den ganzen Sommer benutzen durfte. Bald konnten wir nur noch fünf Gäste im
Hause behalten, die anderen wurden im Dorf einquartiert, was für sie
besonders bei Sturm und Regen und im Winter, mit vielen Unannehmlichkeiten
verbunden war. Im Blick auf die vielen Gäste, die in immer grösserer Zahl
sich einfanden, sagte ich: „Ach, lieber Heiland! Was tun denn die vielen
Leute da? Ich kann ihnen doch nicht helfen! Sei doch so gut und hilf Du
ihnen!“ Und Er hat geholfen allen denen, die an Ihn glaubten. Besonders an
den Sonntagen kamen ganze Scharen suchender Seelen, die bei den Morgen- und
Nachmittagsandachten Zimmer und Hausflur besetzten. Es zeigte sich immer
deutlicher, dass die Ziegelhütte auf die Dauer unzulänglich war. Etwa ein
Jahr später offenbarte mir der Herr bei einem Nachmittagsgang durchs Feld:
„Jetzt wird die Rettungsarche gebaut!“ Ich erwiderte: „Ich hab’ ja kein
Geld. Ich kann nicht bauen! Aber ein treuer Haushalter will ich sein!“ Bald
darauf wurde mir die Miete gekündigt. Nun standen mehrere Brüder zusammen
und sagten: „Jetzt müssen wir eben bauen.“ Ein lieber Bruder, mit dem der
Herr noch besonders redete und der auch Erfahrung im Bauen hatte, nahm die
Sache in die Hand, und so ging’s rasch voran. Es dauerte fünf Monate, bis
wir einziehen konnten. Am 14. November 1909 fand die Einweihung der
„Rettungsarche“ statt, und damit ist das Gesicht in Erfüllung gegangen, dass
ich einst in meinem Weiland-Stand gesehen habe: das Haus im Ährenfeld ist
gebaut, und die Ähren reifen in grosser Zahl dem himmlischen Herrn des
Erntefeldes, meinem hochgelobten Erretter Jesus Christus, entgegen.. Ihm sei
Preis und Ehre und Anbetung in alle Ewigkeit! Amen.
Aus der Enge in die Weite,
Aus der Tiefe in die Höh’
Führt der Heiland Seine Leute,
Dass man Seine Wunder seh’!
Halleluja!
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